NRW Alleinerziehende berichtet von den Problemen im Schul-Lockdown
Die Corona-Pandemie zwingt NRW-Eltern weiter zum „Homeschooling“. Mathe, Deutsch und Englisch auf dem Privat-Handy und mit wackeligem W-Lan kann Schüler und ihre Eltern an die Grenzen bringen - vor allem Alleinerziehende. Eine Betroffene berichtet.
Im Schlafzimmer wickelt Franziska H. schnell den kleinen Henri, dann geht es nebenan weiter mit Emmas Matheaufgaben auf dem Handy (alle Namen geändert). Homeschooling ist schon für finanziell gesicherte Familien mit beiden Partnern anstrengend. Alleinerziehende mit wenig Geld kann der Wegfall des Präsenzunterrichtes manchmal an ihre Grenzen bringen. Am Montag hat für die Schüler in Nordrhein-Westfalen der Unterricht zu Hause begonnen. Dass der Lockdown nun noch bis mindestens Ende Januar weitergeht, hält die 36-Jährige aus einer Kleinstadt am Niederrhein trotzdem für vernünftig. „War doch klar bei den hohen Corona-Zahlen“, sagt sie knapp, „ich hatte nichts anderes erwartet“.
Die gelernte Landwirtin hat sich erst im vergangenen Sommer von ihrem Partner getrennt und mit Mühe eine Drei-Zimmer-Wohnung im Ort gefunden. Sie lebt mit Emma (12) und Henri (18 Monate) aktuell von Hartz IV, Elterngeld und Unterhaltsvorschuss, wie sie erzählt. „Wir haben noch kein W-Lan, ist mir zu teuer“, sagt die 36-Jährige. Auch Laptops fehlen, Emma und sie selbst haben aber Handys. Die Nachbarin im Haus - ebenfalls alleinerziehend - erlaubt Emma, ihr W-Lan mit zu nutzen und Schulaufgaben wenn nötig bei ihr auszudrucken.
In Nordrhein-Westfalen leben fast 330 000 Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, wie der Verband allein erziehender Mütter und Väter mitteilte. In neun von zehn Fällen meistern Mütter die Erziehung. Untersuchungen belegen die Gefahr für diese Ein-Eltern-Familien nur sehr wenig Geld zur Verfügung zu haben. „Alleinerziehende sind in höchstem Maße armutsgefährdet“, hat die Bertelsmann Stiftung in einer Studie festgestellt. Und das betrifft auch die Kinder: 2015 lebten mehr als eine halbe Million Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in einer Familie, die Hartz-IV-Leistungen bezog.
Emma besucht die 6. Klasse einer Sekundarschule und hat eher mäßige Noten. „Sie ist überhaupt nicht dumm, aber hat solche Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren“, sagt die Mutter. „Eigentlich weiß sie die Sachen, aber in der Klassenarbeit ist plötzlich alles weg.“ Die Klassenlehrerin kenne das Problem, sagt die Mutter. Aber die ist jetzt nur noch auf dem Handybildschirm zu sehen. Schwächeren Schülern falle der Distanzunterricht eben oft schwer, sagt die 36-Jährige.
Ihr Vater - Emmas und Henris Großvater - helfe manchmal auch bei den Aufgaben. Von ihm nehme sie leichter Hilfe an als von der Mama. Und demnächst habe die Familie Aussicht auf einen gespendeten Laptop von einem privaten Verein, sagt Franziska. Was aktuell ihr größter Wunsch ist? „Ein gescheiter W-Lan-Anschluss“, sagt sie. „Wir müssen eben durchhalten bis Corona vorbei ist“, sagt die Alleinerziehende.