Tod mit 83 Mexikos Kunstszene trauert um José Luis Cuevas

Mexiko-Stadt · Er brach mit dem politischen Impetus des Muralismus und stand für eine freiere Kunst. Mit seinem provokanten Stil stieß der Maler und Bildhauer in seiner Heimat zunächst auf Unverständnis. Heute gilt er dort als einer der großen Künstler des 20. Jahrhunderts.

 José Luis Cuevas galt als Entfant terrible der mexikanischen Kunstszene.

José Luis Cuevas galt als Entfant terrible der mexikanischen Kunstszene.

Foto: Marco Ugarte

Rastloser Provokateur und vielseitiger Künstler: Der mexikanische Maler, Bildhauer und Schriftsteller José Luis Cuevas ist tot. Er starb am Montag im Alter von 83 Jahren in Mexiko-Stadt, wie die Regierung mitteilte.

"Als Künstler Mexikos und der Welt wird José Luis Cuevas immer als Sinnbild für Freiheit, Schaffenskraft und Universalismus in Erinnerung bleiben", schrieb Präsident Enrique Peña Nieto auf Twitter.

Cuevas galt als bekanntester Vertreter der "Generation des Bruchs" in den 50er Jahre, die sich vom Muralismus und der politischen und nationalistischen Kunst dieser Epoche lossagte. Der Muralismus war nach der Mexikanischen Revolution ab den 20er Jahren die dominante Kunstform in dem Land. Auf großflächigen Wandgemälden nahmen Künstler wie Diego Rivera, David Alfaro Siqueiros und José Clemente Orozco vor allem zu politischen, gesellschaftlichen und historischen Themen Stellung.

Die Bilder in öffentlichen Gebäuden stellten häufig Arbeiter und Bauern dar, zeigten Szenen aus der Revolution oder verherrlichten das indigene Leben. Damit sollte auch den zahlreichen Analphabeten die Geschichte des Landes näher gebracht werden. Cuevas war dieses Sendungsbewusstsein zuwider. Er wollte eine freiere, abstraktere Kunst. Seine Plastiken zeigen oft Menschen mit grotesk verdrehten Gliedmaßen und ineinanderfließende Körper. Die Skulpturen vereinen Elemente der europäischen Klassik mit indigenen Ausdrucksformen.

"Das Rebellentum von José Luis Cuevas wird in seinem plastischen Werk weiterleben, gesegnet mit avantgardistischem Geist und ästhetischem Scharfsinn", sagte der Kulturminister von Mexiko-Stadt, Eduardo Vázquez Martín. Die Chefin der Buchmesse von Guadalajara, Marisol Schulz, sagte: "Mit José Luis Cuevas stirbt eine ganze Epoche des künstlerischen und kulturellen Lebens in Mexiko. Er war eine ebenso kontroverse wie faszinierende Persönlichkeit."

An Selbstbewusstsein mangelte es ihm nicht: Er hielt sich für einen "großartigen Liebhaber", "einen besseren Maler als Diego Rivera" und "einen unübertrefflichen Künstler." In der Papier- und Bleistiftfabrik seiner Großvaters kam Cuevas schon in jungen Jahren mit der Kunst in Berührung. Als Siebenjähriger gewann er mit einem Selbstporträt als Arbeiterkind einen nationalen Malwettbewerb. Schon als Kind schrieb er sich in einer renommierten Kunstschule ein.

Cuevas stellte unter anderem im Kunstzentrum Königin Sofia in Madrid und im Museum für Moderne Kunst in Paris aus. 1977 nahm er an der Documenta 6 in Kassel teil. Cuevas erhielt zahlreiche internationale Preise und Auszeichnungen, darunter den französischen Orden der Künste und der Literatur. In Mexiko galt er als "Enfant terrible" der Kunstszene, lange Zeit wurde sein Werk in seiner Heimat nicht gezeigt. Kulturministerin María Cristina García würdigte ihn nun als "einen unserer größten Bildhauer des 20. Jahrhunderts".

Der mexikanische Literaturnobelpreisträger Octavio Paz beschrieb Cuevas als "einen fleischfressenden Künstler, dessen besondere Anziehungskraft in seinem beweglichen Witz, den geschmeidigen Bewegungen, der elegante Wildheit seiner Zeichnungen und der grotesken Fantasie seiner Figuren begründet liegt".

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