Interview mit Katharina Thalbach „Angela Merkel ist etwas Besonderes“

Interview | Bonn · Schauspielerin Katharina Thalbach spricht im Interview über ihre Rolle als Ex-Kanzlerin im Krimi „Miss Merkel“, darüber, warum ein Filmhund nicht Putin heißen darf und weshalb sie die Angela Merkel als Landesmutter vermisst.

„Ich werde nie aufhören zu ­­arbeiten, weil mir das Spaß macht“, sagt Schauspielerin und Regisseurin ­­Katharina Thalbach im Interview.

„Ich werde nie aufhören zu ­­arbeiten, weil mir das Spaß macht“, sagt Schauspielerin und Regisseurin ­­Katharina Thalbach im Interview.

Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Was macht Angela Merkel im Ruhestand? Ganz klar, die ehemalige Bundeskanzlerin wird zur Hobbydetektivin und löst im Stil von Miss Marple bizarre Mordfälle – so zumindest in den populären „Miss Merkel“-Krimis von Bestsellerautor David Safier. In der Verfilmung „Miss Merkel – Ein Uckermark-Krimi“ (Dienstag, 21. März, 20.15 Uhr, RTL) schlüpft die Schauspielerin Katharina Thalbach in die Rolle der pensionierten Politikerin, sie hatte Merkel bereits 2013 in der TV-Satire „Der Minister“ verkörpert. Mit der Schauspielerin sprach Cornelia Wystrichowski.

Frau Thalbach, Sie schlüpfen für die Krimikomödie „Miss Merkel“ zum zweiten Mal in die Rolle von Angela Merkel. Hatten Sie denn gleich Lust darauf, die Politikerin erneut zu spielen?

Katharina Thalbach: Ich kann das gar nicht vergleichen. Als ich 2013 im Fernsehfilm „Der Minister“ Angela Merkel gespielt habe, ging es um Karl-Theodor zu Guttenberg und sein fatales Verhältnis zur Wahrheit, Stichwort Plagiatsaffäre – das war eine richtige politische Satire. Danach hat man mir noch sehr oft Angela-Merkel-Rollen angeboten, das wollte ich nie wieder machen. Aber jetzt ist es etwas anderes.

Inwiefern?

Thalbach: Der Film nach der Romanvorlage von David Safier ist ja fast ein Märchen. Die Vorstellung, dass Frau Merkel in ihrer Rente nicht irgendeinen hochdotierten Vorstandsposten annimmt, sondern als schrullige kleine Rentnerin einem Mordfall auf den Grund geht, das hat so etwas Charmantes, das hat mich sofort bezaubert. Diese Mutation von Angela Merkel hin zur Hobbydetektivin – das fand ich so genial, allein schon als Idee, dass ich gesagt habe: Das muss ich machen! Ich bin ja auch ein großer Agatha-Christie-Fan und freue mich wahnsinnig, dass ich dieses Konglomerat aus Ex-Kanzlerin und Miss Marple jetzt darstellen darf.

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Thalbach: Ich habe mich für die Rolle natürlich mit Frau Merkel befasst, aber ich habe mich ohnehin 16 Jahre lang mit ihr befasst, denn sie war schließlich unsere Kanzlerin. Sie hat ja die schöne Eigenschaft, dass sie fast etwas Ikonographisches hat. Mit der Frisur und den Blazern kann man sich als Schauspielerin gut verwandeln. Außerdem bin ich derselbe Jahrgang, ich bin auch aus der DDR, ich liebe auch Physik, ich liebe auch Eintöpfe. Also, wir haben einiges, was uns verbindet.

Gleich am Anfang, in einer der ersten Szenen, machen Sie die Merkelraute…

Thalbach: So wie andere sich an der Nase kratzen, macht sie diese Raute, um sich zu beruhigen. Das erdet, das ist eine Antenne, im weitesten Sinne.

Raute, Blazer, Frisur, Halskette – das gehört zur Merkel-Grundausstattung. Was ist Ihnen noch an ihr aufgefallen, um sie zu imitieren?

