Kulturgut seit Jahrtausenden Bier: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe

BAMBERG · Seit fast 500 Jahren gilt das Reinheitsgebot beim Brauen. Am Mittwoch (23. April) ist der Tag des deutschen Bieres.

 Ob unter freiem Himmel oder unter einem Zeltdach: Biertrinken ist fast immer auch eine gesellige Angelegenheit. Dabei kann es im Biergarten ganz entspannt zugehen - oder mit durchaus erwartungsfroher Hektik, wie das Foto von der Eröffnung des Münchener Oktoberfestes 2013 dokumentiert.

Ob unter freiem Himmel oder unter einem Zeltdach: Biertrinken ist fast immer auch eine gesellige Angelegenheit. Dabei kann es im Biergarten ganz entspannt zugehen - oder mit durchaus erwartungsfroher Hektik, wie das Foto von der Eröffnung des Münchener Oktoberfestes 2013 dokumentiert.

Foto: dpa

Für viele Bierfreunde ist der 23. April ein Grund zum Feiern. An diesem Tag wurde vor fast 500 Jahren das deutsche Reinheitsgebot proklamiert. Sinkende Umsätze machen den Brauereien allerdings zu schaffen. Die ersten keilschriftlichen Aufzeichnungen von Bierrezepten sind Tausende Jahre alt. Schon die Babylonier kannten 20 verschiedene Sorten. Fragen und Antworten rund um den beliebten Gerstensaft.

Seit wann wird Bier gebraut?

Bier gibt es vermutlich schon, seit der Mensch Getreide isst. Bereits im dritten Jahrtausend vor Christus war Bier in Mesopotamien, dem Land zwischen Euphrat und Tigris, populär. Die Kunst des Brauens kam von den Kulturen des Vorderen Orients in den Mittelmeerraum und erreichte mit den Römern auch Germanien. Hier wurde sie im Mittelalter vor allem in den Klöstern weiterentwickelt. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts lag das Hauptgewicht der Produktion in Norddeutschland, verschob sich aber dann nach Bayern. Mit den technischen Möglichkeiten des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Bierproduktion vom Handwerk zu einem bedeutenden Industriezweig.

Was hat es mit dem deutschen Reinheitsgebot auf sich?

Das vom bayerischen Herzog Wilhelm IV. 1516 erlassene Reinheitsgebot gilt im Kern noch heute. Laut Gesetz darf Bier nur aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe hergestellt werden. Chemische und andere Zusätze sind verboten. Damit ist das Reinheitsgebot nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes das älteste noch heute gültige Lebensmittelgesetz der Welt. Bevor Hopfen zur Konservierung und Aromatisierung verwendet wurde, kamen verschiedenste Kräuter und Gewürze zum Einsatz: Wacholder, Wermut, Kümmel, Lorbeer, Rosmarin oder Anis - aber auch heute seltsam anmutende Zusätze wie Ochsengalle und vermutlich das schon bei den alten Germanen als Droge bekannte Bilsenkraut.

Wie steht es mit ausländischen Bieren?

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 1987 dürfen ausländische Biere mit Zusatzstoffen in Deutschland verkauft werden. Die mehr als 1300 deutschen Brauereien setzen bei ihren über 5000 verschiedenen Sorten aber weiter auf das Reinheitsgebot. Jetzt hoffen die Brauer darauf, dass es - wie die türkische Kaffeekultur oder die Mittelmeer-Diät - auf die Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes gesetzt wird. Das würde im Wettbewerb mit ausländischen Konkurrenten helfen.

Woher kommt das Wort "Bier"?

Das wissen selbst Sprachwissenschaftler nicht so genau, es gibt mehrere Erklärungsversuche: Denkbar ist ein Zusammenhang mit dem germanischen Wort für Gerste oder Getreide. Eine andere Erklärung könnte die Geschichte des Gerstensafts liefern: Da Bier zuerst in Klöstern gebraut wurde, sei die Herleitung vom spätlateinischen "biber" (Trank) zum lateinischen "bibere" (trinken) möglich, glauben einige Forscher. Die Fachleute halten auch eine Verwandtschaft mit "brauen" für wahrscheinlich. Das italienische Wort "birra" geht auf das Deutsche zurück, das französische Wort "bière" ist dem Niederländischen entlehnt.

Wie steht es um den Bierdurst der deutschen Bevölkerung?

Seit vielen Jahren geht die Produktion stetig zurück. Der wichtigste Grund liegt nach Angaben des Brauer-Bundes in der Bevölkerungsentwicklung. Es gibt immer weniger junge Menschen - und die haben offenbar andere Konsumgewohnheiten. Im Ausland aber bleibt die Nachfrage nach deutschem Gerstensaft hoch: An der Spitze der Exportmärkte stand 2013 Italien, gefolgt von Frankreich und den Niederlanden. "Ermutigende Trends" sehen die deutschen Brauer in China und den USA. In Deutschland werden alkoholfreie Sorten immer beliebter. Beim europäischen Konsum liegen übrigens seit Jahren die Tschechen an der Spitze.

Weniger Bier aus NRW

In Nordrhein-Westfalen wurde 2013 erneut weniger Bier gebraut. Das zeigen Berechnungen des Statistischen Landesamts. 2013 wurden in den 32 größeren Brauereien in NRW 19,1 Millionen Hektoliter Bier gebraut. Das entspricht einem Minus von 1,3 Prozent gegenüber 2012. 2003 hatte es noch 37 größere Brauereien gegeben; sie hatten 24,1 Millionen Hektoliter Bier gebraut. Hingegen gab es eine Steigerung bei alkoholfreiem Bier, von dem im vorigen Jahr 10,2 Prozent mehr produziert wurde als 2012.

Experten: Biergenuss nur in Maßen

Gegen ein Feierabend-Bierchen ist nichts einzuwenden, solange es nicht zur täglichen Gewohnheit wird. Denn daraus kann sich eine Alkoholsucht entwickeln. Grundsätzlich sollte niemand an mehr als fünf von sieben Tagen Alkohol trinken, rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln. Die Menge spielt ebenfalls eine Rolle bei der Frage, ab wann Alkohol schädlich ist: Für Männer sind höchstens zwei 0,3-Liter-Gläser Bier pro Tag vertretbar, und das eben auch nicht jeden Tag. Für Frauen sollte schon nach der halben Menge Schluss sein. Bei ihnen führt der Konsum der gleichen Menge Alkohol zu einer höheren Blutalkoholkonzentration als bei Männern. Um nicht übermäßig Alkohol zu sich zu nehmen, rät die BZgA, alkoholhaltige Getränke wie Bier nicht als Durstlöscher zu verwenden. Zwischendurch sollte immer mal wieder zu alkoholfreien Getränken gegriffen werden. Außerdem kann es helfen, sich ein Vorbild an Freunden oder Verwandten zu nehmen, die wenig oder keinen Alkohol trinken.

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