Kunst im Kloster: Vor 50 Jahren starb der Keramiker Theodor Bogler, Benediktinermönch in Maria Laach Wie das Bauhaus nach Maria Laach kam

Vor 50 Jahren starb der Keramiker und Benediktinermönch Theodor Bogler, der Leitsätze des 1919 gegründeten Staatlichen Bauhauses in die Abtei Maria Laach brachte. Boglers Spuren und unzählige Keramiken nach seinen Entwürfen sind jetzt in der Ausstellung „Vom Bauhaus nach Maria Laach – Theodor Bogler“ in der alten Holzwerkstatt des Klosters zu sehen

 Der Kurator der Ausstellung, Bruder Stephan Oppermann, vor Keramiken der 1950er und 1960er Jahre.

Der Kurator der Ausstellung, Bruder Stephan Oppermann, vor Keramiken der 1950er und 1960er Jahre.

Foto: Sentis

Die raffiniert in sechs Bestandteile zerlegbare „Mokka Maschine“ ist ebenso seine Erfindung wie die „Kombinationsteekanne“ oder – auf Betreiben von Bauhaus-Gründer Walter Gropius – die Vorratsbehälter als Prototypen für das „Haus am Horn“ (1923). Doch breite Anerkennung fand Theodor Bogler (1897-1968) in erster Linie durch die Dinge des Alltags, durch seine puristischen Entwürfe für Keramiken, die dem Bauhausgedanken verpflichtet sind.

1919 bis 1920 hat Bogler am Staatlichen Bauhaus in Weimar studiert, war Schüler von Johannes Itten und Lyonel Feininger, vier Jahre lang besuchte er die Keramische Werkstatt des Bauhauses, die Walter Gropius 1920 in Dornburg östlich von Weimar eingerichtet hatte.

Wie Boglers Bauhauskeramik in die Benediktiner-Abtei von Maria Laach kam und heute dort im Klostershop verkauft wird, ist eine komplexe, hoch spannende Geschichte. Sie wird erzählt in der interessanten Ausstellung „Vom Bauhaus nach Maria Laach“, die der Keramikkenner und -praktiker Bruder Stephan Oppermann, Leiter der Laacher Keramikmanufaktur, präsentiert. Katharina Brellochs hat die Biografie von Theodor Bogler mit seiner Großfamilie recherchiert. Franz Kösters ist Keramikexperte und hat alle Recherchen zum keramischen Werk um Theodor Bogler durchgeführt. Das Kuratorenteam wurde komplettiert durch Pater Albert Sieger.

Anlass der Schau ist nicht nur der 50. Todestag des Keramikers und ehemaligen Laacher Priors Bogler, sondern auch, quasi im Vorgriff, das Bauhausjubiläum im kommenden Jahr. 1919 gründete Gropius die Kunstschule Staatliches Bauhaus in Weimar. Ziel dieser Institution, die 1925 nach Dessau und 1932, ein Jahr vor der zwangsweisen Schließung, nach Berlin umzog, war die Zusammenführung von Handwerk und Kunst. Das Bauhaus zählt zu den wichtigsten Impulsgebern für Architektur, Kunst und Design des 20. Jahrhunderts.

Das Café Bogler und der Keramikshop locken in die Eifel

Es ist eine in mehrerlei Hinsicht besondere Schau. Nicht nur, was zu sehen ist – ein halbes Jahrhundert Keramikgeschichte im Geist des Bauhauses – lohnt den Besuch; auch, wo es zu sehen ist, fasziniert: „Vom Bauhaus nach Maria Laach“ ist in der alten, pittoresken Holzwerkstatt der Abtei quasi im Privatbereich des Klosters zu sehen, ein Sektor, der für weltliche Besucher gewöhnlich tabu ist.

Im Untergeschoss erwartet uns inmitten von alten Stromzählern und Werkbänken eine Schau über Leben und Werk Boglers. Im Obergeschoss ist ein wunderschönes Café eingerichtet mit Stühlen, die Bauhaus-Star Marcel Breuer einst für Maria Laach entwarf, kettensägenbearbeiteten Tischen aus einer 200 Jahre alten Napoleon-Buche, Grafiken von Bruder Stephan. Und im Shop gibt es feinste Keramik nach Bogler-Entwürfen. Eine kleines Gesamtkunstwerk.

