GA Krimi-Kolumne: Tatort Kiel Lange nicht so gut

Besser als mit Loch im Kopf hat Borowski lange nicht ermittelt, findet GA-Krimikolumnist Daniel Schauff. Des Kommissars Krankenhausaufenthalt schafft etwas Raum für seine Kollegin, aber das ist nicht der einzige Grund, warum dieser Krimi so interessant war.

Der Fall nimmt Klaus Borowski (Axel Milberg) mit. Eine Szene aus «Tatort: Borowski und die große Wut»

Der Fall nimmt Klaus Borowski (Axel Milberg) mit. Eine Szene aus «Tatort: Borowski und die große Wut»

Foto: dpa/Thorsten Jander

Was bedeutet es eigentlich, wenn im Tatort die Ermittler reihenweise umfallen, k.o. gehen und ihren Mitermittlern das Feld überlassen müssen. Zwangsläufig, mit Loch im Kopf oder so. Beispiele? Murot (Ulrich Tukur). Boerne (Jan-Josef Liefers). Und jetzt: Borowski (Axel Milberg). Auch das noch. Immerhin bietet das Kollegin Sahin (Almila Bágriacik) ein bisschen mehr Bühne als bisher. Ach, schau an, das könnte es sein. Bühne frei für den Nachwuchs. Weg mit dem alten Geschirr. Bei Borowski ein realer, aber trauriger Gedanke. Immerhin gehört er nach wie vor zum besten, was die Tatort-Kommissarenriege noch vorhält. Selbst wenn er in jüngster Zeit ein wenig über seine eigene Trotzigkeit und Uneinsichtigkeit gestolpert ist.

Das macht sich „Borowski und die große Wut“ zunutze. Insofern, als dass des Ermittlers oft allzu leichtsinnige Forschheit zwangsweise innerhalb der Krankenhauswände abspielen muss. Verlässt er sie, und sei es nur in Richtung Keller, wird er bestraft. Kreislauf.

Und weil Borowski quasi verhindert ist, muss es auch die Täterin sein. Die liegt zwar nicht im Krankenhaus, bleibt aber in 90 Prozent des Films eine Stimme. Eine ziemlich eindringliche. Taucht Celina (Caroline Cousin) mal im Bild auf, ist sie vor allem still. Ein spannender Kniff (Buch: Eva und Volker A. Zahn).

Denn während die Ermittler mit großem Ehrgeiz nach der vermeintlichen Täterin suchen, ist es der gefangene Borowski, der der körperlosen Celina am nahesten kommt. Rein psychologisch, versteht sich.

Kurz driftet der Kieler Krimi (Regie: Friederike Zahn) gefährlich nah in Richtung Murot ab, die Bildsprache (Kamera: Sten Mende) wirkt mitunter fast traumhaft, manchmal albtraumhaft. Die kurze Romanze zwischen dem kopfgelöcherten Borowski und der schönen Raucherin mit Tumor im Kopf wirkt etwas deplatziert, auch wenn die Freude, die Borowski daran hat, guttut. Gut nur, dass der Krimi die Kurve kriegt.

Borowski wusste es doch

Ein bisschen schade: Dass die flüchtige Celina, die Borowski gern für unschuldig hält, doch schuldig ist, ist keine Überraschung. Und es wirkt fast so, als sei auch der Kommissar selbst nicht wirklich erstaunt. Nein, er wusste wahrscheinlich die ganze Zeit, dass er mit einer eiskalten Killerin, Kindsentführerin und psychisch schwer Kranken telefoniert. Auch mal im krankenhausinternen Blumenladen. Eine Szene, die in jeder französischen Krimikomödie aus den 1970er Jahren bestanden hätte.

Borowski war lange nicht so gut wie er diesmal war. Das letzte Mal vielleicht, als er noch mit Kollegin Brandt (Sibel Kekilli) ermitteln durfte. Oder als er noch seinen Passat fuhr, den er damals auf einem Feldweg einfach abgeschossen hat. Diesmal geht wieder ein Auto kaputt. Zufall?

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