Feuerpause Nur ein bisschen Frieden

KIEW · Seit Freitagabend gilt die von Präsident Petro Poroschenko verkündigte Feuerpause für die Streitkräfte. Eine Woche lang sollen ihre Waffen schweigen, damit die prorussischen Separatisten im Osten ihre Kalaschnikows abgeben können. Es ist ein Plan, den die meisten Aufständischen ablehnen. Von einer "Roadmap ins Nirgendwo" spricht der Separatistenanführer Pawel Gubarew.

 Atempause: Der prorussische Kämpfer Juri mit seinem Sohn gestern in der Stadt Donezk.

Atempause: Der prorussische Kämpfer Juri mit seinem Sohn gestern in der Stadt Donezk.

Foto: ap

Endlich Waffenruhe - wenn auch kurz, einseitig und brüchig. Es ist für viele Ukrainer ein langersehnter Moment des Innehaltens, nach den blutigen Kämpfen der vergangenen Monate. "Wir wussten schon nicht mehr, wie schön ein Wochenende ohne Totenzahlen im Radio sein kann", sagt die Rentnerin Anna Fomina dem Fernsehsender Fünfter Kanal.

Sie spricht aus, was wohl viele Menschen in der leidgeprüften Ex-Sowjetrepublik denken. Experten in Kiew aber warnen: Noch sei unklar, ob die Feuerpause ein erster Schritt hin zu einer Lösung sei - oder die letzte Chance, meint der Politologe Pawel Nuss.

Poroschenko verstehe seinen Plan offenbar als Köder. "Aber der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Uns jedenfalls schmeckt er nicht", sagt Gubarew. Gespräche seien nur unter Beteiligung Russlands möglich.

In Moskau gibt sich Präsident Wladimir Putin demonstrativ besorgt. Er legt zunächst am Kreml rote Nelken nieder für die Opfer des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion vor genau 73 Jahren, am 22. Juni 1941. Dann begrüßt er die Waffenruhe im krisengeschüttelten Nachbarland. Putins Lob dürfte im Westen genau registriert werden.

Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen bei ihrem Gipfel in Brüssel an diesem Freitag auch darüber sprechen, ob die Lage in der Ukraine Wirtschaftssanktionen gegen Russland erfordert. Als entscheidend dafür gilt, ob Moskau zur Beruhigung der Situation beiträgt.

Aljona Hetmantschuk vom ukrainischen Institut für internationale Politik warnt die Führung in Kiew aber davor, Russland an den Verhandlungstisch zu bitten. Die Gefahr sei groß, dass Moskau dann wie im Konfliktgebiet Transnistrien als Schutzmacht auftreten und mit "Friedenssoldaten" einmarschieren könnte, meint die Expertin. Auch Berater in Poroschenkos Umfeld bezeichnen die Offerte aus dem Kreml als "süßes Gift".

Ungeachtet der Feuerpause fallen auch am Wochenende Schüsse. Armee und Aufständische geben sich gegenseitig die Schuld an den Gefechten. Aber größere Kämpfe wie in den vergangenen Monaten, mit Dutzenden Toten und Verletzten, bleiben aus.

Poroschenko scheint sich indes im Klaren, dass seine Initiative auch scheitern kann. "Das Friedensszenario ist unser Plan A", sagt der Präsident beim Besuch eines Lazaretts, "aber wir haben auch Plan B." Details nennt er nicht - aber es klingt wie eine Drohung. dpa

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