Amseln, Meisen und Co. Darum kann man schon im Winter Vögel singen hören

Bonn · Bei dem aktuell nassen Wetter bleiben viele Menschen lieber im Trockenen. Umso mehr verwundert, dass die Vögel draußen schon sehr aktiv sind: Es zwitschert und singt überall. Ein Zeichen für einen verfrühtes Ende des Winters?

Die Amsel ist einer der ersten Vögel im Jahr, die mit Beginn der Brutsaison ihren Gesang hören lassen.

Die Amsel ist einer der ersten Vögel im Jahr, die mit Beginn der Brutsaison ihren Gesang hören lassen.

Foto: dpa/Sina Schuldt

Schon eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang geht es los: Erstes Vogelgezwitscher erklingt und begleitet die Ersten auf dem Weg zu Arbeit oder beim Aufstehen. Und manch einer ist verwundert: Ist es jetzt im Januar nicht normalerweise noch zu kalt für die Singvögel?

„Was wir bisher hören, ist nicht ungewöhnlich“, sagt Darius Stiels aus Bad Honnef von der nordrhein-westfälischen Ornithologengesellschaft. Der Frühling beginne für viele Vogelarten schon früher, als er im Kalender steht. Einige fangen schon an zu brüten, andere sind kurz davor und auf der Suche nach einem geeigneten Partner oder Nistplatz.

Kohlmeisen und Amseln als erstes rund um Bonn zu hören

Zu Beginn des Jahres sind in der Region um Bonn Kohlmeisen und Amseln die Ersten, deren Gesang man hören kann, wie Stiels erklärt. Wer im Kottenforst bei Bonn oder im Siebengebirge unterwegs ist, könne im Januar auch schon den Gesang der Misteldrossel hören, die dort beheimatet ist. Auch Amseln gehören zu den Ersten, die singen. Viele Vögel machen sich jetzt auf die Suche nach einem Nistplatz: „Am Nistkasten kann man beobachten, dass die ersten Vögel anfangen, Höhlen zu besichtigen“, sagt Stiels.

Indirekt wird das Vogelgezwitscher vom Sonnenlicht ausgelöst: „Das Licht trifft aufs Auge der Vögel und löst eine Reaktion aus, bei der bestimmte Hormone ausgestoßen werden“, so Stiels. Diese Hormone bringen die Vögel zum Singen. Der Beginn des Vogelgezwitschers ist also auch von der Tageslänge abhängig und davon, wie viele Sonnenstunden der Tag hat: „In Schlechtwetterphasen kann es deswegen auch ganz schnell wieder ruhig werden“, sagt der Experte.

Nabu: Vögel singen fast nur zur Brutzeit.

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) schreibt dazu: „Vögel singen fast nur zur Brutzeit. Daher hört man Vogelgesang vor allem ab dem Spätwinter bis Ende Juli.“ Auf der Vogeluhr auf der Website des Nabu kann man nachlesen, welcher Vogel um welche Uhrzeit und zu welcher Jahreszeit zu hören ist: 80 Minuten vor Sonnenaufgang ist der Gartenrotschwanz schon sehr früh wach, seine Brutsaison beginnt im April und endet im Juli. Der Buchfink beginnt erst etwa zehn Minuten vor Sonnenaufgang zu singen, er ist von Februar bis Juli am lautesten zu hören.

Zum Ende der Brutzeit wird es wieder stiller: Laut nordrhein-westfälischer Ornithologengesellschaft brüten die meisten Vögel im Frühjahr, im Sommer ist der energieaufwändige Gesang für sie nicht mehr notwendig. Der Gesang sei dabei nicht mit Kontaktrufen zu verwechseln, die verschiedenen Vogelarten das ganze Jahr über zur Kommunikation dient.

„Der Januar befindet sich im Hinblick auf die Temperatur auf einem beständigen Höhenflug“, schrieb der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach der ersten Januarwoche. Seit Wochen sei es wechselhaft, teilte er jüngst mit. „Es fühlt sich eher nach windigem Herbstwetter statt Winter an“, so der DWD. Das Vogelgezwitscher, was schon jetzt im Januar zu hören ist, ist nicht vollständig wetterbedingt. Hat der Klimawandel dennoch Auswirkungen auf die heimischen Vogelarten?

Vögel im Winterquartier profitieren von lockeren Böden

Laut Derk Ehlert, Wildtierexperte der Berliner Umwelt-Senatsverwaltung, haben die milderen Temperaturen im Winter zunächst einen Vorteil für die Tiere: Vögel, aus Nord- und Osteuropa, die ihr Winterquartier in Deutschland suchen, profitieren laut Experten von lockeren Böden und finden dadurch mehr Nahrung. „Wir merken das direkt an den Futterplätzen. Die werden gar nicht besucht, weil die Vögel genügend Futter haben“, so Ehlert.

Auch Stiels erkennt Auswirkungen des Klimawandels: „Wir beobachten bei einigen Vogelarten Veränderungen im Jahreszyklus. Einige Arten, die den Winter hier bei uns verbringen, brüten schon früher“. Je nach Region betreffe das unterschiedliche Arten, meist allerdings Standvögel, die den Winter sowieso in heimischen Gefilden verbringen, so der Experte.

Auch das Verhalten von Zugvögeln verändere sich: Kurzstreckenzieher, die im Winter normalerweise ans Mittelmeer ziehen, bleiben mitunter sogar in der Region. So könne man zum Beispiel derzeit die Mönchsgrasmücke in der Bonner Innenstadt hören und beobachten, die den Winter normalerweise lieber in mediterranem Klima verbringt.

Wie viele Vögel gibt es in NRW? Die nordrhein-westfälische Ornithologengesellschaft erfasst mithilfe ehrenamtlicher Zähler Bestände verschiedener Vogelarten im Bundesland. Ergebnisse der Zählungen kann man auf http://www.nw-ornithologen.de/ einsehen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort