GA-Krimi-Kolumne: Der Tatort aus München Schnitzel mit Zitrone

Ein bisschen riskant ist es ja, einen Sonntagskrimiabend rund um die E-Sports-Szene zu stricken, wenn der Großteil der Zuschauer zum überschaubaren Rest der Konsumenten linearen Fernsehens zählt. Dafür nicht schlecht, findet GA-Krimi-Kolumnist Daniel Schauff.

 Ermittelarbeit: Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, von links) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) befragen einen möglichen Zeugen (Danny Rosness).

Ermittelarbeit: Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, von links) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) befragen einen möglichen Zeugen (Danny Rosness).

Foto: dpa/Claudia Milutinov

So. Mutmaßung. Selbst wenn es sich bei Counter Strike offenbar um einen Computerspiel-Klassiker handelt, dürften dem Gros der Tatort-Zuschauer sowohl das Spiel als auch die gesamte Zockerwelt ziemlich fremd sein. Und weil sich Tatort-Filme immer dann am besten machen, wenn Kommissare und Zuschauer auf einer Wellenlänge sind, kennen sich auch die beiden Frührente-berechtigten Ermittler Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) so gar nicht aus im Genre. Gut, dass es Kalli (Ferdinand Hofer) gibt, der sich auskennt, deshalb auch gleich mal ein bisschen Action abbekommt, die wiederum ihm aber nicht allzu gut bekommt. Krankenhaus nach Würgegriff. Ganz offline.

Jetzt hätte man es sich im Drehbuchschreiber-Kämmerchen (Stefan Holtz und Florian Iwersen saßen darin) einfach machen können und den Film darauf basieren lassen können, die beiden überforderten Kommissare zu zeigen, wie sie ahnungslos durch eine fremde Welt stapfen. Nö, dachte man sich im oben genannten Kämmerlein, und ließ die Ermittler trotzdem fachgerecht ermitteln. Ganz ohne Überforderung, nur halt mit ein paar Wissenslücken, die Kalli, solange er halt noch konnte, füllen durfte. Ein ganz pfiffiger Schritt, um nicht wieder die alte Leier alternder Kommissare in einer immer schneller werdenden Welt anzustimmen.

Ziemlich weit weg

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass ein Fall, der in einer (zugegeben wahrscheinlich ziemlich großen) Nische dieser Gesellschaft spielt, nicht ganz so mitreißt wie einer, der dem bereits erwähnten Gros der Zuschauerschaft vertrauter vorkommt. Den Preis hat der Tatort wohl einigermaßen freiwillig gezahlt. Die selbstgestellte Aufgabe wird es wohl gewesen sein, das Wettbewerbszocken dem gemeinen Analogfernsehengucker näherzubringen. Wenn’s so war: Aufgabe erfüllt.

Mit Sternchen, will man sagen, weil es dann doch die eine oder andere Szene gab, die den Gefühlen der heimischen Sofasitzer ganz nahekam. Die zum Beispiel, in der Oskar (Yuri Völsch) seine Mutter (Marie Burchard) fast manisch davon zu überzeugen versucht, ihn doch spielen zu lassen. Das ist schauspielerisch schon erste Sahne.

Wenn wir kurz beim Essen bleiben: „Game over“ war insgesamt eher Schnitzel mit Sättigungsbeilage. Tut seinen Dienst, der Spritzer Zitrone sorgt für ein wenig freudige Aufregung, mehr aber auch nicht.

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