Neue Ausstellungen So wird das Programm im Arp Museum 2023

Bonn · Die neue Chefin des Arp Museums, Julia Wallner, stellt ihr attraktives Programm für 2023 vor.

Rembrandt van Rijn: Büste eines alten Mannes mit Turban, um 1627-28, aus der Kremer Collection.

Rembrandt van Rijn: Büste eines alten Mannes mit Turban, um 1627-28, aus der Kremer Collection.

Foto: The Kremer Collection

Rembrandt und sein goldenes Zeitalter, zeitgenössische Tattoo-Kunst und die Frage nach der Körperlichkeit in der christlichen Kunst, die zarte Poesie von Flugsamen, Kletten oder Pferdehaar und eine Neubefragung des unerschöpflichen Kosmos von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp: Mit einem beachtlichen Spektrum und einem vielversprechenden Ausstellungsprogramm startet die neue Direktorin Julia Wallner in ihr erstes Rolandsecker Jahr. Seit Mitte August 2022 ist die gebürtige Stuttgarterin Chefin des Arp Museums, gegenüber dieser Zeitung breitete sie jetzt ihre Pläne aus. Akzente setzt 2023 erneut die Sammlung Rau mit zwei Kunstkammer-Ausstellungen. Erstaunlich, was dieser Fundus – der noch bis 2027 vertraglich an das Arp Museum gebunden ist – an Kunst aus fünf Jahrhunderten hergibt und welche fantastischen Kooperationen sich durch Raus Schätze eröffnen: zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit der berühmten Sammlung von George und Ilone Kremer, mit der Wallner eine Schau wie „Goldene Zeiten der holländischen Malerei“ ab Mitte April realisiert, dabei sind Rembrandt und Frans Hals, Hendrick ter Brugghen, Judith Leyster und Gerard Dou. Gezeigt werden Porträts, Landschaften, Stillleben Genreszenen und Altarbilder.

Spektakuläres Doppel

„Heilige Körper“ ist die zweite Schau in der Kunstkammer Rau überschrieben: Mit 60 Werken wird nach dem Verhältnis von Leiblichkeit und Spiritualität in der christlichen Kunst gefragt. Szenen und Darstellungen aus dem Leben Jesu spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Schicksale von Märtyrern und Heiligen (ab September). Auf ein spektakuläres Doppel im Frühjahr 2024 macht die 48-jährige Wallner noch aufmerksam: Da werden Highlights der Sammlung Rau auf Kunstwerke aus dem Museum Thyssen-Bornemisza in Madrid treffen. Das Thema: „Women Masters“, also Malerinnen ab dem 16. Jahrhundert. Der Ort: nicht die Kunstkammer, sondern die Belle Étage des Richard-Meier-Baus. Von dem Wallner im Übrigen sehr angetan ist. Gerade jetzt, wo das Haus fast leer ist, können sich die Qualitäten der Architektur besonders entfalten.

In Bälde werden dort die neuen Ausstellungen eingerichtet. Den Anfang macht am 26. Februar die Ausstellung „RRRRReality“ von Franziska Nast. Vor Jahren schon hatte die Hamburgerin mit Tattoos auf den Säulen im Meier-Bau ihre Visitenkarte abgegeben. Nun wird sie, die tatsächlich eine Tätowierungsmeisterin ist und aus der Hip-Hop-Szene kommt, ein gesamtes Ausstellungsgeschoss verwandeln – mit einer Rauminszenierung, Videos, Texte, Zeichnungen, Performance-Relikten. Es geht um Liebe, Sex, Sehnsüchte und Familie, Geburt und Tod. „Es wird eine ziemlich wilde Sache“, verspricht Wallner, sie hofft auf „ein junges, urbanes Publikum“.

Neu gestaltete Dauerausstellung

Der Kosmos Arp kann ab Mitte Mai erkundet werden: Die völlig neu gestaltete, auf fünf Jahre konzipierte Dauerausstellung wird Forschungen und Anregungen der letzten Jahre aus dem Publikum bündeln, Dada und Surrealismus, Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp in den Mittelpunkt stellen. Bund und Land finanzieren das Projekt, das medial und mit interaktiven Elementen auch ausstellungstechnisch Akzente setzen soll.

Mit der Kölnerin Christiane Löhr, Zeichnungen und großräumigen Installationen kommt die Natur mit ihren organischen Elementen, mit den zarten Strukturen von Löwenzahn und Baumblüten in den lichtdurchfluteten Meier-Bau. Ihre Materialien fügt sie zu gleichsam wuchernden Gebilden, die mit dem organischen Kosmos von Arp in einen Dialog treten. „Passt in unsere Zeit“, sagt Wallner. Ab Anfang Oktober ist die Schau zu sehen. Wallners Einstandsprojekt werden die „Dadafrauen“ im Herbst 2024 sein, eine Kooperation mit der Berlinischen Galerie, die den Nachlass von Hannah Höch betreut. Perspektivisch will sich die neue Chefin auch mit Johannes Wasmuth und den Anfängen des Künstlerbahnhofs befassen.

Guter Hintergrund

Wallner kann bei dem Programm aus dem Vollen schöpfen, hat Erfahrungen im Kunstmuseum Wolfsburg und als Direktorin im Berliner Museum des Arp-Zeitgenossen Georg Kolbe gesammelt, hat über die Konzeptkünstlerin Jenny Holzer promoviert und etliche Berührungspunkte mit Arp.

2016 kuratierte sie etwa die Ausstellung „Der Nabel der Avantgarde – Hans Arp“ und arbeitete dabei mit dem Arp-Stiftungsverein zusammen, von dem sich das Arp Museum und das Land Rheinland-Pfalz in der Eröffnungsphase im Streit getrennt hatten. Inzwischen kooperieren Stiftungsverein und Rolandseck auf wissenschaftlicher Ebene, sagt Wallner, der auch an einer entspannten Beziehung mit den Arp-Stiftungen in Paris und Locarno gelegen ist. Das kann für das Programm und die Ausrichtung des Arp Museums nur von Vorteil sein.

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