Neue Edition sämtlicher Werke Mozart stürmt die Hitparaden
Bonn · Die aus Anlass des 225. Todestages des Salzburger Genies erschienene Box mit 200 CDs ist schon jetzt ein Bestseller.
Mit seiner provokanten Meinung, Wolfgang Amadeus Mozart sei als Komponist völlig überschätzt und eher zu spät als zu früh gestorben, hat sich die kanadische Klavierlegende Glenn Gould verständlicherweise nicht durchsetzen können. Die Liebe der Menschen zur Musik des Salzburger Genies ist auch Jahrzehnte nach diesem Urteil immer noch grenzenlos, er wird bewundert, gefeiert und gehört. Der 225. Todestag des Komponisten am vergangenen Montag war für die zu Universal gehörenden Traditionslabel Decca und Deutsche Grammophon Anlass, die größte CD-Gesamtedition seiner Werke in einer nummerierten und limitierten, aus 200 CDs bestehenden Edition aufzulegen. Sie entstand in Zusammenarbeit mit der Stiftung Mozarteum Salzburg und ist die wohl umfassendste wissenschaftlich fundierte Mozart-Edition aller Zeiten und deutlich umfangreicher als die Vorgängergesamtausgabe, die zu Mozarts 200. Todestag 1991 herausgegeben worden war.
In Zeiten von Spotify und anderen Streamingdiensten, wo die meisten der Aufnahmen ohnehin abgreifbar sind, erscheint ein solches Unterfangen fast schon ein wenig aus der Zeit gefallen. Doch offenbar gibt es eine Nachfrage, was die Wertigkeit von reproduzierter Musik angeht. Das erlebt die Plattenindustrie derzeit mit den wachsenden Zahlen beim Verkauf von Vinyl-Scheiben. Dass die „Mozart 225“-Box einen Nerv trifft, zeigen die Verkaufszahlen. Der Branchendienst „Billboard“ berichtet, dass seit der Veröffentlichung am 28. Oktober bereits 6250 Einheiten verkauft wurden, was an CD-Stückzahlen die stolze Summe von 1,25 Millionen ergibt. Davon können selbst die großen Stars der Gegenwart nur träumen.
Das Paket ist ein Fest für Freunde audiophiler und bibliophiler Editionen. Wenn man die monumentale Schachtel öffnet, liegt obenauf ein Umschlag mit ein paar Faksimiles von Partiturhandschriften und Briefen und das letzte Porträt des Komponisten. Es folgen zwei großformatige Bücher in deutscher Sprache (keine mehrsprachigen Booklets also) mit Werkkommentaren und einer neuen Mozart-Biografie von Cliff Eisen. Auch das auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebrachte Köchelverzeichnis findet sich hier. Vertiefend kann man sich online alle Libretti und Übersetzungen ansehen, dazu wurde eine spezielle „Mozart 225 Libretto-App“ entwickelt, die über einen der limitierten Edition beiliegenden Zugangscode genutzt werden kann.
Bei den Aufnahmen greifen die Labels überwiegend auf ihren großen Backkatalog zurück, viele der Einspielungen sind auch auf der 91er Gesamtedition zu finden, aber auch jüngere Interpreten sind darunter, wie zum Beispiel der Dirigent Yannick Nézet-Séguin, dessen „Don Giovanni“ Eingang gefunden hat.
Die auf vier Boxen zu je 50 CDs verteilten Werke sind nach Genres und Gattungen geordnet, Orchestermusik, Oper, geistliche Musik, Kammermusik. Darunter sind auch einige echte Fundstücke wie Fragmente, die bislang noch nie auf CD zu hören waren, Werke unsicherer Herkunft oder auch Mozarts Bearbeitungen etwa von Werken wie Georg Friedrich Händels Oratorium „Messias“. Vieles wurde eigens für die Sammlung erst eingespielt. Sie Sammlung enthält allein 30 CDs mit Alternativ-Einspielungen der bekanntesten Werke Mozarts, damit der Hörer die Möglichkeit eines Vergleichs zwischen konventionellen Interpretationen und solchen mit historischen Instrumenten hat.
So kann man etwa das Klavierkonzert Nr. 27 in B-Dur KV 595 einmal mit den English Baroque Soloists unter Leitung von John Eliot Gardiner und Malcolm Bilson am historischen Fortepiano hören und sie mit der wunderbaren Aufnahme desselben Konzertes mit den von Karl Böhm geleiteten Wiener Philharmonikern und Emil Gilels am modernen Flügel vergleichen. Auch viele der Sinfonien sind in doppelter Ausführung vorhanden. Den „Figaro“ gibt es im historischen Klang mit dem Drottningholm Court Theatre Orchestra & Chorus unter Leitung von Arnold Östman und in traditionellem Klanggewand in einer historischen Aufnahme Erich Kleibers mit den Wiener Philharmonikern – eine Sternstunde.
Auch wenn das ganze Paket überaus edel und wertig daherkommt, fällt der Preis moderat aus. Für 360 Euro ist das Paket etwa im Online-Versand zu haben, das sind 1,80 Euro pro CD.