GA-Krimi-Kolumne: Der Tatort aus Wien Man muss ein bisschen kämpfen

An der Mafia sind schon viele Tatort-Ermittler gescheitert. Tut der Wiener Tatort auch, aber nur teilweise. Der Rest ist großes Kino, findet GA-Krimi-Kolumnist Daniel Schauff.

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in einer Szene des TV-Krimis „Tatort: Azra“.

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in einer Szene des TV-Krimis „Tatort: Azra“.

Foto: dpa/Felix Vratny

Die Mafia ist halt ein dickes Brett. Das will erst einmal durchbohrt werden. Seit Generationen tun sich die Drehbuchschreiber und Regisseure im Tatort-Universum schwer damit, den richtigen Bohrer zu finden. Das Ergebnis ist leider oft die pure Lächerlichkeit, eine Art David-gegen-Goliath-Kampf, der oft mit dem Sieg Davids endet – und damit, dass sich doch alle über den lustigen kleinen Burschen lustig machen und Goliath den Sieg viel mehr gegönnt hätten.

So. Jetzt sind es also Sarah Wassermair (Buch) und Dominik Hartl (Regie), die Bibi (Adele Neuhauser) und Moritz (Harald Krassnitzer) in den Kampf gegen das organisierte Verbrechen schicken. Die Mafia kommt dabei übrigens aus Georgien, das bringt zumindest eine neue Sprache ins Spiel, die im deutschen Fernsehen eher selten zu hören ist. Stereotypisch sind die Figuren, die im Tatort das Wiener Immobiliengeschäft beherrschen, trotzdem, manche gar comichaft überzeichnet wie Vladimir Korneev als Irakli, ungeliebter Sohn des großen Beka Datviani (Lasha Bakradze). Aber sei’s drum. Mafia-Tatorte waren schon deutlich schlechter als dieser aus Wien.

Verzweiflung an eigener Dummheit

Woran es liegt? Sicher nicht daran, dass Moritz die junge Azra (Mariam Hage) sehenden Auges selbst ins Verderben kutschiert und sich in Sichtweite der Mafiaboss-Villa mit Fernrohr positioniert, damit auch ganz sicher beide entdeckt werden, V-Frau und Ermittler. Wohl aber an der Darstellungskunst ebendieser beider, die einerseits die Verzweiflung an sich selbst (Moritz) sichtbar macht, andererseits die fast naive Unbedarftheit und später schiere Angst (Azra). Das macht Spaß, reißt gar mit.

Irgendwo nebenher läuft auch Bibi, die sich arg zurückhält, bis es aus ihr herausplatzt. Ja, Moritz müsste schon tot sein, damit sie ihn nicht mehr verteidigt. Und man nimmt Adele Neuhauser ab, dass selbst das gelogen ist: Auch wenn Kollege Moritz nicht mehr leben würde, würde sie alles tun, um ihn zu rechtfertigen. Auch das: macht Spaß. Zumal die beiden immer dann gebremst werden, wenn zu viel Honig auf dem Weißbrot landet.

Und um das mit dem Spaß nun auch abzuschließen: Die letzten Minuten des Krimis sind ganz großes Kino, dann nämlich, wenn es um Gerechtigkeit und Recht geht. Das ist zwar ein ähnlich dickes Brett wie die Mafia, vielleicht sogar noch dicker, aber zumindest da haben die Beteiligten den richtigen Bohrer gefunden.

Man muss sich halt durch die ersten 45 Minuten kämpfen, dann wird man mit einem sehr passablen Krimi belohnt.

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