Nachbarschaft der Clan-Villa in Leverkusen „Wir wollen einfach mal unsere Ruhe“

Leverkusen · Nach einer Razzia und mehreren Festnahmen im Sommer leben Mitglieder einer Großfamilie weiterhin in der „Clan-Villa“ in Leverkusen-Rheindorf. Wie ist das für die Nachbarn?

 Razzia im Juni: Polizisten verlassen die Villa in Leverkusen.

Razzia im Juni: Polizisten verlassen die Villa in Leverkusen.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Wer im Leverkusener Stadtteil Rheindorf in der Straße lebt, in der die sogenannte Clan-Villa steht, ist es gewohnt, dass es immer mal wieder einen Polizeieinsatz gibt – auch mit schwerem Geschütz. Erst im Juni hat ein Sondereinsatzkommando das Tor und die Eingangstür der Villa aufgerammt. „Wie das mit nervigen Nachbarn eben so ist“, sagt ein Anwohner lakonisch. „Aber“, fügt er hinzu. „Sie lassen uns in Ruhe, und mehr wollen wir gar nicht.“ Wer mit „sie“ gemeint ist, lässt sich nicht näher erörtern, da in der Villa nicht gerade wenige Menschen ein- und ausgehen. An diesem Nachmittag gehen zwei Frauen eiligen Schrittes ins Gebäude, vor dessen Haustüre schon fünf, sechs Schuhpaare stehen. Die dunklen Rollläden sind heruntergelassen, und vor der Mauer, die das Grundstück umschließt, stehen zwei teure Limousinen.

Die Polizei hat bei dem Großeinsatz im Sommer scharfe Schusswaffen und 290 000 Euro Bargeld in der Villa beschlagnahmt. Die Clan-Familie soll nach Angaben der Polizei Sozialleistungen in sechsstelliger Höhe bezogen haben. Die Ermittlungen unter anderem wegen bandenmäßigen Sozialhilfebetrugs laufen nach Angaben der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft noch. Das Familienoberhaupt sowie drei weitere Angehörige des Al-Zein-Clans wurden bei dem Polizeieinsatz festgenommen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) verkündete danach: „Wir haben ihn nicht nur festgenommen, sondern ihm auch sein Zuhause weggenommen.“

Dass diese Aussage „ungenau“ und „juristisch gesehen laienhaft“ war, räumte Reul ein, nachdem nun in einer Ausschusssitzung bekannt geworden war, dass in der Villa nach wie vor Mitglieder der Großfamilie leben. Ziel der zuständigen Staatsanwaltschaft sei es nach Angaben von Reul gewesen, die Villa „als Tatobjekt der Geldwäsche“ einzuziehen. Über den entsprechenden Antrag könne aber erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens entschieden werden.

„Da war immer was los“

„Dass die Familie nie wirklich weg war, hat die Nachbarschaft längst registriert. Schon einen Tag nach dem Polizeieinsatz im Juni seien einige Mitglieder der Familie zurück ins Haus gekommen, sagt eine Frau, die in einem Einfamilienhaus in der Straße lebt. „Da war immer was los“, sagt sie. „Im Sommer dann aber auch auf der Straße – und das war nicht die Großfamilie, sondern Leute, die mal gucken wollen, wie so ein Clan lebt.“ Große Lust, nun wieder über die Situation zu sprechen, habe sie deshalb nicht, sagt sie. „Wir wollen einfach mal unsere Ruhe.“ Ein anderer Anwohner hatte im Sommer von „Katastrophentourismus“ gesprochen. Als das Panzerfahrzeug der Polizei weg war, kamen die Schaulustigen. „Das ist hier fast wie beim Hochwasser in Köln“, sagte er unserer Redaktion damals.

Nachdem diese Woche nun auch im Landtag bekannt geworden war, dass ein Teil der Großfamilie weiter in Rheindorf lebt, war am Donnerstag wieder mal die Polizei in der Straße. Zwei Söhne des Familienoberhauptes, 24 und 27 Jahre alt, wurden festgenommen. „Die Haftbefehle lauten auf Geldwäsche und gewerbsmäßigen Betrug“, sagt Staatsanwaltschaft Julius Sterzel von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf.

Seit August bekommt die Familie keine Sozialleistungen mehr, wie die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag berichtete. 30 000 Euro kurzfristig bereitzuhalten, scheint aber kein Problem zu sein. So hoch war die Kautionszahlung, die noch am Donnerstag gezahlt wurde, damit der 24-jährige Sohn noch am Nachmittag wieder auf freien Fuß kam. Sein älterer Bruder ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort