Zum 100. Geburtstag des Historikers Stalins abtrünniger Fan - Erinnerungen an Wolfgang Leonhard

Bonn · Der Historiker und Russland-Experte Wolfgang Leonhard wurde vor 100 Jahren geboren. Im Laufe seines Lebens wurde er vom begeisterten Stalin-Anhänger zum Kritiker der Sowjetunion.

 Außenminister Hans-Dietrich Genscher (links) überreicht Wolfgang Leonhard 2004 den Europäischen Wissenschafts-Kulturpreis.

Außenminister Hans-Dietrich Genscher (links) überreicht Wolfgang Leonhard 2004 den Europäischen Wissenschafts-Kulturpreis.

Foto: picture alliance / dpa/Frank Rumpenhorst

Nach der Wende 1989, Mitte der 1990er Jahre, erhielt Wolfgang Leonhard einen „aufgeregten Anruf von der Gauck-Behörde“, wie er schreibt. „Man bat mich, sofort zu kommen.“ Was die für Unterlagen der DDR-Staatssicherheit zuständige Behörde gefunden hatte, war brisant: Die Materialien bewiesen, dass Leonhard zwischen Ende 1951 und 1952 entführt werden sollte, enthüllten, was detailliert geplant und vorbereitet war, inklusive das Gift, das man einsetzen wollte, die Fesselungstechnik und der große Reisekorb, in dem man ihn betäubt nach Ostberlin schaffen wollte. Auch im Westen sei ihm Misstrauen entgegengebracht worden, moniert er: Nach dem Motto „einmal Kommunist, immer Kommunist“. Wenn es ihm hier nicht gefalle, solle er doch gehen, woher er gekommen sei, musste er sich anhören.