Boglers mitunter tragische Biografie wird ausführlich dokumentiert (siehe hier; noch detaillierter lässt sie sich im ausgezeichneten Katalog nachlesen), das Werk wird akkurat beleuchtet. Interessant, welche Wandlungen die vom Geist des Bauhauses durchdrungenen Keramiken durchlaufen haben: Der strenge, formale Purismus, der Funktion und ästhetische Lösung auf einer Ebene sieht, steht am Anfang. Dann folgt die inhaltliche Aufladung der Gefäße durch christliche Symbolik nach Boglers Konversion zum Katholizismus. Schließlich, nach dem Zweiten Weltkrieg, lässt sich in seinem keramischen Werk eine gewisse Anpassung an den neuen Zeitgeist der 1950er in Farbe und Form erkennen.

Wunderbare Exemplare stehen in rustikalen Vitrinen hinter Glas, etliche Keramiken jedoch auch völlig frei, was den besseren Blick auf die Oberflächengestaltung, auf die Glasuren ermöglicht. Das gilt besonders für die braunen Gefäße aus frei gedrehter Terrakotta mit feinen parallelen Rillen als Ritzdekor, die die Kunsttöpferei Rudi Stahl in Höhr-Grenzhausen zwischen 1952 und 1970 nach Entwürfen für die Reihe Ars Liturgica/Maria Laach fertigte. Dass diese bauchigen Gefäße auf originalen Bauhaus-Schreibtischen aus dem Gästetrakt der Abtei stehen, gibt dem Ganzen einen authentischen Aspekt.

Ganz anders als die braunen Gefäße kommen die bunten, verspielten, mit geometrischem Dekor versehenen Fayencen daher, die die Kunstkeramischen Werkstätten Wilhelm Heckenroth in den 1950ern nach Bogler-Entwürfen fertigten. Oder die Krüge der Majolika Manufaktur Karlsruhe.

1960 erfolgt eine weitere Modifizierung parallel zum Zeitgeist. Die kleinen, bunten, eiförmigen Vasen orientieren sich am organischen Design der 1960er – und sind offenbar heute noch sehr beliebt. Jedenfalls bietet der Shop diese Keramiken in allen erdenklichen Farben an.

Die Vielseitigkeit Boglers wird einerseits durch Fayence-Porträtbüsten untermauert – eine zeigt mit qualvoll aufgerissenen Augen Boglers 1925 durch Suizid ums Leben gekommene Ehefrau Theodora. Andererseits war der Bauhäusler auch als Entwerfer für liturgische Gewänder mit minimalistischem Dekor und Gegenstände wie Monstranzen und Kreuze tätig.

Großen Raum nehmen in der Schau Keramiken mit christlicher Symbolik ein. Es handelt sich um Formen aus Boglers Bauhaus-Zeit, die seit 1929 freihändig oder mit Schablonen verziert wurden. Bei etlichen Motiven – etwa verschiedene Kreuzformen, Pfaue und Fische – ließ sich Bogler von den Mosaiken und Wandmalereien in der Abteikirche anregen. Insbesondere die Apsis hat ihn mit ihrer Motivik fasziniert.

Das Bauhaus-Credo von der„Einfachheit im Vielfachen“

Die Vasen, Weihwasserbehälter, Dosen, Kreuze und Teller wurden und werden im Klostershop als Souvenirs verkauft. Neben dieser „Massenware“ entwarf Bogler auch keramische Einzelstücke für den kirchlichen Gebrauch. „Einfachheit im Vielfachen“, „Typisierung“ und die „Beschränkung auf typische, jedem verständliche Grundformen und -farben“, diese Maxime von Bauhaus-Gründer Walter Gropius hat Bogler umgesetzt, insbesondere bei der „Kombinationsteekanne“ und der „Mokka Maschine“ kommt noch die von Gropius propagierte „ingenieurhafte“ Zerlegung einer Gebrauchsform in ihre Bestandteile und Funktionselemente. Im Weimarer Bauhaus experimentierten Künstler mit Baugruppen und variablen Strukturen.

Die Bauhausgedanken prägen bis heute die Arbeit in der Keramikwerkstatt des Klosters, die anders als zu Boglers Zeiten nicht auf Massenproduktion setzt, sondern sich als Manufaktur versteht, die hochwertige Keramik herstellt – unter anderem für das „Warenhaus der guten Dinge“, Manufactum, als Großkunden. „Nachhaltiges Denken lernt man im Kloster“, sagt Bruder Stephan, der seit 2014 die Keramikmanufaktur der Abtei leitet, „und das ist auch der Bauhausgedanke“.

Nachhaltig bedeute hier, dass der Ton, der Rohstoff für die Manufaktur, nicht aus China, sondern aus dem Westerwald komme und das Holz für die Bauhaus-Tische unmittelbar aus dem Wald hinter dem Kloster. Nachhaltig sei auch die Qualität, sagt Bruder Stephan: „Unsere Keramiken sind zwar teurer, halten aber ein Leben lang“. Bruder Stephan, Jahrgang 1982, ist gelernter Gärtner, ließ sich zum Floristen ausbilden und studiert seit 2015 Bildhauerei bei der Alanus-Hochschule auf dem idyllischen Johannishof in Alfter.

