Dschungelcamp 2014 Ein Pro und Contra zum Dschungelcamp

BONN · "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" - kaum eine Sendung polarisiert so wie das Dschungelcamp. Die einen verurteilen diese Art des "Bildungsfernsehens", die anderen sehen es als "perfekte Unterhaltung". Fakt ist: Mit Blick auf die Einschaltquoten ist "IBES" - so die Kurzform - unschlagbar. Am Freitag hatte selbst das Bundesligaspiel zwischen Mönchengladbach und Bayern München (6,19 Mio. Zuschauer) keine Chance. Das Dschungelcamp kam auf 8,03 Mio. Zuschauer.

Pro: Spiel mit offenen Karten

von Ulrich Bumann

Um es deutlich zu sagen: Wir sind hier nicht beim Bildungsfernsehen. Wer wissen will, wie es um die australische Botanik bestellt ist, sollte sich auf Arte oder 3sat informieren. Wer sich gut unterhalten will, liegt bei RTL und dem Dschungelcamp durchaus richtig. Es sind ja nicht die Ekel-Prüfungen, die den Reiz dieses Promi-Recyclings ausmachen.

Ob ein Ex- oder Möchtegern-Promi halbwegs unbeschadet Großwild-Sperma die Speiseröhre herunterbekommt, ist allenfalls gut kalkulierte Zutat zu einem Spektakel, bei dem sich die Camp-Bühne fürs große Theater öffnet. Wer im Dschungelcamp mitmacht, weiß, worauf er sich einlässt. Hier wird mit offenen Karten gespielt.

[kein Linktext vorhanden]Zu besichtigen ist ein kräftiges Stück Gruppenpsychologie, zu beobachten sind Menschen, die die Maske fallen lassen, zu analysieren sind Positionskämpfe und Machtspielchen. Es ist, mit aller Überdrehung, der Büro-Alltag, auf den Dschungel übertragen. Natürlich spielt der Zuschauer dabei den Voyeur - aber mit einem Erkenne-dich-selbst-Effekt.

Ist das Dschungelcamp peinlich? Peinlich ist Markus Lanz, wenn er sein Moderatoren-Mütchen an Sahra Wagenknecht zu kühlen versucht. Oder wenn in seinem "Wetten, dass..?" einem Schauspieler Eiswürfel in die Hose gekippt werden. Das RTL-Original ist einfach besser. Und unter uns Dschungel-Sehern: Larissa, dieses wunderbar verpeilte Mädchen gehört zum Aufregendsten, was der Unterhaltungs-Bildschirm derzeit zu bieten hat.

Contra: Holt mich hier raus!

von Thomas Kliemann

Ein Götz George, eine Marietta Slomka würden nicht in den Busch gehen. Was sich im Dschungelcamp herumtreibt, riecht nach Verzweiflung. Klar, es ist alles perfekt und medienwirksam vorbereitet. Vieles ist bis in Einzelheiten durchchoreographiert. Und jeder nach professionellem Casting verpflichtete Dschungelkämpfer weiß, was ihn erwartet.

Wirklich? Wenn die ein ums andere Mal genüsslich vom Stimmvolk in die Dschungelprüfungen geschickte Larissa beim Kotzfrucht-Drink würgt, in schwindelnder Höhe zittert, sich vor Maden und Küchenschaben ängstigt, dann blitzen ganz und gar nicht abgezockte, un-telegene Emotionen auf: Ekel, Angst.

[kein Linktext vorhanden]In diesen Momenten gerinnt das Spaßformat zum menschenverachtenden Zirkus, in dem mit Ängsten und dem Thrill der Zuschauer, die nicht nur Voyeure sind, sondern auch, wen auch immer (mit Vorliebe Larissa) zur Hölle schicken können, Quote und Kasse gemacht werden.

Kindliche Schadenfreude entwickelt sich - von Sonja Zietlow und Daniel Hartwick routiniert zelebriert - zum ätzenden Zynismus. Für mich gibt es dann nur einen Wunsch: "Holt mich hier raus!"

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