Sisi und der Feminismus Die Emanzipation der Kaiserin

Analyse | Bonn · Sisi war bisher die kindliche Herrscherin der Nachkriegsschnulzen. Der Film „Corsage“ und ein Roman von Karen Duve zeigen eine andere Elisabeth: draufgängerisch, rebellisch, eingeengt. Die Korrektur ist Ausdruck des Zeitgeists. Und mehr.

Vicky Krieps als Kaiserin Elisabeth von Österreich in einer Szene des Films „Corsage“ von Marie Kreutzer.

Vicky Krieps als Kaiserin Elisabeth von Österreich in einer Szene des Films „Corsage“ von Marie Kreutzer.

Foto: dpa/---

In ihrem neuen Roman „Sisi“ entwirft Karen Duve ein Bild der Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, das endgültig Schluss macht mit dem altem „Sissi“-Kitsch, der kostümseligen Verniedlichung und Zähmung einer wilden Frau. Bei Duve ist Kaiserin Elisabeth eine egozentrische, verwöhnte, launische Herrscherin – und vor allem eine, die an ihre Grenzen geht. Am liebsten täglich. Dazu dienen ihr nicht nur die Jagden, sondern auch extreme Selbstzüchtigung beim Essen und größtmöglicher Aufwand bei der Pflege ihres Haars. Große Reitausflüge unternimmt sie mit nur einer Brühe im Bauch – ohne Einlage, versteht sich. Und auch der Kult um ihr langes Haar ist bei Duve nicht so sehr ein Schönheitsspleen. Er spiegelt Elisabeths Willen, exzentrischer zu sein als alle anderen, irren Aufwand zu verlangen – weil sie es kann, weil sie darin ihre Macht auslebt, wenn es schon da, wo es zählen würde, nicht geht: in der Politik.