Ukrainische Matinee Vom Horizont ins Zentrum im Bonner Opernfoyer

Bonn · „Vom Horizont ins Zentrum“ lautete das Motto der Matinee mit dem Ziel, interdisziplinäre Kostproben aus der Vielfalt der ukrainischen Kultur zu servieren. Im Bonner Opernfoyer setzten die Organisatoren in erster Linie auf zeitgenössische Künstler.

Im Bonner Opernfoyer setzten die Organisatoren in erster Linie auf zeitgenössische Künstler.

Im Bonner Opernfoyer setzten die Organisatoren in erster Linie auf zeitgenössische Künstler.

Foto: Stefan Knopp

„Wir haben in Bonn einige Spuren gefunden, die von hier in die Ukraine führen – und zurück“, sagte Almuth Voß, Leiterin des Bonner Literaturhauses zum Auftakt einer ukrainischen Matinee am Sonntagvormittag im Opernfoyer. Gemeinsam mit dem Theater Bonn und der Abteilung für Osteuropäische Geschichte der Universität Bonn hatte das Literaturhaus kurzfristig jene Veranstaltung zu freiem Eintritt auf die Beine gestellt. Ideengeber für die Matinee war der Osteuropa-Historiker und Bonner Uni-Professor Martin Aust, der zusammen mit Voß moderierte.

Organisatoren setzen in erster Linie auf zeitgenössische Künstler

„Vom Horizont ins Zentrum“ lautete das Motto der Matinee mit dem Ziel, interdisziplinäre Kostproben aus der Vielfalt der ukrainischen Kultur zu servieren. Und ebendiesen kulturellen Reichtum ein Stück weiter aus dem Schatten der russischen Kultur hervorzuholen. Im Bonner Opernfoyer setzten die Organisatoren in erster Linie auf zeitgenössische Künstler. Die Geigerin Victoria Gusachenko, im Beethoven Orchester Bonn die Erste Violinistin, wurde 1988 in Kiew in eine Musikerfamilie geboren. Gemeinsam mit ihrer vier Jahre jüngeren Schwester, der Pianistin Galina Gusachenko, gibt sie international Konzerte.

Während ihres jüngsten Bonner Auftritts im Opernfoyer beeindruckten die Geschwister durch ihre hingebungsvolle Interpretation ausgewählter Stücke von MyroslawSkoryk, VasylPopadiuk und nicht zuletzt WalentynSylvestrow (Jahrgang 1937), der im März 2022 nach der russischen Invasion mit Tochter und Enkelin nach Berlin geflohen war. „Wir Ukrainer sind ein fröhliches Volk – normalerweise“, sagte Victoria Gusachenko im Gespräch mit Martin Aust. „Wir singen und tanzen viel. Momentan erklingen überall auf der Welt ukrainische Lieder, und das hilft uns sehr in dieser schwierigen Zeit.“

Leidenschaftliche Liebeserklärung an die Ukraine

Nach den Gusachenko-Schwestern folgten zwei Mitglieder des Schauspielensembles Theater Bonn mit kurzen Lesungen. Timo Kählert las aus „Museum der vergessenen Geheimnisse“ von Oksana Sabuschko, die zu den bedeutendsten Autorinnen der Ukraine zählt. Auszüge aus „Mesopotamien“ von Serhij Zhadan trug Birte Schrein vor. Zhadan (Jahrgang 1974) wurde in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, seine Werke erscheinen bei Suhrkamp. „Mesopotamien“, eine leidenschaftliche Liebeserklärung an die Ukraine, wurde 2017 erstmals auf Deutsch veröffentlicht und im August dieses Jahres in einer aktuellen Auflage neu herausgebracht.

Die ukrainische Autorin Daria Suzdalova ist zurzeit „artist in residence“ in der Bundeskunsthalle und sprach mit Aust über ihr aktuelles Projekt („Monologe“). „Als der Krieg ausbrach, war ich wie paralysiert und konnte nichts schreiben. Aber dann änderte sich das und ich fing an, auf eine dokumentarische Art Texte zu schreiben“, berichtete Suzdalova. „So entstand und entsteht eine Phantasmagorie aus verschiedenen Stimmen, notierten Beobachtungen und Fundstücken aus den Medien.“ Nach einer Video-Grußbotschaft von Grigory Semenchuk wurde seine Zusammenarbeit mit dem „Video Collectif Landschaft“, der „Song of Ukraine“, gezeigt. Zuletzt eine Uraufführung: Mitglieder des Bonner Opernchores sangen die von Claudia Dathe und Ulrike Almut Sandig erstellte deutsche Fassung der Ukrainischen Nationalhymne.