US-Präsident unter Druck Neue Anklagen gegen Russland trüben Trumps Gipfel-Show

Helsinki · Donald Trump hofft auf einen guten Draht zu Wladimir Putin. Aber vor seinem großen Gipfel mit dem Kreml-Chef bringen ihn neue Anschuldigungen gegen Moskau in eine missliche Lage. Und das ist nicht das einzige Problem.

 US-Präsident Donald Trump (l) und der russische Präsident Wladimir Putin schütteln sich beim G20-Gipfel in Hamburg die Hände.

US-Präsident Donald Trump (l) und der russische Präsident Wladimir Putin schütteln sich beim G20-Gipfel in Hamburg die Hände.

Foto: Steffen Kugler/Bundespresseamt/Archiv

Der mit Spannung erwartete Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Amtskollegen Wladimir Putin wird durch neue Vorwürfe der amerikanischen Justiz gegen Moskau belastet.

Trump steht bei dem Treffen an diesem Montag in der finnischen Hauptstadt Helsinki unter Druck, weil das US-Justizministerium Anklage gegen zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter erhoben hat, die der Cyberangriffe auf die Demokraten im Wahlkampf 2016 beschuldigt werden.

Die oppositionellen Demokraten appellierten eindringlich an den Präsidenten, Putin auf keinen Fall allein zu treffen. Sie forderten ihn außerdem auf, die neuen Anklagen zur Priorität des Treffens zu machen.

Trump selbst schraubte in einem Interview des US-Senders CBS die Erwartungen an den Gipfel herunter: "Ich gehe mit geringen Erwartungen hinein, nicht mit hohen Erwartungen", sagte er. Er erwarte "nichts Schlechtes und vielleicht etwas Gutes."

Die beiden Staatschefs wollen am Montagmittag im finnischen Präsidentenpalast zusammenkommen und dabei unter anderem über die angespannten Beziehungen beider Länder sowie die Konflikte in Syrien und der Ukraine sprechen. Geplant sind ein Vier-Augen-Gespräch, ein Treffen mit den Delegationen und eine gemeinsame Pressekonferenz.

In der Europäischen Union und der Nato gibt es Befürchtungen, dass Trump, ein erklärter Kritiker dieser Organisationen, sich vorschnell Putin annähern und ihre Position untergraben könnte.

Der US-Präsident bezeichnete die EU in einem Interview als "Feind" der USA. "Ich denke, die Europäische Union ist ein Feind, was sie uns im Handel antun", sagte Trump dem US-Sender CBS in dem am Sonntag veröffentlichten Gespräch. "Man würde jetzt nicht unbedingt an die EU denken, aber sie sind ein Feind."

Trump begründete diese Aussage mit aus seiner Sicht unfairen Handelspraktiken der Europäer. Er griff erneut insbesondere Deutschland an. Die Bundesrepublik trage nicht ausreichend zur Verteidigung innerhalb der Nato bei. Zu gleicher Zeit kaufe Deutschland Russland Energie ab. Deutschland lasse Milliarden in die Kassen derer fließen, vor denen die USA die Deutschen schütze.

Trump verbrachte das Wochenende in einem seiner Golfclubs in Schottland. Am Nachmittag brach er von Glasgow nach Helsinki auf. Putin traf sich unter anderem mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Am Abend wollte er beim Finale der Fußballweltmeisterschaft den Pokal mit überreichen.

Die Präsidenten sind sich bislang zwei Mal begegnet. Die Beziehungen der beiden Länder befinden sich derzeit - trotz gegenseitiger Sympathien von Trump und Putin füreinander - auf einem Tiefpunkt. Streit gibt es unter anderem wegen der US-Sanktionen gegen Moskau und Russlands Rolle in Syrien.

Trump hofft einen guten persönlichen Draht zu Putin, steht bei seiner Russland-Politik aber enorm unter Beobachtung, weil US-Geheimdienste Moskau beschuldigen, sich mit Hackerangriffen in den Präsidentschaftswahlkampf eingemischt zu haben, um ihm zu helfen und seiner Konkurrentin Hillary Clinton zu schaden.

Am Freitag beschuldigte das Justizministerium zwölf Mitarbeiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU, Computer der US-Demokraten und von Clintons Wahlkampflager angegriffen zu haben. Es ist das erste Mal, dass das Justizministerium den Geheimdienst und damit Putins Regierung direkt für die Hackerattacken verantwortlich macht.

Der Kreml wies die Vorwürfe zurück. Dies werde nur behauptet, um eine politische Annäherung zwischen Moskau und Washington zu erschweren.

Die Anklagen richten sich ausschließlich gegen die zwölf Spione und ausdrücklich nicht gegen Personen aus dem Umfeld des damaligen Kandidaten Trump. Allerdings deuten Details in der Anklageschrift darauf hin, dass die Ermittlungen noch längst nicht am Ende sind.

Aus der Anklage wird zwar deutlich, dass es Verbindungen des Trump-Lagers zu den Hackern gegeben hatte und dass diese ihr erspähtes Material einzelnen Trump-Vertrauten angeboten haben müssen. Jedoch gab es zunächst keine Hinweise darauf, dass diese wussten, mit wem sie kommunizierten.

Trump wies jede Beteiligung oder Mitwisserschaft an den mutmaßlichen Hackerangriffen von sich. Er erklärte am Samstag auf Twitter, die Cyberattacken auf die Demokraten seien nicht während seiner Amtszeit erfolgt. "Die Geschichte, die ihr gestern gehört habt über die zwölf Russen spielen in der Zeit der Obama-Administration, nicht in der Trump-Administration", schrieb er.

Der US-Präsident hatte in der Vergangenheit mehrfach angezweifelt, dass die russische Regierung hinter den Angriffen steckt. Nach einem Treffen mit Putin im November erklärte er, der Kremlchef habe ihm gesagt, er habe nichts damit zu tun gehabt. Das glaube er ihm.

Der US-Geheimdienstkoordinator Dan Coats betonte am Freitag, dass er die Gefahr von Cyberangriffen aus Russland keineswegs gebannt sieht. Die digitale Infrastruktur der USA stehe buchstäblich "unter Beschuss", sagte er. Russland, China, der Iran und Nordkorea seien dabei die "schlimmsten Übeltäter, wobei Moskau definitiv am aggressivsten vorgehe.

Die Hackerangriffe sind ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr Trump sich in seiner Russland-Politik vom Kurs seiner Regierung unterscheidet. Diese verfolgt in vielen Bereichen eine harte Linie - sei es, indem sie neue Sanktionen verhängt oder russische Diplomaten ausweist. Trump aber äußert sich oft widersprüchlich dazu.

Die US-Demokraten hatten in Folge der Ermittlungsergebnisse von dem Präsidenten verlangt, den Gipfel mit Putin abzusagen. Das Weiße Haus lehnte dies jedoch ab. In einem Brief forderten mehrere demokratische Senatoren Trump deshalb auf, die mutmaßlich russische Einflussnahme ganz oben auf die Agenda des Treffens zu setzen. Außerdem warnten sie ihn davor, den Kreml-Chef alleine zu treffen. "Herr Putin ist ein ausgebildeter und erfahrener KGB-Geheimdienstler, der gut vorbereitet zu diesem Treffen kommen wird", hieß es in dem Brief, der unter anderem von Fraktionschef Chuck Schumer unterzeichnet wurde.

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