Schauspieler im Interview TV-Serie mit Jürgen Vogel spielt in Bonn

Bonn · Der Berliner Schauspieler Jürgen Vogel ist in der neuen Fernsehserie „Das Wichtigste im Leben“ als rühriger Familienvater im Einsatz. Gedreht wurde überwiegend an Bonner Schauplätzen.

Neue Serie „Das Wichtigste im Leben“: Die Familie Fankhauser mit Philipp (Sidney Holtfreter), Sandra (Bettina Lamprecht), Kurt (Jürgen Vogel), Theo (David Grüttner), Luna (Bianca Nawrath) und Familienhund Fredo.

Neue Serie „Das Wichtigste im Leben“: Die Familie Fankhauser mit Philipp (Sidney Holtfreter), Sandra (Bettina Lamprecht), Kurt (Jürgen Vogel), Theo (David Grüttner), Luna (Bianca Nawrath) und Familienhund Fredo.

Foto: Vox

GA: Herr Vogel, Ihre neue Serie heißt „Das Wichtigste im Leben“. Was ist für Sie das Wichtigste?

Jürgen Vogel: Als der Titel der Serie festgelegt wurde, war mir sofort klar, dass diese Frage kommen würde, und ich dachte: Um Gottes Willen, was soll ich darauf antworten?

GA: Und welche Antwort haben Sie sich überlegt?

Vogel: Das Wichtigste im Leben ist eine gute Verdauung (lacht). Nein, Spaß beiseite: Ich verstehe den Titel so, dass jede Figur herausfinden muss, was für sie selber das Wichtigste im Leben ist.

GA: Bei den Figuren handelt es sich um das Ehepaar Fankhauser mit seinen drei Kindern. Die Sprösslinge suchen gerade ihren Platz im Leben, die Eltern sind mit ihrem eigenen Leben plötzlich unzufrieden. Alles normal?

Vogel: Das nennt man Midlife-Crisis. Wenn die Kinder ein bisschen älter werden und ihr eigenes Ding machen, ist man nicht mehr so gefordert wie früher, muss nicht mehr den ganzen Tag nur Schulbrote schmieren und Windeln wechseln.

GA: Was ergibt sich daraus?

Vogel: Du bist dann plötzlich wieder auf dich selber zurückgeworfen und fragst dich: Wie geht es jetzt weiter? Das ist – zwischen 40 und 50 – eine echt interessante Phase im Leben.

GA: Haben Sie sich in dem Familienvater ein Stück weit wiederfinden können?

Vogel: Ich finde mich im Grunde in allen Figuren, die ich spiele. In jeder Rolle steckt ein Teil von mir.

GA: Sie haben mal gesagt: „Ich spiele am liebsten gebrochene Typen und Arschlöcher.“ Jetzt verkörpern Sie einen ganz normalen Familienvater – was ist daran reizvoll für Sie?

Vogel: Ich habe eine solche Figur noch nicht gespielt, und deshalb war die Rolle für mich eine wahnsinnige Herausforderung. Die Serie dreht sich um die normalen Dinge des Lebens, um den Alltag einer Familie, um die Themen Eltern und Geschwister.

GA: Gerade das hat Sie gereizt?

Vogel: Es geht um die wirklichen Sorgen und Probleme des Lebens, so dass man sich als Zuschauer selber darin erkennen kann. Das wahre Leben kann spannender sein als mancher Thriller. Aber natürlich ist es nicht leicht, Dinge des Alltags so zu erzählen, dass der Zuschauer gebannt vor dem Fernseher sitzt und mitfiebert.

GA: Für Leute im mittleren Alter sind Sie seit „Kleine Haie“ ein Kultschauspieler. Haben die Darsteller der Kinder Sie bei den Drehabreiten gekannt?

Vogel: Das kann ich nicht sagen, ich bin nicht auf die zu und habe gefragt: „Kennt Ihr mich?“. Aber vielleicht haben sie „Die Welle“ in der Schule gesehen oder im Kino „Emil und die Detektive“. Es passiert mir öfter, dass diese Generation zu mir kommt und sagt: Ach, ich hab' dich in „Emil“ als Bösewicht gesehen.

