GA-Krimi-Kolumne Der Tatort aus dem Schwarzwald ist ein Dorftrauma
Man wünscht den Ermittlern ein schneefestes Auto. Sonst bleiben wenige Wünsche offen nach dem neuen Schwarzwald-Tatort, findet GA-Krimi-Kolumnist Daniel Schauff.
Es passiert gar nicht so oft, dass man jemandem einen leistungsstarken SUV ans Bein wünscht. Als sich aber der schicke Kombi der Kommissare um die schneematschige Kurve quält, passiert genau das. Wie gut, dass der Schnee immer mal wieder verschwunden ist, selbst der Matsch, den Schneeschmelze so gern hinterlässt. Da tut’s auch wieder der Kombi, der weiter blitzt und blinkt. Dank der freundlichen Unterstützung eines Autobauern aus der Gegend natürlich. Dem Stern sei Dank.
Die beiden Schwarzwald-Ermittler Franziska Tobler (Eva Löbau) und Freidemann Berg (Hans-Jochen Wagner) haben sich diesmal überraschend wenig zu sagen. Das hat Vorteile, rückt die Kommunikationsfaulheit der beiden Beamten doch den eigentlichen Inhalt des Krimis in den Vordergrund. Der funktioniert prima ohne Nebenschauplatz im Revier. Es geht um einen alten Mord, die Wiederaufnahme der Ermittlungen in einem kleinen Dorf, das ganz offenbar geprägt ist von dem, was damals geschah. Ziemlich leichtfüßig tappt der Tatort von einem Zeitsprung in den nächsten. Eigentlich ist das gefährlich, Zeitsprünge lassen Zuschauer aussteigen. Das Empfangsgerät bleibt an, der Faden dran. Das ist zumindest kleine, wenn nicht gar große Kunst (Drehbuch: Nicole Armbruster, Regie: Julia Langhof).
Kleine und große Kunst
Große Kunst ist auch, über gut 80 Minuten keinen der Charaktere zum Antagonisten werden zu lassen. Klar, Werner Trödle (Aurel Manthei) ist jetzt nicht unbedingt ein Traumschwiegersohn, aber der Zuschauer mag auch nicht so recht glauben, dass es so einfach ist, dass der Trinken aus dem Dorf auch der Mörder aus dem Dorf ist. Tobler und Berg sind sich auch nicht so sicher, das machen sie zu Beginn schon deutlich.
Also rätseln sie weiter, genau wie der Zuschauer, der auch erst ganz zum Schluss einen Verdacht hat, wer denn hinter der ganzen Misere, dem Dorftrauma stecken könnte. Das Ganze hat fast etwas von einem Kammerspiel, fehlt nur die Kammer. Schauspielerisch ist das alles ziemlich perfekt, dramaturgisch auch. Und das ganz ohne die Dortmunder Aufregung, ohne die Berliner Privatdramen, ohne die Kölner Behäbigkeit. Wenn das mit dem Sonntagskrimi so weitergeht wie in den ersten sechs Wochen des Jahres, wird 2023 ein richtig gutes Krimijahr.