Die Laacher Manufaktur hat viele Entwürfe Boglers im Programm, mitunter hat man die Farbe der Glasur auf den heutigen Geschmack angepasst. Hier wird von Hand gegossen, gedreht und bemalt. Unübersehbar sind aber auch sonst die die Spuren, die Bogler und das Bauhaus in Maria Laach hinterlassen haben. Dunkelbraune Bauhaus-Schreibtische mit den passenden schwarzen Bauhauslampen stehen noch immer in den Zellen des 1931 errichteten Gästetraktes, der selbst den Geist von Gropius atmet.

INFORMATIONEN

„Vom Bauhaus nach Maria Laach. Das Leben und Werk von Theodor Bogler (1897-1968)“ Ausstellung bis 11. August 2018 in der Benediktiner-Abtei Maria Laach (Informationen zur Anreise finden Sie hier). Zur Ausstellung ist ein ausgezeichneter Katalog mit einer Aufstellung von Boglers Werken erschienen, der für 49 Euro im Klostershop erworben werden kann.

Einlass: Mo-Sa um 10, 11, 13, 14, 15 und 16 Uhr, So um 13, 14, 15 und 16 Uhr. Die Benediktiner laden zu Führungen durch die Ausstellung ein. Die Besucher werden gebeten, sich zehn Minuten vor Beginn an der Klosterpforte einzufinden. Dort werden die Besucher pünktlich abgeholt und durch den Klausurbereich begleitet. Ein späterer Einlass ist dann erste zur nächsten Einlasszeit wieder möglich. Der Eintritt ist frei. Um eine Spende für die Kosten der Ausstellung wird gebeten. Die Ausstellung findet im historisch-rustikalen Ambiente der ehemaligen Abteiwerkstätten statt.

Gruppen: Ab einer Gruppe von zehn Personen ist eine Voranmeldung erforderlich: bogler@maria-laach.de

Gastronomisches Angebot & Shop: Abgerundet wird das Angebot durch ein Café mit Museumsshop innerhalb der Ausstellung. Die weiteren gastronomischen Angebote in Maria Laach stehen natürlich ebenfalls zur Verfügung.

VERANSTALTUNGEN

B®auhaus – Ein sinnlicher Abend in der Abtei Maria Laach. 20. Juli, 19 Uhr. Hinter den Klostermauern, im rustikalen Ambiente der ehemaligen Abteiwerkstätten, erwartet die Besucher eine Bierprobe mit Bier-Sommeliers der Vulkan-Brauerei. Anhand der verschiedenen Biere wecken die Experten die Geschmacksnerven und geben Einblicke in die Jahrhunderte alte Braukunst, die auch in Maria Laach kultiviert wird. Dazu werden Texte des Benediktiners und Bauhaus-Schülers Theodor Bogler gelesen.

Treffpunkt: Klosterpforte. Die Teilnehmer werden pünktlich um 19 Uhr dort abgeholt und durch die Klausur zur Veranstaltung geleitet.

Der Wein erfreue des Menschen Herz –Weinprobe mit Schwester Thekla Baumgart am 10. August um 19 Uhr. Die Benediktinerin leitet das Klosterweingut der Benediktinerinnenabtei Sankt Hildegard in Rüdesheim-Eibingen und präsentiert die von der Sonne verwöhnten Weine des Rheingaus. Zwischen dem Genuss der edlen Tropfen werden inspirierende Texte von Theodor Bogler gelesen. Im Rahmen der Weinprobe gibt es Führungen durch die Ausstellung „Vom Bauhaus nach Maria Laach“. Die geschichtlichen Wurzeln des Eibinger Klosterweinguts reichen bis ins Mittelalter zurück, in die Zeit der Gründeräbtissin dieses Klosters, Hildegard von Bingen (1098-1179). Schon damals betrieben die Schwestern Weinbau. Diese Tradition setzt das heutige Klosterweingut fort. Dazu gehören prämierte Weine, die Liebhaber in der ganzen Welt gefunden haben.

Treffpunkt: Klosterpforte. Die Teilnehmer werden pünktlich um 19 Uhr dort abgeholt und durch die Klausur zur Veranstaltung geleitet.

Karten sind für diese beiden Sonderveranstaltungen sind zu beziehen über die Buch- & Kunsthandlung Maria Laach, die Tourist-Info, telefonisch unter der Hotline 0651/9790777 (Ticket Regional) oder online unter www.maria-laach.de

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