Wärmflaschen für den Winter Warm ums Herz

Bonn · Winterzeit, Kuschelzeit. Seit jeher sorgen dabei Wärmflaschen für eine wohlige Temperatur. Es gibt Modelle vom Plüschtier bis zum Kissen.

 Wärmflaschen von Hugo Frosch

Wärmflaschen von Hugo Frosch

Foto: Hersteller

Wer mit dem Schaf kuschelt, dem wird es ganz warm ums Herz, sagt Hugo Frosch. Man glaubt es sofort, schaut man dem Wollknäuel in die großen Knopfaugen. Doch es gibt noch einen anderen Grund. Dieses Schaf wärmt, handelt es sich doch um eine Wärmflasche in Schafsgestalt. Der mit Wasser zu befüllende Korpus besteht aus Thermoplast. Die Hülle zeichnet nicht, wie in den meisten anderen Fällen den Wärmekorpus nach, sie ist ein Kuscheltier und wurde von Hugo Frosch kreiert. Er produziert seit 1999 Designwärmflaschen im bayerischen Schwaben-Aletshausen, rund 4000 pro Tag.

Winterzeit, Kuschelzeit. Eingewickelt in eine flauschige Decke auf dem Sofa chillen, Tee trinken und den Schneeflocken am Fenster beim Herabschweben zuschauen – das sind magische Momente in der kalten Jahreszeit. Für einen zusätzlichen Kuschelfaktor sorgt die gute, alte Wärmflasche, allerdings in einer modernen Version.

Einst waren Wärmespender gar nicht praktisch und schon gar nicht sicher. Vor rund 500 Jahren wurde, vor allem um das Bett zu erwärmen, ein im Feuer erhitzter Ziegelstein in ein Tuch eingeschlagen und unter die Decke gepackt. Der kühlte jedoch schnell aus, war zudem schwer und unbequem.

Eine mit erhitztem Sand gefüllte Steingutflasche war eine Verbesserung, hatte jedoch den Nachteil, dass sie aus dem Bett kullern und zerbrechen konnte. Der Sand setzte sich dann in allen Ritzen fest.

Zinnflaschen sorgten im 16. Jahrhundert für eine weitere Neuerung. Es kamen auch Bettwannen auf, die mit heißen Kohlen befüllt wurden. Richtig sicher waren jedoch beide Wärmespender nicht, Verbrennungen mussten einkalkuliert werden. Mit Kupferflaschen im 18. Jahrhundert wurde der nächste Schritt getan, Kupfer ist ein guter Wärmeleiter. Der Verschluss galt vielfach als Sicherheitsproblem, ein Schraubverschluss war ein Fortschritt, allerdings gab es an den Lötstellen weitere Risikobereiche. Vor hundert Jahren trat ein geschmeidiges Material seinen Siegeszug an, Gummi. Seit sechzig Jahren wird auf thermoplastische Kunststoffe, also auf PVC gesetzt. Die altern langsamer und vertragen Hitze besser als Gummi.

Wer hat sie nicht im Schrank, mindestens ein Exemplar, das kalte Füße und Hände, einen grummelnden Bauch, einen verspannten Rücken oder eben auch die Bettdecke wärmt? Wenn auch die Grundform geblieben ist, gibt es inzwischen auch ein paar Abweichungen. Bei der Optik der Umhüllung hingegen erreicht so manche Wärmflasche den Status eines dekorativen Wohnaccessoires. Auch ein schmuckes, mit Kirschkernen oder Getreide gefülltes Kissen, das in der Mikrowelle erwärmt wird, oder gar ein elektrisches Wärmekissen gehören zur Kategorie dieser Körperwärmer. Doch die gute alte Wärmflasche ist kaum zu schlagen, weil sie praktisch und preisgünstig ist.

Gute Produkte enthalten keine Weichmacher und haben auch keinen Geruch. „Wir stellen inzwischen recycelbare Ökowarmflaschen aus über 90 Prozent nachwachsenden Rohstoffen her“, sagt Hugo Frosch. Sein Unternehmen stellt aktuell rund 120 Wärmflaschen-Modelle her.

