Ausstellung Zauberhafte Linien sind im Arp Museum zu sehen

Remagen · Das Arp Museum Rolandseck zeigt die spektakuläre Schau „Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“. Die Kunst der Impressionisten trifft auf Zeichentrick und Comic

 Die Frau des Meisters: Miss Hokusai – hier in einem Anime-Ausschnitt – war selbst eine ausgezeichnete Malerin.

Die Frau des Meisters: Miss Hokusai – hier in einem Anime-Ausschnitt – war selbst eine ausgezeichnete Malerin.

Foto: Arp Museum

Die amerikanische Impressionistin Mary Cassatt war mutmaßlich nie in Rolandseck, könnte aber die neue Ausstellung im Arp Museum gemeint haben, als sie an ihre französische Kollegin Berthe Morisot schrieb: „Das darf man einfach nicht verpassen. Man muss die Japaner einfach gesehen haben. Kommen Sie, so schnell Sie können.“ Cassatt berichtet von der ästhetischen Revolution, die der Japonismus nach 1868, als sich das Kaiserreich nach 200 Jahren Abschottung dem Westen öffnete, insbesondere bei Künstlern auslöste.

Sehr schön, mit einem originellen Ansatz und einer Reihe sensationeller Leihgaben erzählt das Arp Museum nicht nur diese Erfolgsgeschichte, die im ausgehenden 19. Jahrhundert den Blick auf die Welt und die Kunst entscheidend veränderte, sondern führt die Story über die Begeisterung für Japan bis in unsere Tage fort. „Im Japanfieber. Von Monet bis Manga“ ist die zu Recht als Höhepunkt des Jahres im Arp Museum bezeichnete Schau überschrieben.

Womit zumindest die Zeitspanne beschrieben ist: Die reicht von japanischen Farbholzschnitten des 19. Jahrhunderts und deren Widerhall insbesondere in der Kunst des Impressionismus bis zu den populären Bildergeschichten der Mangas, den bewegten Anime-Zeichentrickfilmen und zur Verwandlungs- und Verkleidungskultur des Cosplay. Sogar an japanische Gartenkunst wurde gedacht: Der Sinziger Peter Berg hat vor dem Rolandsecker Bahnhof eine exquisite japanische Gartenlandschaft angelegt.

Wertvolle Kooperation mit dem Museum in Giverny

Geistiges Zentrum des Projekts „Japanfieber“, das am Sonntag eröffnet wird, ist die Farbholzschnitt-Sammlung von Claude Monet, aus der erstmals in der Breite in Deutschland ein Ausschnitt zu sehen ist. Das Impressionisten- und Monet-Museum in Giverny hütet diesen Schatz und ließ ihn als Kooperationspartner der Schau an den Rhein reisen – mit einer Reihe weiterer hochkarätiger internationaler Leihgaben, die ein tolles Rendezvous mit Meisterwerken aus der Unicef-Sammlung von Gustav Rau eingehen. Bis zum Juli war die Japan-Schau im französischen Giverny, 70 Kilometer nordwestlich von Paris, zu sehen, ab Sonntag dann in Rolandseck.

Monet, van Gogh und viele ihrer Impressionistenkollegen sammelten japanische Farbholzschnitte, ließen sich von dieser Ästhetik einfangen: Gewagte Perspektiven, ein hoher Horizont, ruhige Flächen und die Betonung der Linie, eine revolutionäre Bildorganisation, die das Spontane, Lebendige, Ausschnitthafte in den Mittelpunkt rückt – all das faszinierte Maler wie Paul Signac und Georges Seurat, Félix Valloton und Maurice Denis. Gerade in der Landschaftsmalerei wurden die Impulse aus Fernost begierig aufgenommen: Seurats und Monets bizarre Felsen, Monets Naturausschnitte und Émile Bernards eigenwillig angeschnittene Aussicht über den Pont de Clichy haben ihre Entsprechung in japanischen Farbholzschnitten. Sehr anschaulich zeigt die von Susanne Blöcker ausgezeichnet kuratierte Ausstellung Parallelen auf – verblüffend jedoch auch, dass diese japonistischen Einflüsse, gepaart mit der Farbrevolution der Impressionisten, zumindest im Westen direkt in Abstraktion und Moderne mündeten.

Aber Monet & Co. haben sich nicht nur malerisch inspirieren lassen, der ganze Lebensstil japonisierte sich: Signac und Henri Toulouse-Lautrec posierten als Samurais, etliche Maler inszenierten ihre Freundinnen und Frauen als Geishas, bemalten Fächer und Paravents, gestalteten Interieurs im reinen Japanstil.

Biene Maja aus dem japanischen Studio

Wie sehr sich die Faszination für diese klare, prägnante Ästhetik gehalten hat, zeigt die Manga-Ausstellung im Bahnhof Rolandseck. In den 1990er-Jahren eroberten die großflächigen Comics mit ihren Helden und den Fantasygeschichten deutsche Kinderzimmer – die Kultur der Mangas ist jedoch als generationsübergreifendes Phänomen angelegt. Eher für die Kleinen sind die Anime, die Zeichentrickfilme, gedacht: Biene Maja, Wickie und Heidi entstanden in japanischen Anime-Studios.

Die Bildstruktur der Mangas entspricht den japanischen Farbholzschnitten der Edo-Zeit, Manga heiße übersetzt, zwangloses, ungezügelt überflutendes Bild, erläutert Astrid von Asten, Kuratorin der Schau, im Bahnhof. Mit wertvollen Cels – das sind handgemalte Einzelfolien für den Trickfilm (bis zu 30 Zeichnungen pro Sekunde) – und Filmausschnitten dokumentiert die Ausstellung die Entwicklung des Genres. Mitmachbereiche bereiten das Thema kindgerecht auf. Mitmachen ist auch in der Abteilung Cosplay (Costumeplay) angesagt. Eine international agierende Community trifft sich auf den Spuren ihrer Mangahelden zum Verkleiden und Posen. Genügend Kostüme stehen zur Verfügung. Man kann sich vor einem Großfoto aus Schloss Augustusburg oder eines japanische Gartens aufnehmen lassen. Rolandseck wird auch selbst zum Manga – im Verbindungstunnel zwischen Alt- und Neubau rettet ein „Magical Girl“ mit dem Drachen Roland aus dem Siebengebirge das Arp Museum vor einem bilderfressenden Monster.

Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen; bis 20. Januar 2019. Di-So 11-18 Uhr. Eröffnung: Sonntag, 11 Uhr

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