Kritik zum Jubiläumsfall "Taxi nach Leipzig" Der 1000. "Tatort" – Kommissare in Todesangst

Bonn · Die 1000. Folge trägt denselben Titel wie einst die Premiere mit dem knorrigen Walter Richter. Am Sonntag läuft die Jubiläumsfolge in der ARD.

46 Jahre ist es her, dass sich der Hamburger Kriminalkommissar Trimmel aufmachte in die DDR, um den Tod eines Jungen aufzuklären. Ganz legal war dieser Ausflug nicht, aber umso spannender für das Publikum. „Taxi nach Leipzig“ hieß der erste „Tatort“, gesendet am 29. November 1970. Am Sonntag schickt die ARD erneut ein Taxi nach Leipzig. Die 1000. Folge trägt denselben Titel wie einst die Premiere mit dem knorrigen Walter Richter. Maria Furtwängler (als Charlotte Lindholm) und Axel Milberg (als Klaus Borowski) bestreiten den Jubiläumsfall gemeinsam – unfreiwillig. Sie sitzen gefesselt in dem Taxi, das von einem Psychopathen gelenkt wird.

Es ist ein packender Horrortrip durch ein Deutschland, das ein anderes ist als 1970. Die innerdeutsche Grenze, die Transitstrecken, Volkspolizisten: alles Geschichte. Heute sind es andere Themen, die der „Tatort“ in seinem gesellschaftskritischen Anspruch aufgreift. Im Mittelpunkt der 1000. Folge steht Ex-Soldat Rainald Klapproth (Florian Bartholomäi), der nach dem Einsatz in Afghanistan traumatisiert ist und sich als Taxifahrer in der niedersächsischen Provinz durchschlägt.

Als er erfährt, dass seine Ex-Freundin in Kürze seinen früheren Vorgesetzten in Leipzig heiratet, macht er sich auf den Weg. Eher zufällig kommen ihm Lindholm, Borowski und ihr aufdringlicher Kollege Affeld in die Quere, die gerade eine Tagung verlassen. Sie steigen zu, die Atmosphäre ist angespannt. Wegen einer Kleinigkeit brennen Klapproth die Sicherungen durch. Er tötet Affeld und nimmt Lindholm und Borowski als Geiseln. Die beiden sind ihm hilflos ausgeliefert. Alexander Adolph (Buch und Regie) lässt den Großteil des Films im fahrenden Auto spielen. Er inszeniert ruhig, beinahe kammerspielartig, und doch holt er ein Maximum an Spannung heraus.

Nebenbei zeigt der Film die Ermittlerfiguren von einer schwachen Seite. Aus dem Off lassen sie den Zuschauer an ihren Gedanken teilhaben, zwischen Ratlosigkeit und Verzweiflung. Auch das ein Unterschied zu den Anfangstagen der Reihe: Damals, 1970, im anderen Deutschland, waren Kommissare väterliche Autoritäten, die stets die Oberhand behielten. Trimmel prügelte sich im ersten „Tatort“ mit einem Volkspolizisten. Man soff zur Versöhnung und löste den Ost-West-Fall pragmatisch auf kleinem Dienstweg. So einfach haben es „Tatort“-Kommissare heute nicht mehr. Schlecht für sie, gut für den Zuschauer.

Hier und da leistet sich die Jubiläumsfolge kleine Reminiszenzen an die Anfänge. So ist Günter Lamprecht als Gast dabei. Er sprach im ersten „Tatort“ die ersten Worte, diesmal hat er das Schlusswort.

Tatort: Taxi nach Leipzig (1. Folge): Samstag, 23.25 Uhr, NDR; Taxi nach Leipzig (1000. Folge): Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

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