GA Krimi-Kolumne Wilder Westen und beste Freunde

Bonn · Saarbrücken war nicht schlecht gestartet, jetzt ist der böse Papa weg, da geht es abwärts, befürchtet GA-Tatort-Kritiker Daniel Schauff.

Bastian Barthel (l, Lorris Andre Blazejewski) wird von Adam Schürk (Daniel Sträßer) vorläufig festgenommen in einer Szene aus «Tatort: Die Kälte der Erde» (undatiert)

Bastian Barthel (l, Lorris Andre Blazejewski) wird von Adam Schürk (Daniel Sträßer) vorläufig festgenommen in einer Szene aus «Tatort: Die Kälte der Erde» (undatiert)

Foto: dpa/Manuela Meyer

Thom Yorke hat mal einen Tanzfilm gemacht. Nun muss man wissen: Thom Yorke war der, der Anfang der 90er-Jahre den Soundtrack sämtlicher desorientierter Jugendlicher geliefert hat. „Creep“ hieß der, handelte von unerreichbarer Liebe, weil der, der verliebt ist, irgendwie zu unheimlich, zu seltsam ist, um den nächsten, entscheidenenden Schritt zu tun. Thom Yorke hat dieses Lied lange nicht gespielt. Es war ihm zu uncool, cool zu sein. So. Und dieser Yorke tanzte kürzlich, um sein neues Album zu bewerben. Er entschied sich für modernen Tanz, vielleicht in der Annahme, dass es dabei nicht so schlimm sei, wenn man nicht über die nötige Körperbeherrschung und Athletik verfügt.

Seltsamer Straßenkampf

So ähnlich, wie man sich also diesen Tanzfilm vorstellen muss, wirkt die erste Szene im Saarbrücker Tatort. Irgendwer hat choreografiert, und das hätte er oder sie besser sein lassen sollen. Und gleich weiß der Zuschauer: Wenn sich die Macher einen Straßenkampf so vorstellen, kann auch der Rest des Films nichts werden. Wie recht er hatte, der Zuschauer.

Jetzt hatte sich die „Papa ist böse“-Geschichte aus den ersten, durchaus sehenswerten Tatort-Folgen aus der Saar-Metropole endlich zu ihrem Ende durchgekämpft, dann macht Adam (Daniel Sträßer) wieder Probleme. Diesmal lässt er Papas Raubüberfall-Geld mitgehen. Warum, das weiß man nicht so recht. Es ist ihm aber offenbar wichtig genug, um die Freundschaft mit Leo (Vladimir Burlakov) aufs Spiel zu setzen. Letzterer läuft Adam hinterher wie ein Hündchen, das Angst hat, sein Herrchen zu verlieren. Das nervt, bei aller Innovationsfreude, die mitschwingt, wenn die beiden Ermittler auch noch Kindheitsfreunde sind. Idee: gut, Umsetzung: nicht so.

Kein Ausgleich

In der Regel kann ein solider Kriminalfall helfen, solche nervtötenden Nebenstränge nicht ganz so wichtig zu nehmen. Tut er aber in diesem Fall nicht. Dass Madame „Ich schreie möglichst laut durch die Gegend“ (Bineta Hansen) wohl die Täterin ist, war in Szene zwei oder drei klar. Alles andere wäre überraschend gewesen. Und nein, mit Überraschungen hatte der Tatort aus Saarbrücken es am Sonntag nicht so (Regie: Kerstin Polte, Buch: Melanie Waelde).

Stattdessen werden die Freizeitklopper so dargestellt, wie das Image es verlangt: etwas einfältig, triebgetrieben und unfähig, Sympathien auszulösen. Wäre das gelungen, wäre das ganze Brimborium deutlich interessanter ausgefallen. Stattdessen haben sich die Macher für einen Wild-West-Filter entschieden (Kamera: Christiane Buchmann), die Kommissare dafür, die Ärmel an den T-Shirts zu Hause zu lassen und sich mit der Tatverdächtigen ein letztes Duell zu liefern. Ohne Revolver, dafür mit den Fäusten. Sieht ähnlich elegant aus wie Thom Yorke beim Tanzen.

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