75. Geburtstag von Bruno Ganz Von Faust bis Alpöhi - Eine Hommage an Bruno Ganz

Zürich · Der Schweizer Schauspieler wird am Dienstag 75 Jahre alt. Seine Karriere begann er am Theater in Göttingen und spielte auf zahlreichen Bühnen den Tasso, Hamlet, Odysseus, Prometheus und auch Faust. Sein Auftritt in Wim Wenders "Der amerikanische Freund" machte ihn auch als Filmschauspieler bekannt.

 Bruno Ganz bei den 72. Filmfestspielen in Venedig im September 2015.

Bruno Ganz bei den 72. Filmfestspielen in Venedig im September 2015.

Foto: dpa

Manche Schauspieler üben vor dem Spiegel. Aber nicht Bruno Ganz. Der Schweizer versucht vor allem, die Gestalten zu verstehen, die er spielt. Engel gelingen ihm dabei ebenso überzeugend wie Teufel.

Hamlet, Faust, Prometheus, Hitler - wen und was hat dieser Mann eigentlich nicht gespielt? Heidis Großvater fehlte noch. Vollbart, Filzmütze, freundlich blinzelnde Augen und Ziegenmelken in den Bergen. „Das musste ich noch machen, das ist eine patriotische Pflicht“, sagte der Schweizer Superstar des deutschsprachigen Kinos und Theaters augenzwinkernd, als Ende 2015 die neue „Heidi“-Verfilmung in die Kinos kam. Also hat er auch den Almöhi gespielt, und natürlich mit Bravour. Ein Grund mehr für Ganz, am Dienstag (22. März) seien 75. Geburtstag kräftig zu feiern.

In die Züricher Wiege gelegt war ihm die Schauspieler-Karriere allerdings nicht gerade. „Als Junge war ich krankhaft schüchtern“, berichtete schon vor Jahren Reportern. Ein Lehrer hatte seinen Eltern - der Vater war Fabrikarbeiter, die Mutter stammte aus einer sehr armen Familie in Oberitalien - erklärt, Bruno sei „zurückgeblieben“.

Auch weil er lieber aus dem Fenster schaute und träumte, blieb er schon mal sitzen und verließ die Schule schließlich kurz vor dem Abitur. Dafür entdeckte Ganz die Schauspielerei schon in jungen Jahren als „berauschend“: bei seinem ersten Bühnenauftritt im Konfirmationsunterricht.

Das Züricher Schauspielhaus zog ihn magisch an. Ein befreundeter Beleuchter verschaffte ihm Zutritt. Der Wunsch, selbst auf der Bühne zu stehen, wuchs beim Zuschauen von Mal zu Mal und führte Ganz schließlich - über Abendkurse am Züricher Bühnenstudio und gelegentlichem Schauspielunterricht - 1962 ans renommierte Theater in Göttingen. Dorthin also, wo sich auch schon Götz George seine Sporen verdient hatte.

Später glänzte Ganz unter der Regie von Peter Stein in „Kleists Traum vom Prinzen Homburg“ an der Berliner Schaubühne. Auf etlichen deutschen Bühnen war er auch Tasso, Hamlet, Odysseus, Prometheus, Faust oder Ibsens Bauernsohn Peer Gynt. Beim Theaterpublikum längst hoch geschätzt, wurde der Schweizer mit den freundlichen Augen und der zugleich oft grüblerisch wirkenden Mimik 1977 mit Wim Wenders' „Der amerikanische Freund“ auch als Filmschauspieler weithin bekannt.

In Werner Herzogs „Nosferatu“ war er zwei Jahre später das Dracula-Opfer Jonathan Harker. Eindrucksvoll und hoch gelobt war auch seine Darstellung eines von Selbstzweifeln geplagten Kriegsberichterstatters in Volker Schlöndorffs „Die Fälschung“ (1981). Kritiker und Publikum begeisterte er 1987 gleichermaßen im Wenders-Film „Der Himmel über Berlin“. Ganz, der abwechselnd in Berlin und Zürich lebt, spielte darin den Engel Damiel, der aus Zuneigung zu den Menschen auf seine Unsterblichkeit verzichtet.

Dieselbe erlangte der vielfach ausgezeichnete Schweizer Star 2004 ausgerechnet in der Rolle des Adolf Hitler in „Der Untergang“ von Bernd Eichinger (Drehbuch) und Oliver Hirschbiegel (Regie). Den Nazi-Diktator gab er so verstörend, so unheimlich und doch so lebensecht und nachvollziehbar, dass seitdem Hitler-Darsteller unwillkürlich an Ganz' Spiel gemessen werden.

Beigetragen hat sicher auch ein wenig, dass es den Maskenbildnern nicht schwer fiel, Ganz wie Hitler aussehen zu lassen. Ihn habe es „umgehauen, wie sehr ich Hitler ähnlich sah“, sagte der Schauspieler am Rande der Dreharbeiten. „Wenn ich ein Deutscher wäre, könnte es gut sein, dass ich das nicht spielen würde.“

Dass Ganz jene Gestalt, die der Welt als Verkörperung des Bösen gilt, glaubwürdig als den „Menschen Hitler“ ohne Spur von Effekthascherei geben konnte, zeugt von seinem grandiosem handwerklichen Können. „Wenn ich eine Rolle einschätze und mir vorstelle, was dieser Mensch in dieser Situation empfindet, was er tut, wie er redet, denke ich nicht an den Effekt“, sagte Ganz 2010 der „Zeit“. „Ich würde mich niemals vor einen Spiegel stellen und gucken, was mein Spiel für eine Wirkung haben könnte.“

Vielleicht liegt es mit daran, dass Regisseure Ganzgern für Rollen haben möchten, in denen er seine „grüblerisch-melancholischen“ Ader ausleben kann. Doch er kann auch ganz anders: Ein enger Freund, der Schriftsteller und Dramatiker Botho Strauß, nannte Ganz einmal einen „Rasenden“, dem „auch im höchsten Furor jedes Wort noch Waffe“ sei.

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