Choreograf Dwight Rhoden über „Stardust – From Bach to Bowie“ Kölner Sommerfestival: Erst Barock, dann Rock

Köln · Er war Tänzer bei Alvin Ailey, doch seit den 1990er Jahren führt Dwight Rhoden zusammen mit Desmond Richardson mit dem Complexions Contemporary Ballet ein eigenes Ensemble. Im Juli tanzen sie in der Kölner Philharmonie.

Choreograf Dwight Rhoden über „Stardust – From Bach to Bowie“: Kölner Sommerfestival: Erst Barock, dann Rock
Foto: Sharen Bradford

Auf den ersten Blick scheint das Programm, mit dem sich das New Yorker Complexions Contemporary Ballet im Juli beim Sommerfetival in der Kölner Philharmonie präsentieren will, zugleich überraschend und beliebig: „Star Dust – From Bach to David Bowie“, heißt es. Dass sie die beiden für absolut konträre Genres stehenden Musikernamen für einen Ballett-Abend zusammenzuführen, entspringt denn auch eher der Idee, das weite Spektrum der Company und ihres Chefchoreografen Dwight Rhoden abzubilden, der Complexions zusammen mit dem befreundeten Tänzer Desmond Richardson vor 28 Jahren gründete. Man könnte sogar sagen, dass die Gründungsidee der Company Diversität ist.

„Unsere Company ist multikulturell“

Tatsächlich legt Rhoden großen Wert darauf, dass in der Company  Tänzerinnen und Tänzer unterschiedlichster Herkunft, Hautfarbe und Größe zusammen arbeiten. „Unsere Company ist sehr multikulturell“, bringt Rhoden das in einem Gespräch mit dieser Zeitung auf den Punkt. Das ist ein sehr offensichtlicher Unterschied zum Alvin Ailey American Dance Theater, das ausschließlich schwarzen Tänzerinnen und Tänzern vorbehalten ist. Dennoch hat Alvin Ailey Rhoden wie Richardson enorm geprägt. „Ich habe dort sieben Jahre lang getanzt“, sagt Rhoden, „und Desmond sogar noch ein bisschen länger. Complexions ist zwar eine sehr andere Company als Alvin Ailey, aber sein Geist und sein Einsatz für die Menschlichkeit lebt auch bei uns weiter. Damit hat er uns infiziert. Bei allem, was wir tun.“

Auch stilistisch bildet Complexions einen Gegenentwurf zu Alvin Ailey. „Wie sind eine zeitgenössische Ballett-Company“, wobei die Betonung eindeutig auf den Begriff Ballett liegt. „Unsere Tänzer sind alle klassisch ausgebildet und tanzen auf Spitze“, sagt er. Wenn man Rhoden fragt, welche Choreografen oder Schulen ihn in seiner eigenen Arbeit beeinflusst haben, wiegelt er ab. „Ich fühle mich weniger von anderen Tänzern oder Choreografen beeinflusst“, sagt er. „Meine Arbeit ist mehr durch Musik, durch Kunst oder auch durch den Film inspiriert.“ Die Vielseitigkeit lässt sich auch an der Liste der Companys und Künstler erkennen, für die er in den vergangenen Jahrzehnten Arbeiten kreierte. Ausgehend von Alvin Ailey reicht das vom San Francisco Ballet bis zum Mariinsky Ballett in Sankt Petersburg. Auch für das New York City Ballet hat er choreografiert, jenem Ensemble, das kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von dem großen russischen Choreografen George Balanchine gegründet wurde. Balanchine ist neben Ailey der einzige Choreograf, zu dessen Einfluss auf seine eigene Arbeit sich Rhoden ausdrücklich bekennt. Choreografiert hat Rhoden jedoch auch Shows großer Pop-Stars wie Prince, Lenny Kravitz oder U2. Und auch für David Bowie. Dessen Musik hat er schon in ganz jungen Jahren bewundert. Persönlich kennengelernt hat er Bowie nie.

Dass jemand, der auf der einen Seite die Shows von Pop-Stars durch Tanz belebt und auf der anderen Seite traditionelle und neue klassiche Musik von Bach und Beethoven über Rachmaninow bis hin zu Steve Reich und Michael Nyman  in Tanz übersetzt, beide Sphären an einem Abend zusammenbringt, überrascht eigentlich nicht. Tatsächlich handelt es sich um zwei eigenständige Choreografien: „Bach 25“ von 2019 und „Star Dust“, das Rhoden kurz vor Bowies Tod 2016 fertiggestellt hatte. „Sie verbindet, dass es beides sehr physische Stücke sind“, erläutert Rhoden. „Für mich als Choreograf ist Bach ein sehr interessanter Komponist“, sagt Rhoden. „Ich finde seine Musik ist sehr tanzbar. Sie ist dynamisch und rhythmisch. Ich mag die Stücke sehr, die er für Soloinstrumente geschrieben hat, die Partiten für Solovioline zum Beispiel.“

Ergänzt werden die Stück von Johann Sebastian Bach um einige aus dem Katalog seines Sohnes Carl Philipp Emanuel Bach. „Ich habe das Stück eigentlich nur gemacht, weil ich die Musik, die ich dafür ausgewählt habe, so sehr liebe.“ Die „25“ im Titel verweist lediglich  auf den Anlass: Das Stück entstand zum Silberjubiläum der Company im Jahre 2019.

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