Vergewaltigung in Indien Brutales Ende einer Fahrradtour
BANGKOK · Es ließ sich an wie einer jener Abende, von denen man bei der Reiseplanung träumt. Rund 100 Meter von der Landstraße entfernt hatten die 38-jährige Lehrerin und ihr 29-jähriger Begleiter, beide in der Schweizer Lausanne beheimatet, mitten im Wald ihr Zeltlager nahe dem Ort Datia im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh aufgeschlagen.
Doch dann verwandelte sich der romantische Abend abseits der Menschenmassen im übervölkerten Indien in einen brutalen Alptraum. Aus dem Dunklen stürmten acht Männer hervor, schlugen auf das Paar ein, fesselten den Mann und vergewaltigten die Frau. Stunden später fanden Passanten die weinende Frau und ihren Begleiter und brachten sie zur Polizei. Gestern verkündete die Polizei, sie habe sechs Verdächtige festgenommen. Fünf Dorfbewohner hätten die Tat gestanden.
Die Schweizer waren mit ihren Fahrrädern auf dem Weg von der Stadt Orchha zum weltberühmten Taj Mahal in der Stadt Agra und hatten einen Zwischenstopp in Datia eingeplant. Die Gegend inmitten großen Wäldern ist wegen ihrer Abgelegenheit und zahlreichen Tempeln vor allem bei ausländischen Rucksacktouristen beliebt.
Nachts ist es lebensgefährlich, sich mit Fahrrädern auf indische Landstraßen zu wagen. Und zu leichtsinnigen Touristen gehörte das Paar offensichtlich nicht. Sie hatten vom Iran ein Flugzeug in die indische Wirtschaftsmetropole Mumbai genommen, weil ihnen das terrorgeplagte Nachbarland Pakistan zu riskant erschien.
Was die beiden aber wahrscheinlich nicht wussten: Sie schlugen ihr Nachtlager im Wald in einer Gegend auf, die den schlimmsten Frauenmangel in Indien aufweist. Laut offiziellen Angaben kommen auf 100 Männer nur 85 Frauen. Der Grund: Während der vergangenen zwei Jahrzehnte haben viele Mütter unter dem Druck ihrer Familien systematisch weibliche Föten abgetrieben, weil Töchter "nur Geld kosten", wie es in Indien gerne heißt. Bei der Heirat sind Mitgiften fällig, die häufig an die wirtschaftlichen Grenzen der Eltern der Töchter stoßen.
Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist denn auch an der Tagesordnung. Erst kurz vor Weihnachten wurde eine 23-jährige Studentin zu Tode vergewaltigt. Während die Geschichte um das Schweizer Paar Wellen bis nach Europa schlug, meldeten indische Zeitungen den Tod einer 17-Jährigen in Agra, die vergewaltigt worden sein soll, die Vergewaltigung einer 38-jährigen Frau durch eine Bande während einer Busfahrt in der Stadt Indore sowie den Messerangriff auf eine 21-jährige Studentin durch einen Stalker.
Schließlich ist da noch der Fall des Polizistensohnes Bitti Mahanti, der sich dank väterlicher Hilfe nach seiner Verurteilung wegen der Vergewaltigung einer Deutschen in der Stadt Alwar sechs Jahre lang mit Hilfe einer neuen Identität versteckte. Er flog erst auf, als er seine Freundin verstieß - und die sich per Brief an die Behörden rächte.