Achim Mohné und Uta Kopp in der GalerieAndreae Was bleibt, ist die Zukunft

Bonn · Wie Achim Mohné und Uta Kopp mit den Daten von Google Earth umgehen: Eine Ausstellung in der Bonner Galerie Judith Andreae.

 Hinter dem Datengitter: Achim Mohnés 3 D-Visualisierung des Schulhofs an der Bad Godesberger Paul-Kemp-Straße entstand mithilfe der Daten von Google Earth.

Hinter dem Datengitter: Achim Mohnés 3 D-Visualisierung des Schulhofs an der Bad Godesberger Paul-Kemp-Straße entstand mithilfe der Daten von Google Earth.

Foto: Galerie Judith Andreae

Die virtuelle Reise hat etwas von einem Computer-Fantasy-Spiel, die Fahrt macht nicht vor Mauern halt. Alles scheint durchlässig zu sein. Man meint, den Ort, in den man durch das Zweiminutenvideo hineingezogen wird, zu kennen, aber sicher ist man nicht. Die Welt als digitaler Wireframe, virtuelles Drahtmodell. Riesige Datenmengen machen das möglich – und ein Pakt mit dem Teufel: Google.

Die Klagen über die Datenkrake sind weitverbreitet. Mancher macht mit der allwissenden Suchmaschine und ihren Satelliten seinen Frieden. Und dann gibt es noch Künstler wie den Kölner Achim Mohné, die die Technik von Google Earth, unsere Welt zu kartieren und verfügbar zu machen, virtuos für ihre künstlerische Arbeit nutzen. Mohné begibt sich mit virtuellen „Kamera-Drohnen“ quasi mitten in die Google-Earth-App, generiert dort das Bild eines ausgewählten Ortes. Das Objekt der Begierde wird von allen Seiten betrachtet und durchgerechnet, die Daten werden mithilfe von Photogrammetrie weiterverarbeitet. Es entstehen große 3 D-Wandbilder mit der charakteristischen Gitterstruktur die sich mal zur Fläche schließen lässt, mal transparent erscheint oder auch tiefe Räume eröffnet.

Hin zu einer „neuen Malerei“

Mohné nutzt alle Möglichkeiten, die dieser Datenpool bietet: An der Wand bildet die nachbearbeitete und eingefärbte Gitterstruktur eine „neue Fotografie“ oder „neue Malerei“, wie Mohné das nennt. Es ist auch möglich, die Daten zur Erzeugung eines kleinen 3 D-Modells im Pulverschichtverfahren zu nutzen. Oder bereits erwähntes Video zu kreieren. Auf dem sieht man geparkte Autos und Bäume an der Bad Godesberger Paul-Kemp-Straße, einen Hof und das ehemalige Schulgebäude, in dem die Galerie Judith Andreae residiert. Im großen Ausstellungsraum breitet Mohné dann seine digitalen Recherchen und künstlerischen Eingriffe unter dem Titel „The_World_seen_through_the_algorythmic_Eyes-of Google_Earth“ aus. Ein faszinierendes Wechselspiel von Innen und Außen, ein Oszillieren zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion: Google Earth fungiert als Stichwortgeber, der Künstler Mohné als Gestalter und Regisseur im Daten-Drama – und im Wettlauf mit der künstlichen Intelligenz.

In der Ausstellung „Expect the Unexpected“ über aktuelle Tendenzen in der Fotografie, die am Mittwoch im Kunstmuseum Bonn eröffnet wird, ist Mohné auch vertreten – mit einer Visualisierung des Museumsplatzes inklusive Kunstmuseum.

Botschaften auf Dächern

Bei Andreae zeigt Mohné noch ein weiteres Projekt – das anarchischer mit Google Earth umgeht: Zusammen mit Uta Kopp schreibt er seit 2007 Botschaften, Gedichte, Gedanken auf die Dächer von Häusern und Schuppen in fünf Kontinenten und hofft darauf, dass diese durch die Satelliten von Google Earth aufgenommen und dokumentiert werden. „Was bleibt, ist die Zukunft“, liest man auf einem Dach der Zeche Lohberg in Dinslaken, „Kunst muss nicht“, steht auf dem Dach der Universität der Künste in Berlin, für die Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ legte Mohné ein Porträt des Whistleblowers Edward Snowden aus 672 Betonplatten in den Hof vor dem Gerichtsgebäude und Gefängnis in Wittenberg. Google Earth dokumentierte das Werk.

Übernächstes Dach des Projekts „Remotewords“ soll das der Bonner Oper sein. Über die Botschaft wird noch nachgedacht.

Galerie Judith Andreae; bis 6. April. Mi 10-18, Do, Fr 14-18, Sa 11-15 Uhr.

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