GA Tatort-Kolumne Fall mit Fallstrick

Bonn · In der noch nicht ganz so langen Reihe der Dresdner Tatorte rangiert der neue Sachsenkrimi im Ersten auf den unteren Plätzen. Im Gesamtvergleich schneidet der neue Tatort aber gut ab. Erwartungsgemäß, findet der GA-Krimi-Kritiker Daniel Schauff.

Darniedergepflanzt: Gorniak und Schnabel am Tatort im neuen Dresden-Tatort.

Darniedergepflanzt: Gorniak und Schnabel am Tatort im neuen Dresden-Tatort.

Foto: dpa/Hardy Spitz

Es geht. Ein ganzer Krimi, 90 Minuten, ohne persönliche Dramen in den vermeintlich zerrütteten Lebensverhältnissen, in denen die Tatort-Kommissare sonst so leben. In eineinhalb Stunden einmal ganz kurz der Hinweis, dass es dem Chef nicht so gut geht. Kein Wunder, in der letzten Tatort-Folge aus Dresden war er fast tot. Jetzt ist er wieder schlecht gelaunt wie eh und je und kommt seiner Aufgabe nach, wenigstens einen Hauch Sächsisch in den Sachsen-Tatort zu bringen. Was für eine Wohltat, nachdem sich die Ermittler in Berlin, Köln, sogar die Spaßdetektive aus München beim Weihnachtstatort erst mal mit ihren eigenen Problemen rumschlagen mussten, bevor sie sich um den eigentlichen Fall kümmern konnten.

Tatort Dresden: Fallstrick Fallfokus

Nun hat so ein Fokus auf den Fall einen (Vorsicht: Wortspiel) Fallstrick. Der Fall muss nämlich gut sein, weil sich der Zuschauer nur auf ihn konzentriert. Dresden hat in der Hinsicht bisher nicht einmal enttäuscht, im Gegenteil: Aus Dresden kamen die mittlerweile überraschendsten Fälle des gesamten Tatort-Universums. Hin und wieder vielleicht ein bisschen zu übertrieben, wenn der Täter beispielsweise in einer verfallenen Villa ein Gruselkabinett aus drapierten Leichen aufbaut. Trotzdem haben die Sachsen immer wieder die Kurve bekommen, auch wenn die Kurve mitunter recht scharf war.

Mit Blick auf das, was der Tatort-Fan mittlerweile aus der Landeshauptstadt des Freistaats erwartet, war der neue Dresdner Fall fast schwach. Dass der arme Juri, ein Kind, gefangen im Körper eines Erwachsenen, nichts mit dem Mord an der Mamagärtnerin zu tun hatte, dürfte von Anfang an klar gewesen sein. Vielleicht sollte auch der Ehemann, Fremdgänger, nicht der beste Freund des Mordopfers, zwischendrin den Verdacht der Zuschauerschaft auf sich lenken. Wenn ja, hat das nicht geklappt.

Chef Schnabel: Bitte weitermeckern

Dass Töchterchen etwas mit dem Hammerschlag zu tun hatte, schien die ganze Zeit über doch deutlich wahrscheinlicher. Und die Kinderklau-Sache ist auch nicht neu. Also war irgendwo mittendrin einigermaßen klar: Die Frau war’s. Fragte sich eben nur: welche? Töchterchen eins oder zwei. Warum dem Mann beim Schäferstündchen die fehlende Schlüsselbeinnarbe nicht aufgefallen ist? Das bleibt wohl das Geheimnis der Drehbuchschreiber.

Deren Geheimnis bleibt es bisher auch, was nun mit Chef Schnabel ist. Nachwehen vom Fasttod oder sächsisches Unkraut, das nie vergeht und fröhlich weiter meckert? Letzteres wäre den meisten Tatort-Dresden-Fans wahrscheinlich deutlich lieber.

Das Sachsen-Fazit: Ein durchschnittlicher Krimi, vorhersehbar, ansehbar, wenig überraschend und doch besser als vieles, was aus der Durschnittstatortschmiede so kommt.

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