Album „Closer“ von Nils Wülker und Arne Jansen Hinter dem Himmel
Bonn · Der Jazztrompeter Nils Wülker hat mit dem Gitarristen Arne Jansen das Album „Closer“ aufgenommen. Es ist das erste gemeinsame Duo-Album. Entstanden ist eine CD, bei der man den Lautstärkeregler gerne aufdreht, um die Wärme und Struktur dieser Instrumente zu erleben.
Zuletzt erlebte man den Bonner Jazz-Trompeter Nils Wülker im wohligen Soundbad des Münchner Rundfunkorchesters. „Ich wollte nicht, dass meine Band agiert wie immer und das Orchester Elemente wie Streicherakkorde einfach hinzuaddiert“, sagte Wülker dieser Zeitung zu dem Projekt und der 2022 erschienenen CD „Continuum“, „ich wollte vielmehr, dass Texturen aus der Band in das Orchester übertragen werden, mich interessiert das Hin und Her zwischen Band und Orchester.“
Als Solist fühlte sich Wülker wie auf Händen getragen, „da kann man sich fallen lassen“. Und er spielte „Nika’s Dream“, das er seiner kleinen Tochter gewidmet hat. Die zarteste Nummer auf „Continuum“.
Nika ist inzwischen größer geworden, doch das Lied „Nika’s Dream“ ist immer noch ein ganz zartes Pflänzchen, ein Traum, ein musikalischer Hauch mit einer wunderbar eingängigen Melodie. Wülker interpretiert das Stück auch auf seinem gerade erschienenen Album „Closer“ gemeinsam mit dem Gitarristen Arne Jansen, mit dem er seit 15 Jahren musiziert. Es ist das erste gemeinsame Duo-Album.
Und wenn man den beiden so zuhört, verdichtet sich die Einsicht, dass das eher Wülkers Ding ist als das Projekt sinfonischer Jazz, so interessant die Erfahrung für den Musiker sicherlich war. Der Zuhörer und Jazzfan hat aber mehr davon, wenn er in „Closer“ hineinhört, mit dem hochkonzentrierten, spielerischen Dialog von Trompete und Gitarre, Melodien und Improvisationen, Reibungen und Harmonien.
Gleich im ersten Stück, die durch Johnny Cash berühmt gewordene, klagende Hymne „Hurt“, arbeitet sich die Trompete durch ein monotones Klanggewebe aus Effekten. Was relativ sperrig anfängt, mündet in ein wirklich begeisterndes Trompetensolo. Ungewöhnlich auch „Deep Dive“, eine von mehreren Kompositionen Wülkers, die in ihrer Wildheit aus dem Rahmen dieser CD fällt: Eine schnelle, funky Nummer, die auf Tempo und raffinierte Rhythmik setzt und von diesem tollen Duo präzise und leidenschaftlich umgesetzt wird. Man wünscht sich mehr davon.
Denn ansonsten herrscht Melancholie vor, ruhige, getragene Stücke, Balladen, in denen Wülker und Jansen ihre exzellente Spielkultur zelebrieren: strahlende Trompete, der satte Sound der Akustikgitarre, das einander befruchtende Hin und Her zwischen den Duopartnern. Eine CD, bei der man den Lautstärkeregler gerne aufdreht, um die Wärme und Struktur dieser Instrumente zu erleben. Dass hier an der Soundtechnik Vollprofis am Werk waren, hört man und liest es auf dem Cover: Jay Newland hat schon für Norah Jones und John Scofield den Sound gemischt, Mark Wilder, der Miles Davis, Billie Holiday und Bob Dylan in seiner Kundenkartei hatte, bzw hat, war für das Mastern für Wülker und Jansen in den New Yorker Battery Studios aktiv. Ein Einsatz, der sich geloht hat.
Zwei Höhepunkte gibt es neben dem wirklich bezaubernden „Nika’s Dream“ und dem irritierenden „Hurt“ zu vermelden: „The Gerat He-Goat“ lebt von einem sehr spannenden, mal zugewandten, mal kontroversen Dialog zwischen Trompete und E-Gitarre (von dem berückenden Sound war schon die Rede). Eine sehr schöne Komposition von Jansen. Und da ist noch Wüklers fulminantes Stück „Beyond The Bavarian Sky“, eine feine, gefühlvolle Hymne, eine Hommage an einen Meilenstein der Jazzduo-Tradition: das Album „Beyond The Missouri Sky“ (1997), das der Gitarrist Pat Metheny mit dem Bassisten Charlie Haden aufgenommen hat. Wülker und Jansen setzen mit dem warmen Flügelhorn und der geschmeidigen Akustikgitarre ganz eigene, herrliche Tupfer in den bayerischen Himmel.
Nils Wülker & Arne Jansen: Closer. Warner Music.