Bilder aus Assads Folterkeller Roman über die Schrecken in Syrien

Bonn · Der Autor Achim Zons hat einen Thriller über den Syrischen Bürgerkrieg geschrieben. Zons war lange Jahre leitender Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“ und versteht sich auf präzise Recherche

 Ein exzellenter Erzähler: Achim Zons. FOTO: MUKHERJEE

Ein exzellenter Erzähler: Achim Zons. FOTO: MUKHERJEE

Foto: Mukherjee

„Er sah wild um sich schlagende Arme, gelbe Schwimmwesten, die für immer im Dunkel des Wassers verschwanden.“ Diese Albträume suchen den Journalisten David Jakubowicz heim, seit er ohnmächtiger Helfer und Augenzeuge einer tragisch missglückten Familienflucht aus Syrien wurde. Dort freilich war er auch beim Attentat auf den Oppositionsführer in verdächtiger Nähe, weshalb ihn nun in einem Schweizer Sanatorium Tilda Hansson und Jonas Boldt vom BND verhören. Den Geheimdienst beschäftigen freilich auch die Anschläge auf engste Vertraute des Diktators Baschar al-Assad. Zumal dessen soeben erschossener Leibarzt ein Maulwurf des BND war.

Kaum zu glauben, dass Jakubowicz auch in diese Attentatsserie verwickelt ist. Doch so undurchschaubar Achim Zons' Roman „Beim Schrei des Falken“ auch beginnt – der Münchner Autor macht dank raffinierter Rückblendentechnik nach und nach alle Verbindungslinien zwischen Personen und Ereignissen plausibel.

Da gibt es die dubiosen Strippenzieher der deutschen Sicherheitsfirma Blackhawk, die offenbar mit Duldung höchster Stellen defekte Waffen und unbrauchbare Schwimmwesten in die Kriegsregion schafft. Vor allem aber fokussiert sich das Drama auf einen ominösen Mann, der den Decknamen Caesar trägt, allen Grund zum Hass auf Assad hat – und Präzisionsschütze ist.

Dieses Phantom heißt eigentlich Tarun Hamimi und war Militärfotograf, der auch die Gräuel in den Foltergefängnissen des Regimes dokumentieren musste. Nachdem er dort eine schreckliche Entdeckung zu viel machte, ist er untergetaucht. Und Jakubowicz könnte wissen, wo er sich versteckt.

Blick auf die inneren Dämonen

Zons war lange Jahre leitender Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“ und versteht sich auf präzise Recherche, klare Sprache und elegante Tonartwechsel zwischen Reflexion und Action. Gebannt lauscht man den Verhören der beiden Geheimdienstler, die indessen zugleich Rivalen sind. Ebenso überzeugend: der Blick auf die inneren Dämonen von Jakubowicz, den Zons schon in seinem Thrillerdebüt „Wer die Hunde weckt“ einführte. Gesponnen wurde das reißfeste Erzählgarn des aktuellen Romans um einen wahren Kern, einen Helden der Realität. Es ist jener ominöse Fotograf, der Assads Foltersystem belegte, die Bilder außer Landes schmuggelte und nun mit verschleierter Identität an unbekanntem Ort lebt. Über ihn hat die französische Journalistin Garance Le Caisne das Buch „Codename Caesar“ geschrieben, das ebenfalls bei C.H. Beck erschienen ist. Zons erfindet für diesen Mann eine glaubhafte Biografie, die sich mit der von Jakubowicz folgenschwer verhakt.

Ein ebenso spannendes wie erschütterndes Buch, das keinerlei Moralpredigt braucht, um den Leser mit der Idee des Tyrannenmords sympathisieren zu lassen.

Achim Zons: Beim Schrei des Falken. Roman, C.H. Beck, 430 S., 16,95 Euro.

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