Bei der Hülle des Wärmespenders toben sich die Produktdesigner und -macher aus, sowohl am Material, das von einfachem Plüsch bis zu edlem Tibetlammfell reicht, wie am Design, das sich bis zu einem Plüschtier oder einem Sofakissen auswachsen kann. „Für den Wärmflaschenkorpus verwenden wir kein bestimmtes Material, bei der Hülle Walkstoff, der aus Wolle gesponnen, gestrickt und dann gewalkt wird. Wolle weist eine natürliche Thermoregulation auf“, sagt Romana Strasser vom österreichischen, für Hausschuhe bekannten Unternehmen Giesswein. „Grund ist die Struktur der Wollfasern und die dadurch entstehenden Luftkammern. Diese Luftschicht isoliert sehr gut und verhindert, dass die Wärme an die Umgebung verloren geht. Somit bleibt eine Filz- oder Walk-ummantelte Wärmflasche länger warm als eine aus anderen Materialien“, so Strasser.

Ob ein wollener Geweihträger oder ein Fellherz auf dem Körper auch tatsächlich Schmerzen lindert? Das gute alte Hausrezept „Wärme“ hilft tatsächlich. Wärme deaktiviert auf molekularer Ebene den Schmerz und hemmt die Schmerzrezeptoren für eine Weile. Bei Verspannungen sorgt die Wärme dafür, dass die Spannung der Muskulatur sinkt.

Typisch ist die flaschenähnliche Form. Das Lamellendesign, das mancher Flasche zu eigen ist, stammt von dem italienischen Reifenhersteller Pirelli, der eben nicht nur Autoreifen, sondern auch verschiedene Designexponate kreiert hat. Die Lamellen sorgen für Sicherheit und Komfort. Sie erzeugen einen Abstand zur heißen Oberfläche und sorgen so für Isolation.

Ein Blick auf die Vorläufer der Wärmflasche könne für neue Formenspiele nicht schaden, muss sich mancher Gestalter gedacht haben. So gibt es ein Modell, das die Bettpfanne in neuem Design und praktischer Handhabung wieder auferstehen lässt. „Archetypisch erinnert Pill an die ovalrunden Metallwärmflaschen aus vergangenen Zeiten“, sagt Danai Colla von der auf Architektur, Design, Kunst und Kultur spezialisierten Kommunikationsagentur Brand Kiosk in Frankfurt am Main über das zeitgenössische, runde und recht flache Wärmekissen. Es hat einen herausziehbaren Trichter zum einfachen Befüllen sowie einen kreuzförmigem Drehverschluss. Entworfen wurde es von den Stuttgarter Produktdesignern Markus Jehs und Jürgen Laub. Es gibt verschiedenfarbige Modelle aus hitzebeständigem Neopren, die Hülle hat einen Reißverschluss und kann abgenommen werden.

Bei Bauchschmerzen gibt es mit der Wärmeflasche meist ein Problem. Bewegt man sich nicht, bleibt sie ordnungsgemäß an dem ihr zugewiesenen Platz auf dem Bauch liegen. Sowie man sich dreht, fällt sie runter. Die Firma YuYu Designs aus dem englischen Leicester hat sich ein ungemein praktisches Modell einfallen lassen. „Die YuYu-Wärmflasche ist 81 Zentimeter lang und schmal. Sie besteht aus biologisch abbaubarem Naturgummi aus Sri Lanka. Kleine Erhebungen auf der Oberfläche schaffen kleine Lufttaschen. So wird die Wärme des Wassers länger gehalten, je nach Temperatur bleibt die YuYu-Flasche zwei bis sechs Stunden angenehm warm“, erklärt eine YuYu-Designs-Mitarbeiterin. Das Besondere an dem Flaschenwurm: Man kann ihn sich um den Bauch schnallen oder um die Schulter legen.

Hugo Frosch hat auch noch Tipps zur Befüllung parat. So sollte nie kochendes Wasser eingefüllt werden. Bei dieser Temperatur entsteht Wasserdampf, der braucht Platz und könnte die Flasche zum Platzen bringen. 65 Grad sind die ideale Temperatur. Die Flasche sollte auch nur zu zwei Dritteln gefüllt werden. Mit etwas Salz verlängert man die Wärme.

Auch wenn man bei Wärmflaschen zuerst an den Winter denkt, sie erfüllt auch im Sommer ihren Temperaturzweck. Und zwar in entgegen gesetzter Richtung. Sie kann auch als Kühlflasche dienen. Wasser rein, Verschluss zu und ab in den Kühlschrank, bevor es ins Bett oder auf die Sonnenliege geht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort