Zweipersonenstück in der Werkstatt Theater Bonn inszeniert Nikolai Gogols "Die Nase"

Bonn · Frederik Werth inszeniert Nikolai Gogols Groteske „Die Nase“ als Zweipersonenstück in der Werkstatt des Bonner Theaters.

 Großer Spaß: Timo Kählert und Wilhelm Eilers in „Die Nase“. FOTO: BEU

Großer Spaß: Timo Kählert und Wilhelm Eilers in „Die Nase“. FOTO: BEU

Foto: Beu

Sie ist weg. Einfach verschwunden. Hat sich nachts aus dem Staub gemacht und lässt den armen Kollegienassessor Kovalev entstellt zurück. Einfach unerhört, wenn so mir nichts dir nichts die Nase nicht nur läuft, sondern gar entläuft, sich selbstständig macht und als Staatsrat durch Sankt Petersburg stolziert. Was für eine groteske Vorstellung. Dennoch oder vielleicht sogar gerade deswegen hat der Schriftsteller Nikolai Gogol seine Erzählung „Die Nase“ geschrieben, die als erstes surrealistisches Prosastück der russischen Literatur gilt. Nun hat Regisseur Frederik Werth es in der Werkstattbühne des Theater Bonn als Zwei-Personen-Stück inszeniert – und mit dem schwer greifbaren Stoff für ebenso viel Amüsement wie Verwirrung gesorgt.

Mit Logik ist der absurden Handlung in den gerade einmal 45 Minuten des Stücks auf jeden Fall nicht beizukommen. Kovalev, den Ensemble-Neuzugang Timo Kählert mit großen Augen und leicht beschränktem Gemüt spielt, versucht es dennoch und greift verzweifelt nach jedem Strohhalm, vermutet am Ende sogar Hexerei und droht in einem Brief einer alten Dame, deren Tochter er umgarnt, aber nicht zu heiraten gedenkt. Ohne Erfolg. Kovalev wird von allen im Stich gelassen: Die Polizei will ihm nicht helfen, die Medien aus Angst vor Fake-News-Vorwürfen keine Vermisstenanzeige annoncieren. All diese Nebenfiguren erweckt Wilhelm Eilers mit dem ihm üblichen Wandlungsgeschick zum Leben, ebenso wie übrigens die Nase, die Kovalev somit selbst dann noch im Weg steht, wenn sie weg ist. Und als diese endlich doch mit falschen Papieren in der Postkutsche nach Riga festgenommen wird, weigert sie sich nachhaltig, ihren angestammten Platz einzunehmen. Bis irgendwann wieder alles so ist wie früher. Einfach so. Ohne Grund.

Was steckt also hinter der verschwundenen Nase, hinter jenem eigentümlichen Akt der Entnasifizierung, der in gewisser Weise Kafkas „Verwandlung“ vorwegnimmt? Ein Alptraum, so wie in der ersten Fassung der Novelle? Die Inszenierung deutet es an, spielt mit Zeitschleifen und Perspektivwechseln, bleibt aber eine definitive Antwort schuldig. Eine biografisch geprägte Satire? Immerhin soll Gogol selbst unter seinem eigenen schiefen Riechorgan gelitten haben und darunter, dass seine Mitmenschen der Nase einen derart großen Wert beimaßen. Allein, diese Ebene greift Werth nicht auf, wohl aber das im Text angelegte Spiel mit Metaebenen: Die Frage nach dem Nutzen derartiger Sujets stellt der Erzähler tatsächlich – und fasst sich dabei an die sprichwörtliche eigene Nase. Denn nützlich will Gogols Erzählung nicht sein, ebenso wenig wie die Bühnenfassung des Theater Bonn. Was bleibt, ist ein großer Spaß mit einem absurden Duo und einer grotesken Handlung, über die man besser nicht allzu sehr nachdenken sollte. Dann läuft „Die Nase“ am besten.

Weiterer Termin: 15. Mai

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