"White Album" der Beatles neu aufgelegt Fab Four im kreativen Fieber

Bonn · 50 Jahre „White Album“ der Beatles. Eine luxuriöse Neuauflage dokumentiert den Entstehungsprozess der Songs.

 Die größte Band der Welt: (von links oben im Uhrzeigersinn) John Lennon, Paul McCartney, Ringo Starr und George Harrison.

Die größte Band der Welt: (von links oben im Uhrzeigersinn) John Lennon, Paul McCartney, Ringo Starr und George Harrison.

Foto: dpa/FOTO: JOHN KELLY/APPLE CORPS LTD.

Indien macht kreativ. Vor 50 Jahren kehrten die Beatles John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr aus Rishikesh zurück, mehr oder weniger erleuchtet von Maharishi Mahesh Yogi und mit einer Menge neuer Musik im Gepäck. Das Material passte nicht auf eine Langspielplatte, und so entstand in den Abbey Studios das Album „The Beatles“, das nicht zuletzt wegen der von Richard Hamilton gestalteten weißen Hülle als „White Album“ berühmt wurde.

Bevor die Feinarbeit in den Abbey Road Studios begann, trafen sich die Fab Four in Harrisons Haus in Esher, um mehr als 20 Songs zu akustischer Gitarrenbegleitung auszuprobieren: Beatles unplugged. Die Jubiläumsedition des „White Album“, die jetzt erschienen ist, dokumentiert die Esher-Sessions. Wenn man hört, wie Lennon und McCartney bei einer übermütigen Version des Songs „Back in the USSR“ ihren Spaß haben, gerät fast in Vergessenheit, dass die Band dabei war zu zerfallen. Harrison erschien permanent missmutig, Starr fühlte sich nicht wertgeschätzt, Lennon und McCartney schrieben und nahmen Songs nicht mehr als Komponistenpaar, sondern als Einzelkünstler auf.

Spannungen und Eitelkeiten

Das Leben in den Abbey Road Studios war geprägt von Spannungen und Eitelkeiten. Und doch entstand ein faszinierendes Sammelsurium von 30 unterschiedlichen Liedern: mal gut gelaunt trivial wie „Ob-La-Di, Ob-La-Da“, mal stockhausenhaft experimentell und assoziativ wie „Revolution 9“. Das passte alles nicht so perfekt zusammen wie die Songs auf „Sgt Pepper's Lonely Hearts Club Band“, aber das weiße Album bewies, dass die Fab Four nun davon überzeugt waren, jeden erdenklichen musikalischen Pfad betreten zu können. Grenzüberschreitungen gehörten zum Alltag im Studio, wo die Musiker mit fieberhafter Intensität arbeiteten. Faszinierend ist der Vergleich zwischen den Esher-Aufnahmen und dem Endprodukt. Stücke wie „Dear Prudence“ erklingen fast schon in perfekter Form, andere Songs wirken wie ungeschliffene Diamanten, die erst im Studio ihre endgültige Form annehmen.

Giles Martin, der Sohn des „White Album“-Produzenten George Martin, hat die Stücke neu gemischt und den Grad an Klarheit von Stimmen und Instrumenten noch einmal gesteigert. Erstaunlich brillant klingen auch die Stücke der Esher-Sessions. Nicht alle schafften es aufs Doppelalbum. Lennons „Child of Nature“ zum Beispiel, das sich später mit einem neuen Text in „Jealous Guy“ verwandelte. McCartneys „Junk“ und Harrisons „Not Guilty“ blieben ebenfalls außen vor. Harrison war „not amused“. Von den mehr als 100 Aufnahmen von „Not Guilty“ erhielt keine das Prädikat „gut genug fürs White Album“.

Am 30. Januar 1969 fand auf dem Dach des Apple-Gebäudes in der Londoner Savile Row der letzte gemeinsame Auftritt der Beatles statt. Am 10. April 1970 teilte Paul McCartney mit, er habe wegen „persönlicher, geschäftlicher und musikalischer Differenzen“ die Band verlassen.

Damit war das Ende der Fab Four besiegelt. Als ihr Epitaph gilt eine Zeile aus dem „Abbey Road“-Song „The End“: „The love you take is equal to the love you make.“ So viel Liebe, wie du nimmst, ist so viel Liebe, wie du gibst.

The Beatles („White Album“). Diverse Formate von der „Ltd. 7 Disc Super Deluxe Edition“ bis zur Doppel-CD mit Original-Album und Esher-Sessions. Apple Corps Ltd./Capitol/UMe

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