Blue & Lonesome Rolling Stones: Hommage an ihre frühen Jahre

Berlin · Die schier unendliche Geschichte der Rolling Stones geht weiter. Mit ihrem 23. Studioalbum "Blue & Lonesome" kehren die Briten zurück zu den Band-Wurzeln - und zwar nach langer schöpferischer Pause.

 Die Stones haben es immer noch drauf.

Die Stones haben es immer noch drauf.

Foto:  Hans Klaus Techt

Sie werden als Rock-Opas und lebende Fossile betitelt - doch all das hält die Rolling Stones nicht davon ab, auch nach mehr als 50 Jahren im Musik-Business einfach weiter zu rocken.

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft bringt die britische Kultband um Mick Jagger (73) ihr neuestes Werk "Blue & Lonesome" auf den Markt. Mit zwölf neuen Songs, allesamt Cover handverlesener Blues-Klassiker aus den 1950er- und 1960er-Jahren, wollen die Engländer zurück zu ihren Wurzeln. Zuletzt gönnten sich die Altstars eine rekordverdächtig lange schöpferisch-musikalische Pause: Ganze elf Jahre ließ das 23. Studioalbum auf sich warten - nun ist es da.

Liebhaber von Stones-Eigenkompositionen kommen diesmal allerdings nicht auf ihre Kosten, dafür die Anhänger von feinstem Blues. Auf dem neuen Album sind beispielsweise Interpretationen von Songs der Blues-Legenden Howlin' Wolf, Walter Jacobs alias Little Walter, Willie Dixon und Jimmy Reed zu hören. Das Plattencover ziert die große klassische Rolling-Stones-Zunge in bluesig-rauchigem Blau: Sie steht für messerscharfe Gitarrenriffs und Jaggers markante Vocals, die mal zerrend-blökend, mal schmutzig-rauchig, mal lasziv-sexy daherkommen. Trotz Jaggers Alter hat die Stimme des Bandleaders noch immer nichts an markanter Eigenwilligkeit eingebüßt.

Binnen beachtlichen drei Tagen haben die Altrocker das Album vor einem Jahr in den Londoner Grove Studios aufgenommen - nur einen Steinwurf entfernt von der Themse-Insel Eel Pie Island, auf der die Band in jungen Jahren in Pubs und Clubs durchstartete. Weil Stones-Freund und Musiker Eric Clapton zur gleichen Zeit im Studio nebenan sein eigenes Album aufnahm, unterstützte er die Band um die beiden Alphatiere und langjährigen Streithansel Jagger (Gesang, Mundharmonika) und Keith Richards (Gitarre) sowie Charlie Watts (Schlagzeug) und Ronnie Wood (Gitarre) bei zwei Songs. Mit von der Partie sind außerdem wieder die langjährigen Tour-Musiker der Stones, Darryl Jones (Bass), Chuck Leavell (Keyboards) und Matt Clifford (Keyboards).

Wer nun von einer Band mit Männern jenseits der 70 noch einmal große Experimente erwartet, wird enttäuscht. Die schier unendliche Geschichte der Rolling Stones, der vielleicht dienstältesten Band der Welt, wird stattdessen um ein weiteres solides Album ergänzt. Mit legendären Erfolgsplatten wie "Let it Bleed" (1969), "Sticky Fingers" (1971) oder "Exile on Main St." (1972) kann "Blue & Lonesome" aber sicherlich nicht verglichen werden.

Die ungeschliffenen, dreckig-rockigen Bluessongs und die lässigen Klänge erinnern dafür unwillkürlich an die 1960er Jahre, an die Gründungszeit der Stones also. "Die Band hat auf dem Album die besten Blues-Songs gecovert und sie auf Stones-Art interpretiert", sagt Mitproduzent Don Was. Authentizität vermittelt, dass die Cover-Versionen wenig bis gar nicht nachbearbeitet wurden.

In die Platte hineingezogen wird man durch Jaggers ausgezeichnete Mundharmonikakünste, die nicht nur in "Just Your Fool" (Original 1960 von Little Walter) zur Geltung kommen. Auch "I Gotta Go" (Original 1955 von Little Walter) geht temporeich ab, klingt jung und lässig. Eingängige Klänge erleben Stones-Fans bei "Hate To See You Go" und "I Can't Quit You Baby". Gerade nach der langen schöpferischen Pause dürfte das Back-to-the-roots-Album wieder zum Selbstläufer werden - vielleicht sogar gerade wegen des Verzichts auf Experimente.

Das Album "Blue & Lonesome" erscheint am 2. Dezember bei Universal Music.

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