Weniger Kontrollen Polizisten beklagen mangelnde Alkoholtests vor Weihnachten

Düsseldorf · Alkohol am Steuer zählt zu den häufigsten Unfallursachen. Dennoch setzen sich Menschen nach dem Genuss von Glühwein und anderen alkoholischen Getränken ans Steuer. Polizeigewerkschaften bemängeln nun, dass es immer weniger Kontrollen gibt – gerade auch in der Vorweihnachtszeit.

 Ein Polizist spricht bei einer Alkoholkontrolle mit einem Verkehrsteilnehmer.

Ein Polizist spricht bei einer Alkoholkontrolle mit einem Verkehrsteilnehmer.

Foto: dapd/Niclas Weber

Wegen Personalmangels gibt es nach Angaben von Gewerkschaftsvertretern deutlich weniger Alkohol-Schwerpunktkontrollen als früher. Besonders groß ist das Problem demnach in der Vorweihnachtszeit, in der früher besonders stark kontrolliert worden ist, um etwa alkoholisierte Besucher von Firmen-Weihnachtsfeiern und Weihnachtsmärkten aus dem Verkehr zu ziehen.

„Uns fehlt schlichtweg das Personal, um Alkoholkontrollen zu machen“, sagte Michael Maatz, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW. „Früher geriet man zum Beispiel nachts an Wochenenden auf den einschlägigen Straßen zu hundert Prozent in eine Alkoholkontrolle. Die Zeiten sind leider vorbei, weil die dafür nötigen Kräfte für andere Aufgaben benötigt werden“, so Maatz. Der NRW-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, bestätigte: „Alkoholkontrollen, wie sie früher die Regel waren, gibt es nicht mehr. Die Polizisten werden für andere Einsätze benötigt“, so Rettinghaus. Das bedeute aber nicht, dass überhaupt nicht mehr kontrolliert werde. „Viele werden etwa von einer Streife erwischt, weil sie Schlangenlinien gefahren sind“, so Rettinghaus.

Selbst in der Vorweihnachtszeit würden kaum noch gezielte Schwerpunktkontrollen durchgeführt. „Es wird zwar öffentlich gesagt, dass diese stattfinden. Aber die Realität sieht anders aus“, sagte Rettinghaus. Anstatt – wie noch vor einigen Jahren – an Kontrollpunkten für Autofahrer an den Ausfallstraßen von Weihnachtsmärkten zu stehen, patrouillierten die Polizisten verstärkt auf den Weihnachtsmärkten selbst, weil sie wegen Terrorgefahr oder zur Verhinderung von Taschendiebstählen im Einsatz seien. Ein Polizist vom Wach- und Wechseldienst sagte: „Jeder muss sich nur mal selbst fragen, wie oft er in diesem Jahr schon in eine Alkoholkontrolle geraten ist. Dann weiß man eigentlich, dass es keine wirklichen Kontrollen mehr gibt.“

Maatz sieht den Grund für die Misere darin, dass die Verkehrsdirektionen der Polizei in den vergangenen Jahren eher stiefmütterlich behandelt worden seien. „Wir brauchen dringend mehr Kräfte und Ausrüstung für den Bereich Verkehr. Dann können wir auch wieder Alkoholkontrollen wie früher durchführen“, betonte Maatz.

Dabei zählt Alkohol am Steuer zu den häufigsten Unfallursachen. So starben im vergangenen Jahr bundesweit 7,5 Prozent aller tödlich verletzten Verkehrsteilnehmer infolge eines Alkoholunfalls, das heißt jeder 13. Getötete. Nach Angaben des Deutschen Verkehrsrats, der die Zahlen erhoben hat, haben Alkoholunfälle häufig besonders schwere Folgen. Der Statistik zufolge waren viele der alkoholisierten Beteiligten relativ jung: 17 Prozent waren zwischen 18 und 24 Jahre alt, weitere 15 Prozent zwischen 25 und 34. „Zudem stellen wir fest, dass auch das Fahren unter Drogeneinfluss zunimmt“, so Maatz. „Die hat man früher sonst bei den Schwerpunkt-Alkoholkontrollen natürlich auch immer direkt mit erwischt.“

Die Zahl der Autofahrer, die in NRW mit Alkohol am Steuer er­wischt wurden, ist in den vergangenen zwei Jahren in etwa gleich hoch geblieben. Von Januar bis August 2019 stellte die Polizei 8760 Verkehrsverstöße „Führen eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss“ fest, wie das Innenministerium auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. In 5952 der genannten Fälle wurde eine Blutprobe entnommen. Damit gingen diese Delikte im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres, in dem rund 8816 Fälle (6110 Blutproben) gezählt wurden, geringfügig zurück.

NRW-Innenminister Herbert Reul sagte dazu auf Anfrage dieser Zeitung: „Wer betrunken Auto fährt, riskiert nicht nur sein eigenes, sondern auch das Leben anderer Menschen. Die NRW-Polizei setzt daher auf verstärkte unangekündigte und ganzheitliche Kontrollen für mehr Verkehrssicherheit. Dazu gehören sowohl das Fahrverhalten, die technische Sicherheit des Fahrzeugs, als auch die momentane Fahrtüchtigkeit. Was auch zur Wahrheit gehört: Der Kampf gegen den Terror ist nach wie vor ein Einsatzschwerpunkt und fordert natürlich viel Personal. Wir können leider nur die Polizisten verteilen, die da sind.“

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