GA: Ihr Kurt bemüht sich, ein guter Vater zu sein. Was macht einen guten Vater aus?

Vogel: Das kann ich so pauschal nicht sagen. Es gibt keine Regeln, und das ist auch das Spannende. Du machst als Vater einfach immer alles richtig und alles falsch zur gleichen Zeit. Wenn es für das eine Kind ganz toll ist, was du da tust, ist es für das andere eine Katastrophe. Das ist auch der Humor, der im normalen Leben steckt: Du kannst nur das machen, von dem du gerade denkst, dass es das Richtige ist. Und meistens ist es falsch (lacht).

GA: Kurt ist enttäuscht, weil sein ältester Sohn lieber Balletttänzer als Basketballer werden will. Welche Karriere hatten Ihre Eltern für Sie vorgesehen?

Vogel: Ich habe ehrlich keine Ahnung. Aber ich glaube, dass bei jeder Erwartungshaltung die Enttäuschung programmiert ist. Deshalb sollte man weniger Erwartungen haben. Außerdem ist Vorleben die beste Erziehung: Als Eltern sollte man vorleben, was man für richtig hält.

GA: Manche Schauspieler nehmen sich zur Vorbereitung einen Coach. Wie haben Sie sich der ungewohnten Rolle genähert?

Vogel: Ich habe selber Familie und kann aus meiner eigenen Erfahrung schöpfen, deshalb brauche ich keinen Coach. Außerdem habe ich viele gute internationale Familienserien gesehen, die mich inspiriert haben.

GA: Welche zum Beispiel?

Vogel: Ich finde die US-Dramaserie „This Is Us“ ganz toll. Solche Vorbilder zeigen, wie gut eine Alltagsserie funktionieren kann.

GA: Haben Sie früher die klassischen deutschen Familienserien geguckt, die „Drombuschs“ etwa?

Vogel: Nicht so viel. Familienserien waren früher auch anders.

GAS: Inwiefern?

Vogel: Man hat oft rosarote Familienwelten erfunden. Fast wie eine kleine Lüge, die dem Zuschauer präsentiert wurde, was der aber auch bewusst wollte, glaube ich. Unser Ansatz ist das Gegenteil, wir wollen möglichst realitätsnah und echt sein.

GA: Ist „Das Wichtigste im Leben“ also Ihre erste Familienserie?

Vogel: Ja, meine erste. Ich habe generell nicht viele Serien gedreht. Die ZDF-Thriller-Serie „Blochin“ hat mich drei, vier Jahre gekostet, weil wir zuerst den Piloten gedreht haben, bevor dann eine Serie daraus wurde. Dann habe ich bei „The Team“ mitgemacht. Außerdem: So richtig viele tolle Serien gibt es gar nicht. Die Serienmode gibt es noch nicht lange, das Ganze ist jetzt erst bei uns angekommen.

GA: Schauen Sie viele Streaming-Serien?

Vogel: Na klar, ich gucke viel Netflix, nicht zuletzt weil ich es beruflich interessant finde. Ich finde es auch gut, dass Netflix als einziger Anbieter deutsche Serien synchronisiert in Amerika zeigt, obwohl doch alle immer behauptet haben, dass das nicht funktionieren kann. Das ermöglicht es uns in Deutschland, genuin deutsche Geschichten auch auf Deutsch zu erzählen, und die werden im internationalen Raum dann synchronisiert geschaut. Das ist auch in Ordnung, wir gucken ausländische Serien ja auch synchronisiert.

GA: Gibt es weitere Projekte?

Vogel: Ich würde mich freuen, wenn wir die zweite Staffel von „Das Wichtigste im Leben“ machen, es steckt einfach wahnsinnig viel drin, da hätte ich große Lust drauf. Ansonsten mache ich drei Monate frei, und was danach kommt, ist noch nicht hundertprozentig klar.

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