Koreanischer Film „Parasite“ erzählt eine Geschichte von Arm und Reich

Bonn · „Parasite“ erzählt der koreanische Filmemacher Joon-ho Bong eine Geschichte von Arm und Reich.

 Park So Dam (l) als Ki-jung und Choi Woo Shik als ihr Bruder Ki-woo in einer Szene des Films "Parasite".

Park So Dam (l) als Ki-jung und Choi Woo Shik als ihr Bruder Ki-woo in einer Szene des Films "Parasite".

Foto: dpa/-

Der Blick aus dem Fenster ist auf Augenhöhe zur Straße, wo gerade ein junger Mann zwischen Mülltüten seine Blase entleert. Die Kamera fährt zurück und gibt die Sicht frei auf die Kellerwohnung, in der die vierköpfige Familie lebt. Die Hand mit dem Smartphone zur Decke gereckt, geht die Tochter durch die Zimmer der verkramten Behausung und wird schließlich oben auf der Fensterbank der Toilette fündig.

Nur hier hat sie den begehrten WLAN-Empfang aus einem benachbarten Café und den Kontakt zum Rest der Welt. Im wörtlichen und metaphorischen Sinne lebt die Familie Kim im koreanischen Seoul am untersten Ende der gesellschaftlichen Hierarchie. Mit routinierter Gelassenheit erträgt sie die prekären Verhältnisse, bis der Sohn von einem Freund einen Job als Nachhilfelehrer bei der schwerreichen Familie Park vermittelt bekommt.

Das geräumige Haus ist mit hohen Mauern von der Außenwelt abgeschirmt. Durch das riesige Fenster im Wohnzimmer schaut man in den Garten, wo die automatische Sprinkleranlage für immergrünen Rasen sorgt. Die Hausherrin und fürsorgliche Mutter zeigt sich beeindruckt von den (gefälschten) Diplomen und stellt Ki-woo (Choi Woo-shik) sofort ein. In den nachfolgenden Wochen sorgt dieser mit strategischem Geschick dafür, dass seine ganze Familie als Bedienstete der Parks eingestellt wird. Schwester Ki-jung (Park So-dam) wird als Kunsttherapeutin für den verstörten Sohn unter Vertrag genommen, der Vater (Song Kang-ho) als Chauffeur und die Mutter (Jang Hye-jin) als Haushälterin.

Ohne dass die Arbeitgeber von der verwandtschaftlichen Verbindung etwas ahnen, unterwandern die Kims den Haushalt der reichen Familie. Schon in seinem vorletzten Film „Snowpiercer“ (2013) hatte der koreanische Filmemacher Joon-ho Bong die gesellschaftliche Diskrepanz zwischen Arm und Reich im filmisch-metaphorischem Raum erforscht. Anfangs scheint sein neuer Film „Parasite“ sich mit genauen Milieuschilderung eher dem sozialen Realismus zu verpflichten. Aber mit dem Einzug der Unterprivilegierten in das Luxusdomizil wird bald klar, dass der Regisseur auch hier auf eine symbolische Erzählweise setzt, die sich nicht vom Korsett des Realismus einengen lässt.

Bei der Kollision der Klassengegensätze kommt es zu überraschenden Plotwendungen, wagemutigen Genresprüngen und tragikomischen Wechselbädern. Dabei findet Joon-ho Bong immer wieder Bilder von starker Poesie und Symbolkraft, aber auch zu skurrilen Szenen, die auf die Absurdität der Verhältnisse verweisen.

Der Humor rutscht jedoch nie in den Bereich der Karikatur, sondern bleibt nahe an den Figuren, die auf beiden Seiten liebevoll und differenziert gezeichnet werden. All dies summiert sich zu einem stimmigen und äußerst originellen Gesamtkunstwerk, das in Cannes zu Recht mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde.

Kinopolis, Rex

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