Musical "Hair" in Bad Hersfeld: Revue zur Hippie-Bewegung

Bad Hersfeld · Bad HAIRsfeld: Die Open-Air-Bühne in der Stiftsruine verwandelt sich zur Rockbühne des legendären Woodstock-Festivals. Hippies singen und tanzen im Liebes- und Drogenrausch.

 Als "Sheila" und "Berger" zeigten Bettina Mönch und Riccardo Grevo temporeiche Tänze.

Als "Sheila" und "Berger" zeigten Bettina Mönch und Riccardo Grevo temporeiche Tänze.

Foto: Swen Pförtner

Am Ende ist es eine Party von Ensemble und Publikum. Schauspieler schwärmen nach der letzten Szene von "Hair" auf den Zuschauertribünen aus und bitten zum Tanz auf die Freilichtbühne der Stiftsruine.

Das Orchester, oder besser: die Hippie-Band, spielt dazu den Klassiker "Let the sunshine in". Es war der Schlusspunkt einer gelungenen Premiere des Musicals der Saison. Schauspielerin Bettina Mönch, die in die Rolle der hübschen Sheila schlüpfte, sagte nach der temporeichen Inszenierung: "Es war bei der Hitze ein Höllenritt, aber am Ende auch eine riesige Party."

"Hair" in Bad Hersfeld, 50 Jahre nach der Uraufführung am New Yorker Broadway - das ist Musik- und Tanztheater im Revue-Format. Regisseur Gil Mehmert sagte nach der zweistündigen Vorstellung: "Die Inszenierung ist gedacht als Trip - als Reise in die damalige Zeit."

Dafür wurde die Bühne in Bad Hersfeld entsprechend gestaltet. Die Stage des legendären Woodstock-Festivals mit ihren gelben Gerüsten diente als Vorbild. Die Musiker saßen in der Stiftsruine nicht wie üblich unten im Orchestergraben vor der Bühne. Diesmal standen sie passend gekleidet, einer Rock-Band ähnlich, hinten im Zentrum der Bühne. Vor dem dadurch verringerten Bühnenraum spielte sich das wuselige Geschehen ab. Dabei reihte sich Song an Song. Hits wie "Aquarius" und "Let the sunshine in" durften dabei nicht fehlen.

Neben dem stimmigen Kostümbild - mit Mode der Flower-Power-Generation - zeigte das Ensemble temporeiche Tänze. Choreographin Melissa King zeigte einmal mehr ihre Klasse und versetzte das etwa 20-köpfige Team der Akteure nahezu fortwährend in Bewegung. Mal lässig, lustvoll oder zugedröhnt im Drogen- und Liebesrausch, mal energetisch. Und auch mal nackt. Es ist ein provozierender und nackter Protest der Hippies gegen die Staatsmacht bei einer Demonstration.

In "Hair" geht es um die amerikanische Hippie-Bewegung während der Zeit des Vietnamkriegs. Protestiert wird nicht nur gegen die US-Politik, sondern auch gegen das Establishment, gegen gesellschaftliche Konventionen und das Spießbürgertum der Eltern.

"Hair" - das ist eine Hommage an den "Summer of Love", an die Wertvorstellungen und Aufbruchstimmung einer Generation, die das Land aufzurütteln versuchte.

Um der handlungsarmen Original-Vorlage mehr Gehalt zu geben, kreierte Regisseur Mehmert mit seinem Team eine Mischform: Die Performance von herumlungernden Hippies mit "Love, Peace and Harmony" wurde kombiniert mit Handlungselementen aus der Verfilmung von Milos Forman aus dem Jahr 1979.

Mehmert fügte zahlreiche weitere Motive, Zitate und Figuren hinzu. Sie dienten als Querverweise zur amerikanischen Gesellschaftsgeschichte und zeigten Ikonen der Zeit. Da tauchen Gitarrist Jimmy Hendrix und Künstler Andy Warhol auf, Hollywood-Schauspielerin Liz Taylor und Clint Eastwood als cooler Cowboy - sie reiben sich an den Hippies mit ihrem Denken und Sein.

Ober-Hippie Berger (Riccardo Greco), der charismatische Anführer des wilden Haufens ist, schwebt zu Beginn als Astronaut nach erfolgreicher Mondlandung auf die Bühne.

50 Jahre nach der Uraufführung des Stücks ist es für die Schauspieler in Bad Hersfeld aber nicht nur ein Blick zurück zu einer wilden Anarcho-Epoche. So sagte Mönch: "Das Stück erzählt viel über friedlichen Protest. Der ist wichtig in einer Zeit und einer politischen Landschaft, in der Aggressionen schnell hochkochen und ein Funke reicht, um eine Explosion auszulösen."

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