Thalbach: Ich hatte immer das Gefühl, auf ihren Schultern lastet die Macht. Sie hatte dadurch immer sehr angespannte Schultern, und das hat mir beim Spielen geholfen, man kriegt dadurch einen anderen Gang. Natürlich habe ich versucht, ihr nahezukommen. Aber das geht nur bedingt, denn sie ist etwas Besonderes. Und jeder hat sein eigenes Bild von ihr im Kopf, diesem Anspruch kann man eh nicht gerecht werden. Ich werde nie die perfekte Imitation von Frau Merkel sein. Die Stimme werde ich nie schaffen, ich kann nicht wie Frau Merkel klingen. Ich habe auch ganz andere Augen als sie und bin ja auch kleiner. Aber weil wir beide so gerne essen, haben wir beide eine etwas, sagen wir mal, nicht dem Schlankheitsprinzip verpflichtete Figur.

Laufen Sie Frau Merkel ab und zu in Berlin beim Einkaufen oder so über den Weg?

Thalbach: Es ist ewig her, da habe ich sie als ganz frisch gewählte Kanzlerin zufällig beim Friseur getroffen und habe ihr gratuliert. Das war damals bei Udo Walz, nach der berühmten Elefantenrunde mit Gerhard Schröder.

 Katharina Thalbach als Hobbydetektivin Miss Merkel – hier mit Lupe und Mops.

Katharina Thalbach als Hobbydetektivin Miss Merkel – hier mit Lupe und Mops.

Foto: RTL/Maor Waisburd

Würden Sie sich wünschen, dass Sie die Krimikomödie sieht?

Thalbach: Natürlich würde ich mich freuen, und ich würde mich freuen, wenn sie den Film hervorragend findet. Aber ob sie wirklich Lust hat, sich da selber oder eine Version von sich anzusehen? Ich weiß es nicht. Sie sieht sich ja ohnehin immer im Spiegel (lacht).

Immerhin heißt es ja, sie habe einen guten Humor…

Thalbach: Da bin ich mir ganz sicher. Wenn jemand sich zum Ende seiner Kanzlerschaft vom Bundeswehrorchester beim Zapfenstreich Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“ spielen lässt, muss derjenige Humor haben.

Vermissen Sie Angela Merkel als Kanzlerin?

Thalbach: Ja, natürlich. Auf irgendeine Art und Weise hatte man das Gefühl, es gibt da einen großen Schirm, der über uns aufgespannt ist. Und das, was blöderweise über sie gesagt wurde, meistens von Männern, dieses Wort Mutti, sehe ich eher positiv. Man hatte das Gefühl, das ist eine Landesmutter, die auch ihre elterlichen Pflichten erfüllt. Jetzt leben wir in anderen Zeiten.

Miss Merkel hat im Buch einen Hund namens Putin, im Film heißt er Helmut. Die Namensänderung war angesichts von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine wohl unausweichlich?

Thalbach: Im Vorgespräch haben sofort alle wie aus einem Mund gesagt, dass man den Namen Putin nicht mehr für etwas Nettes nehmen kann wie es der Mops ist. Da hätte man ihn ja gleich Adolf rufen können. Putin hat sich durch seinen Krieg selber in die Hölle begeben, wo derartige Figuren der Geschichte sitzen. Da kann ja nicht der Mops so heißen, so ein niedliches kleines Tier.

Worin besteht in Ihren Augen der Reiz in David Safiers Idee, aus der historischen Figur Angela Merkel eine drollige Hobbyermittlerin zu machen? Dass die Welt der hohen Politik auf ein menschliches Niveau gebracht wird?

Thalbach: Genau, und bei der Merkel hat man das Gefühl, dass das geht. Dadurch, dass sie überhaupt keine Leichen im Keller hat, obwohl sich bestimmt viele Leute Mühe gegeben haben, etwas zu finden. Aber für krumme Dinger war sie immer zu schlau und zu anständig, und ihr Doktortitel ist ehrlich erworben. Deshalb kann man sie auch zu einer netten alten Dame machen. Vielleicht ist sie das gar nicht (lacht). Ich finde es toll, dass sowas in Deutschland stattfindet, dass man dafür nicht zu politisch korrekt ist, das finde ich sehr sympathisch.

Mit welchen Persönlichkeiten könnte man das noch machen? Scholz, Habeck, Baerbock?

Thalbach: Nein, kann ich mir nicht vorstellen. Die sind ja auch noch viel zu jung.

Miss Merkel ermittelt nach der Zeit als Kanzlerin. Wie stellen Sie sich Ihren eigenen Ruhestand vor?

Thalbach: Ich werde nie aufhören, zu arbeiten, weil mir das Spaß macht. Und wenn ich nur noch im Rollstuhl sitze und in Schulen Gedichte vorlese, wäre das auch okay, das würde ich auch gerne machen.

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