GA-Krimikritik: Der Tatort aus Wien Vom Haar in der Suppe

Moritz Eisner und Bibi Fellner sind gut, so gut wie diesmal aber selten. In diesem Tatort lohnt es sich, den Ermittlern viel Raum zu geben. Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser füllen ihn famos, findet GA-Krimikritiker Daniel Schauff.

Das Ermittlerduo Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ist im Einsatz in „Tatort: Dein Verlust“.

Das Ermittlerduo Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ist im Einsatz in „Tatort: Dein Verlust“.

Foto: dpa/Petro Domenigg

„Spielen Sie mal Älterwerden!“ – „Ok. Halten Sie mein Kaltgetränk.“ Ganz ehrlich – beim standardisierten Überflug der Inhaltsangabe wurde es dem Kritikenkritzler leicht flau im Magen. Täuschend echte Masken, mit denen böse Buben herumlaufen und so tun, als seien sie der Kommissar. Okay, das kann nichts ...

Und dann wurde es. Nun ist das mit der Suche nach dem Haar in der Suppe ja so eine Art Jobbeschreibung für den Krimikolumnisten. Was aber, wenn der Koch Glatze trägt?

Es will sich einfach kein Haar finden lassen in dieser Tatort-Suppe von Sonntag. Allein das Zusammenspiel von Harald Krassnitzer als Moritz Eisner und Adele Neuhauser als Bibi Fellner ist derart gut, dass es sich schon allein moralisch verbietet, den Tatort aus Wien niederzuschreiben. Dass die beiden längst mehr sind als nur Kollegen war längst klar. Einst gab es sogar einen Beinahkuss, den es diesmal wieder gibt. Zugegeben, Moritz ist nicht mehr ganz bei Sinnen, als er mit der Bibi auf dem Sofa lümmelt, beseelt von allen, die mit ihm seinen 60. gefeiert haben. Wohl aber Bibi, die zwar angeheitert, aber noch zurechnungsfähig ist. Eine wunderbare Windschiefe, die noch schiefer wird, als sich Moritz am folgenden Katertag schlicht an nichts erinnern kann.

Am engsten zusammen, wenn sie getrennt sind

Zusammenfinden die beiden im Laufe der nächsten eineinhalb Stunden vor allem dann, wenn sie getrennt sind. Da ist Moritz, den die Indizien so erdrückt haben, dass er in Haft sitzt. Und da ist Bibi, die ihre Lebensversicherung aufgibt, um ihren Moritz aus dem Knast zu holen. Beide wechseln sich ab mit mimischen Meisterleistungen, die zeigen, was Moritz ganz zu Beginn gesagt hatte: Es ist gut so, wie es ist. So soll es bleiben. Nur, dass es gerade in diesem Moment so aussieht, als bleibe nichts so, wie es ist.

Und so rückt die halb hanebüchene Geschichte um einen toten 3-D-Maskenproduzenten und einen unsichtbaren Auftragsmörder immer weiter in den Hintergrund (Drehbuch: Thomas Christian Eichtinger, Samuel R. Schultschick). So weit, dass vor allem Krassnitzer und Fellner, aber auch die übrige Besetzungsriege übers Hanebüchene hinwegspielen, es so weit einrahmen, dass es nicht mehr stört. Moritz und Bibi bekommen Raum, viel mehr als üblich (Regie: Katharina Mückstein), und füllen ihn mit allerbester Schauspielkunst, die für sich stehen darf, weil sich weder Bilder (Kamera: Michael Schindegger) noch Musik (Karwan Marouf) wie leider viel zu oft in den Vordergrund drängen wollen.

Und am Ende – und das ist wichtig – ist alles wieder so, wie’s war. Wie’s weitergehen darf in Wien. 60 ist Eisner gerade geworden. Mit 65 gehen österreichische Männer in der Regel in Pension. Da ist noch Zeit für viele gute Tatorte.