Sommerfestival in Köln Getanzte Leidenschaft

Bonn · Das Ballet Revolución aus Kuba bringt im Juli einen wilden Stilmix zum Sommerfestival in die Kölner Philharmonie: Klassisches Ballett trifft auf Streetdance und lateinamerikanische Tänze.

 Die kubanische Company Ballet Revolución mit ihrem Choreografen Roclan González Chávez.

Die kubanische Company Ballet Revolución mit ihrem Choreografen Roclan González Chávez.

Foto: Sven Creutzmann

Dass sie vor ihrer aktuellen Tour, die sie im Sommer auch zum Sommerfestival in die Kölner Philharmonie führen wird, eine lange Talsohle durchschreiten mussten, davon ist in München jedenfalls nichts mehr zu spüren. Ursache für das Tief: die Corona-Pandemie. Sie hatte nicht nur Tourneen, sondern auch die Proben daheim für Monate unmöglich gemacht. „Nach der Pandemie haben einige Tänzer entschieden, ihren Job aufzugeben“, erzählt Chávez vor einer der Vorstellungen. Einige hätten eine Familie gegründet, andere die Karriere in den meisten Fällen wegen der extremen körperlichen Belastung beendet. Chavéz: „75 Prozent der Besetzung besteht aus neuen Leuten.“Nachwuchs zu finden, ist in Kuba allerdings leichter als an den meisten anderen Orten der Welt. Auf der Karibikinsel hat der Tanz eine besondere Tradition und wird von der Regierung seit jeher gefördert.

Das Ausbildungsnetz haben sie gleichsam über das ganze Land geworfen. Allein neun lokale Ballett-Elementarschulen existieren auf der Insel. Die begabtesten Mädchen und Jungen haben danach gute Chancen, im nächsten Schritt nach Havanna zu gehen, wo mitten in der Altstadt in einem restaurierten Palast im Kolonialstil die Escuela Nacional de Ballet de Cuba (ENB) untergebracht ist, eine der größten Ballettschulen der Welt. Die ist wiederum an die Staatliche Ballettschule der Kunsthochschule Escuela Nacional de Arte (ENA) angegliedert, die 1961 auf Fidel Castros Initiative hin gegründet worden war. Von diesem Ausbildungssystem profitiert natürlich auch die Ballet-Revolución-Company. Dass sie damals – mit australischer Hilfe – als reines Tourneeensemble gegründet wurde, übt auf den Nachwuchs durchaus einen Reiz aus: Man reist um die Welt, wird gefeiert, und verdient dabei gutes Geld. Das entschädigt für viele Mühen.

Von Anfang an dabei war die Tänzerin Barbara Lisandra Patterson Sánchez aus Havanna. Die 31-Jährige ist bis heute unumstrittener Star der Show. In vielen Nummern steht sie im Rampenlicht. Dass um sie herum so viele jüngere Tänzerinnen und Tänzer sind, freut sie. „Wir helfen einander“, sagt Sanchéz. „Sie bringen eine ganz neue Energie in die Company. Davon profitieren wir Älteren so, wie sie von unserer Erfahrung.“

Klassisches Ballett trifft Streetdance

Die Tanznummern auf der Bühne sind ein mitreißender Stilmix aus Elementen, die am klassischen Ballett orientiert sind, an Streetdance und natürlich an lateinamerikanischen Tänzen wie die Mambos zu Beginn der Show. „Das sind komplett unterschiedliche Techniken“, sagt Choreograf Chavéz. „Für klassisch ausgebildete Tänzer ist es sehr schwierig, zum zeitgenössischen und afro-kubanischen Bewegungen zu wechseln.“ Barbara Sánchez hat tatsächlich eine ganz klassische Ausbildung durchlaufen. „Es war am Anfang superschwierig und verrückt“, erinnerte sie sich an ihre ersten Schritte, die sie zum modernen Tanz führten. „Man muss lernen zu fühlen.“ Auch der ebenfalls klassisch trainierte 20-jährige Neuzugang Leandro Miguel Acosta Rivera hat diese Metamorphose durchlaufen. Fast sechs Monate Vorbereitung auf Kuba hat es gebraucht, bis er die im Ballet Revolución geforderten Moves richtig drauf hatte.

In gewisser Weise ist die Show auch eine Reise, die musikalisch auf Kuba beginnt und im Mainstream globaler Pop-Musik weitergeführt wird. Dass die Company sich die Bühne mit einer grandiosen Live-Band teilt, die einen Mambo mit unglaublicher rhythmischer Energie auflädt und darauf Adeles „Hello“ nicht weniger leidenschaftlich zu Gehör bringt, wertet den Gesamteindruck erheblich auf. Auch das ist ein Grund, weshalb das Publikum am Ende zur Musik von Daft Punk so jubelt und wohl am liebsten mittanzend die Bühne stürmen würde.

Das Ballet Revolución gastiert vom 4. bis 9. Juli in der Kölner Philharmonie. Infos und Tickets: koelner-philharmonie.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Nachdenklich, unterhaltsam, mit bissigem Humor: Eine
Das Ende einer jungen Tänzerin
„Abgesang auf Lucia Joyce“ im BallsaalDas Ende einer jungen Tänzerin
Die Moras lieben Kuba und Bonn
Die „guten Geister“ der Kommende Ramersdorf Die Moras lieben Kuba und Bonn
Aus dem Ressort
Wilder Ritt durch Zeit und Raum
Opernpremiere „Hérodiade“ in Düsseldorf Wilder Ritt durch Zeit und Raum