Tierische Buchausleihe In der Pfalz bringt der „Pony-Express“ die Leihbücher

Freimersheim · Lieferdienste boomen in der Corona-Pandemie. In Freimersheim in der Pfalz gibt es nun sogar einen Pony-Express. Wallach Cisco bringt die Bücher einer Leihbibliothek zu Klein und Groß.

 Natalie Dernberger, Mitarbeiterin der Gemeindebücherei, verstaut Bücher der Gemeindebücherei in einer, auf dem Rücken des Pony Cisco befestigten Packtasche.

Natalie Dernberger, Mitarbeiterin der Gemeindebücherei, verstaut Bücher der Gemeindebücherei in einer, auf dem Rücken des Pony Cisco befestigten Packtasche.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Jeden Dienstag lässt der Hufschlag eines Ponys die Herzen von Lesern im Süden von Rheinland-Pfalz höher schlagen. Der sechsjährige Konik-Wallach Cisco bringt dann Bücher in Packtaschen zu Klein und Groß in Freimersheim - als „Pony-Express“. Die Idee dazu hatte die örtliche Leihbibliothek, als das Haus wegen der Corona-Pandemie schließen musste. Ein Lieferservice auf vier Beinen: Einige im 1000-Einwohner-Ort Freimersheim hätten das anfangs für etwas verrückt gehalten, sagt Bücherei-Leiterin Denise Zink.

Sie selbst auch. „Aber nachdem wir im Team gesprochen hatten, war uns klar – je verrückter, desto besser. Denn wir wollen den Leuten ja Freude bereiten.“ Die vergangenen Monate seien überschattet gewesen von negativen Nachrichten. „Die Rückmeldungen zeigen uns, dass man froh ist, mal wieder etwas Schönes zu sehen.“ Längst werde der tierische Transport auf der Straße angesprochen. „Vor allem Kinder freuen sich, wenn sie das Hufgetrappel hören.“

Freude beim Bibliotheks-Verband

Cisco ist das Pferd von Zinks Tochter Nuria. „Er ist den Sattel gewohnt, da wir gemeinsam Nuria öfter vom Kindergarten abholen“, sagt die Büchereichefin. Vor der ersten Tour habe sie ein paar Tage lang geübt, da das Gewicht der Bücher anders verteilt sei als das eines Reiters. „Karotten- und Apfelstückchen haben natürlich bei der Überzeugungsarbeit geholfen“, meint sie augenzwinkernd. „Aber Cisco ist generell ein gelehriges Pony und arbeitet gerne freiwillig mit.“

Der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) freut sich über die Idee. In der Pandemie seien vielerorts Bibliotheken höchst einfallsreich gewesen, wenn es darum gehe, Bücher zu Leserinnen und Lesern zu bringen, betont dbv-Bundesgeschäftsführerin Barbara Schleihagen. So habe es etwa Vorlesestunden im Internet oder kontaktlose Bücherrutschen gegeben - „oder die super Aktion in Freimersheim“, sagt sie. „In anderen Ländern haben wir Kamelbibliotheken oder Bootsbibliotheken gesehen, einen Pony-Express aber noch nicht.“ Bei allen Ideen stehe im Vordergrund: „Das Buch muss zum Leser!“

Bücherei wird ehrenamtlich geleitet

Der „Pony-Express“ hat ein historisches Vorbild. Vor mehr als 150 Jahren stand der Begriff für eine Reiterstafette, die Nachrichten durch die USA transportierte - die damals schnellste Postverbindung in Nordamerika. Und so funktioniert die Pfälzer Variante: Kunden der Leihbibliothek bestellen Bücher vor, und immer dienstags liefern Zink und ihr Team die Druckwerke aus. „An einem Tag hatten wir 20 Bücher. Da nicht alles in die Satteltaschen passte, legten wir einen Zwischenstopp in der Bücherei ein.“ Das Team holt die Bücher auch ab.

Zink arbeitet eigentlich als Prozessmanagerin im Fuhrparkmanagement des BASF-Konzerns. Die ehrenamtliche Leitung der Bibliothek übernahm sie im Sommer 2020. Aufgrund der zuletzt sinkenden Infektionszahlen konnte die Bücherei vor kurzem wieder öffnen. „Wir werden aber den Pony-Express erst einmal parallel weiterlaufen lassen“, sagt Zink.

Ortsbürgermeister Daniel Salm ist begeistert von der Initiative. „Diese originelle Idee ist eine tolle Werbung für die Bücherei. Es konnten sowohl neue Ausleiher gewonnen werden, als auch Stammkunden glücklich gemacht werden“, sagt er. Der „vorbildliche Einsatz“ sei sehr wertvoll für die Dorfgemeinschaft. „Insbesondere in dieser ausgewöhnlichen und schwierigen Zeit.“

Und was war das verrückteste Erlebnis bisher? „Das Wetter“, meint Leiterin Zink. „Wir hatten oft Regen und gerieten einmal in einen Wolkenbruch.“ Dem Pony habe das nichts ausgemacht. „Auch die Bücher blieben trocken, aber mir stand das Wasser in den Schuhen.“ Es gäbe aber grundsätzlich immer was zu lachen. „Sei es, weil Cisco versucht, in einen Hausflur zu kommen, weil er dort Karotten vermutet. Oder dass er mitten im Hof eines Kunden einen Haufen Pferdeäpfel verliert.“ Dann trabt der „Pony-Express“ weiter - die Leser warten schon.

(dpa/l)
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