European Astronaut Center "Astro-Alex" zeigt NRW-Minister seinen Arbeitsplatz

Wahn · Was hier trainiert wird, müssen wir auf dem Mond nicht mehr lernen: Diesen Eindruck teilt NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart beim Besuch des European Astronaut Center in Köln-Wahn. Alexander Gerst hatte ihn eingeladen, sich seinen Arbeitsplatz persönlich anzuschauen.

 Im Columbus-Trainingsmodul der ISS und doch geerdet: Minister Andreas Pinkwart (links) und Esa-Astronaut Alexander Gerst.

Im Columbus-Trainingsmodul der ISS und doch geerdet: Minister Andreas Pinkwart (links) und Esa-Astronaut Alexander Gerst.

Foto: Martin Wein

„Da sind wir jetzt ja schon ein ganzes Stück gelaufen“, sagt Andreas Pinkwart und freut sich wie ein Schuljunge. Die Referentin des nordrhein-westfälischen Wirtschafts- und Innovationsministers verzieht leicht genervt die Augenbrauen. Sie weiß: Pinkwart hat mit seiner 3-D-Brille auf der Nase kaum drei Trippelschritte durch den kargen Raum im European Astronaut Center (EAC) auf dem Gelände des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln-Wahn gemacht. Aber der erste Schritt auf dem Mond ist eben auch für einen Politiker mühsam. Und als Pinkwart mit den beiden Joysticks in der Hand einen virtuellen Mondbrocken in die virtuelle dünne Mondatmosphäre wirbelt, bringt er die ganze Simulation zum Absturz.

Astronaut Alexander Gerst, das wohl bekannteste Gesicht der deutschen Weltraumforschung, hatte Pinkwart bei einem Telefongespräch zu einem Besuch ins Trainingszentrum aller europäischen Astronauten eingeladen. Persönlich und mit viel Hintergrundwissen führt Gerst den Landespolitiker am Donnerstag durch seine Arbeitsstelle. „Insgesamt habe ich rund 10.000 Stunden für beide Missionen trainiert“, berichtet der smarte Wissenschaftler.

Pinkwart staunt über das zehn Meter tiefe Tauchbecken zur Simulation der Schwerelosigkeit. Er darf ziemlich exklusiv in die Trainingskopie des europäischen Raumlabors Columbus auf der Raumstation ISS einsteigen, in dem alle ISS-Astronauten für ihre Missionen üben. Und er spaziert mit virtueller Technik über den Mond.

700 Quadratmeter Mondboden

Für die europäische Weltraumagentur Esa ist der Besuch ein guter Anlass, für ihre künftigen Aktivitäten zu werben. Auf dem Gelände in Wahn solle bis Ende 2020 in einer neuen Halle ein 700 Quadratmeter großes Stück Mondboden aus dem Basaltsteinen der Gegend entstehen, berichtet Guillaume Weerts, stellvertretender Leiter des EAC. Dort können – weltweit einmalig – die Beleuchtung und aufgehängt an einem Kran die verringerte Schwerkraft simuliert werden. „Das ist ein echtes Sparprogramm“, sagt Weerts, „was wir hier trainieren, müssen wir auf dem Mond nicht mehr lernen.“ „Ich freue mich, dass die Esa den Mond nach NRW holt“, schmunzelt Pinkwart. Für die heimische Wirtschaft biete die Weltraumforschung in Köln großes Potenzial.

Aus Sicht von Geophysiker Gerst soll es nicht bei Simulationen bleiben. Bis 2024 wollen die Amerikaner zurück zum Mond. Begeistert zeigt der Astronaut ein Modell des Landevehikels für die Mondmission, das technisch aus dem europäischen RTV-Modul zum automatischen Andocken an der ISS entwickelt wurde. Auch wenn es zu früh für Bewerbungen sei, macht Gerst deutlich, dass er die drei Tage lange Reise zum Mond – zunächst wohl zu einer kleineren Station im Mond-Orbit – nicht scheuen würde.

Dabei zeigt sich der Astronaut ansonsten ganz irdischen Problemen zugewandt. Immer wieder berichtet er, wie Experimente im All helfen, Probleme am Boden zu lösen. So können etwa Tumorzellen in Schwerelosigkeit im Experiment in dreidimensionalen Kugeln wachsen, in der Petrischale im Labor aber nur flächig. „Wirkstoffe verteilen sich dreidimensional aber ganz anders als horizontal“, erläutert Gerst. Bei Therapien gegen Parkinson oder Alzheimer sei das ebenfalls entscheidend.

Im Raumanzug ist es angenehm kühl

Gerst zeigt auch eine Kopie des berühmten Schmelzofens, den er selbst vor Jahren auf der Station angeschlossen hat. Das Gerät schließt Legierungen im Vakuum berührungsfrei auf. So lassen sich Materialeigenschaften untersuchen. Allerdings war die Installation fast gescheitert, weil sich ein Bolzen verklemmt hatte. Damit beim Absägen keine Späne in die Sauerstoffversorgung der ISS gelangten, schmierte Gerst seinerzeit Rasierschaum auf die Bolzenkante. „Das wurde hier vorher wochenlang getestet. Aber letztlich durfte ich meine Idee umsetzen“; freut er sich.

Ob es Andreas Pinkwart auch auf den Mond zieht, bleibt nach zwei Stunden offen. Beeindruckt zeigt er sich von der Aufbruchstimmung in der Esa. 50 Jahre nach der Mondlandung sei der nächste große Schritt in der Weltraum-Erkundung fällig, gibt er Gerst recht. Der verschweigt angesichts von 40 Grad draußen auch nicht die praktischen Vorzüge eines Weltraumaufenthalts: „Auf der ISS können wir die Temperatur regeln. Meist stellen wir auf angenehme 21 Grad.“

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