Barocktage in Berlin Götter im Techno-Club: Ólafur Elíasson inszeniert Oper

Berlin · In New York baut er Wasserfälle, in London lässt er eine riesige Sonne scheinen - jetzt gestaltet der dänisch-isländische Künstler Ólafur Elíasson wieder eine Oper und erfüllt sich einen Wunsch.

 Ólafur Elíasson taucht ein in die Welt des Barocks.

Ólafur Elíasson taucht ein in die Welt des Barocks.

Foto: Malte Christians/Archiv

Techno-Sound und Barockklänge: Für sein neues Opernprojekt in Berlin hat sich der dänisch-isländische Künstler Ólafur Elíasson vom Nachtleben der Stadt inspirieren lassen.

"Ich habe mir überlegt: Wo habe ich etwas Barockes erlebt", sagte Elíasson zu seinen Vorbereitungen für "Hippolyte et Aricie" des Franzosen Jean-Phillipe Rameau (1683-1764), das am Sonntag Premiere an der Staatsoper Unter den Linden (18.00 Uhr) hat. Dabei dirigiert Sir Simon Rattle das Freiburger Barockorchester.

Als er in den 90er Jahren von Kopenhagen nach Berlin zog, sei er oft in Berliner Techno-Clubs gewesen, sagte Elíasson. Nebel, Licht, Bässe und viel Haut - im Dunst der Clubs habe er erlebt, wie sich heute ausschweifender Barock anfühlen könnte. "Das war für mich ein interessanter Raum, in dem sich auch eine Form von Gesellschaftskritik äußerte", sagte Elíasson der Deutschen Presse-Agentur.

Berühmt wurde der 1967 geborene Künstler mit Lichtskulpturen und Installationen. In Island geboren und aufgewachsen zählt er inzwischen zu den am höchsten gehandelten Künstlern weltweit. Mit seinen Arbeiten fordert er die Sehgewohnheiten des Publikums heraus.

Ob seine Wasserfälle in New York, grün gefärbte Flüsse in Europa oder das inzwischen legendäre Wetter-Projekt in der Londoner Tate Modern - Farbe und Beleuchtung gehören zu seinen Ausdrucksmitteln. Mittlerweile entwirft er auch Häuser und Systeme für Sonnenenergie. In Berlin unterhält er sein Studio mit mehr als 100 Mitarbeitern.

Jetzt kehrt Elíasson als Bühnen- und Kostümgestalter an die Staatsoper zurück, wo er 2007 bereits Heinz Werner Henzes "Phaedra" in Licht getaucht hatte. Die frisch renovierte Staatsoper sei ein idealer Ort für ein Werk wie "Hippolyte et Aricie", sagte Intendant Matthias Schulz. Das 1742 eröffnete Haus entstand in der Zeit des Barock und eignet auch nach der Renovierung und der Verbesserung der Akustik deswegen sehr gut für Werke des 17. und 18. Jahrhunderts.

Die Neuproduktion ist Teil der "Barocktage" der Staatsoper, die Schulz jetzt zum ersten Mal ins Programm nimmt. Bis Anfang Dezember treten dabei hochkarätige Ensembles aus ganz Europa auf. In dieser Zeit ist die Staatskapelle mit Daniel Barenboim auf Tournee - gerade in Australien.

"Dieses Projekt ist schon etwas anderes als eine Ausstellung", sagte Elíasson. "In einer Ausstellung muss der Besucher Räume durchschreiten, in der Oper ziehen die Räume an ihm vorbei." Erfahrung im Umgang mit barocker Kunst habe er in seinen Ausstellungen "Baroque Baroque" im Wiener Belvedere-Museum (2015) und in Versailles bei Paris (2016) gesammelt.

Mit Rattle und der britischen Choreografin Aletta Collins habe man sich auf eine gemeinsame Idee für die Oper über griechische Mythen und Götter geeinigt. "Wir versuchen, die klaren Trennung zwischen Raum, Tanz und Kostüm aufzulösen." Er habe dafür "totale Freiheit" genossen. Jetzt erwarte er, dass sich auch das Publikum mit dem Bühnengeschehen auseinandersetzt.

Der Künstler vergleicht eine Opernaufführung mit einem Parlament; der Zuschauer müsse auch eine Verständnisleistung aufbringen, "wie in einer Verhandlung". Elíasson, der in jungen Jahren einer erfolgreichen Breakdance-Gruppe in Dänemark angehörte, konnte sich bei den Proben jetzt auch einen Wunsch erfüllen. "Über die Bühne zu gehen - das ist auch wie tanzen."

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