Auskochen oder Auslüften? So können FFP2-Masken sicher mehrfach genutzt werden

Münster/Berlin · Viele Menschen nutzen ihre FFP2-Masken über Tage hinweg und stecken sie dazwischen teils in die Hosentasche. Das ist alles andere als ideal. Aber warum? Und wie geht es besser? Experten klären auf.

  FFP2-Masken sind vom Hersteller in der Regel für den Einmalgebrauch gedacht, doch werden privat häufig mehrfach genutzt.

 FFP2-Masken sind vom Hersteller in der Regel für den Einmalgebrauch gedacht, doch werden privat häufig mehrfach genutzt.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Auskochen, Auslüften, Ausbacken: Wer eine FFP2-Maske mehrmals nutzen möchte, hat verschiedene Optionen für eine infektionssichere Wiederaufbereitung. Aber ist das überhaupt nötig? Wenn ja, wie macht man es am besten? Und was steckt hinter Masken mit angeblich virenabtötendem Material - lohnt die Investition in solche vergleichsweise teuren Modelle?

Der Chemiker Martin Kreyenschmidt beschäftigt sich seit mehr als einem Jahr mit der Frage, wie sich FFP2-Masken wiederaufbereiten lassen. „Das Projekt geht auf den Ausgangspunkt der Pandemie zurück, als noch zu wenig Masken verfügbar waren“, sagt Kreyenschmidt. Das Projektteam aus Forscherinnen und Forschern verschiedener Fachrichtungen an der Fachhochschule (FH) Münster wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gefördert.

Viren abtöten, Filter erhalten

Die große Frage lautet: Wie lässt sich eine Maske desinfizieren, so dass zwar Corona-Viren und ebenso Bakterien abgetötet werden, aber die Filterleistung bestehen bleibt?

Man kann sich natürlich fragen, wofür die Masken überhaupt wiederaufbereitet werden müssen. Doch die Prozedur erfüllt einen wichtigen Zweck.

Man muss sich dafür klarmachen: Erreger, die die Trägerin oder der Träger ausgeatmet haben, bleiben an der Innenseite der Maske. Setzt man sie wieder auf, atmet man sie erneut ein. Außerdem können an der Außenseite haftende Viren über die Hände verschmiert werden, etwa wenn man die Maske zurechtgerückt oder abgenommen hat. Über die Hände gelangen sie womöglich in Augen oder Nase und damit in den Körper.

Kurz gesagt: Es ist sicherer, wenn Bakterien und Viren vor der erneuten Nutzung abgetötet wurden. Nur sollte der Filterschutz, den die Maske ja bietet, davon nicht beeinträchtigt werden.

Wie die Masken das Ansteckungsrisiko senken

Dazu ein kleiner Exkurs: Die reine Filterleistung einer FFP2-Maske muss bei mindestens 94 Prozent liegen. Das heißt, maximal 6 von 100 Kleinstpartikeln in der Luft und damit auch potenzielle Corona-Viren dürfen hindurch gelangen. Dringen kaum Viren durch, minimiert sich das Ansteckungsrisiko erheblich - sowohl für die Trägerinnen und Träger als auch für Personen in deren Umgebung.

Freilich nützt der beste Filter nichts, wenn die Maske zu locker sitzt und die Luft an den Wangen oder an der Nasenwurzel entlang aus- und einströmt. Doch darum geht es in dem Fall nicht.

Martin Kreyenschmidt schaut nur darauf, wie verschiedene Arten der Wiederaufbereitung auf die Filterleistung der Maske wirken. Der Professor sagt: Sobald polare Flüssigkeiten, zu denen auch Wasser zählt, zur mittleren Lage der Maske - also zum elektrostatischen Filtervlies - durchdringen, nimmt dessen Ladung ab. Die Filterleistung für Kleinstpartikel bricht dann ein.

Seifen und Desinfektionsmittel sind keine Option

Kreyenschmidt ordnet ein: Die meisten FFP2-Masken auf dem Markt haben innere und äußere Schichten aus dem Material Polypropylen. Die Schichten lassen Wasser zwar gasförmig in der Atemluft durch, aber nicht in flüssiger Form, so dass die Ladung im Filtervlies in der Regel erhalten bleibt. Ist die Maske durchfeuchtet, verliert sie also nicht zwangsläufig deutlich an Schutzwirkung.

Werden die Masken hingegen mit Desinfektionsmittel wie Alkoholen oder Tensiden, also Seifen, behandelt, dringen diese zum Vlies vor, worauf die Ladungen abfließen können. „Es ist also keine Option, die Maske mit Desinfektionsmittel einzuschmieren, um Viren auf der Oberfläche abzutöten.“ Zumal bestimmte Desinfektionsmittel auch unangenehm auf die Schleimhäute der Augen und oberen Atemwege wirken könnten.

Drei Verfahren für den privaten Bereich

Die Münsteraner Forscherinnen und Forscher haben inzwischen drei Desinfektionsverfahren identifiziert, mit denen sich die Masken im Privatgebrauch wiederaufbereiten lassen: im Ofen, an der Luft und im Kochtopf. Wobei die Ofenmethode vielfach kritisiert wurde, weil man als Anwender eine Menge falsch machen kann. Ist der Ofen zu heiß, nimmt der Filter Schaden. Ist er zu kalt, sterben die Viren nicht ab.

Die beste Variante ist aus Kreyenschmidts Sicht das Abkochen im Topf. Die Maske kommt dafür in einen fest verschlossenen Koch- oder Gefrierbeutel und darin für zehn Minuten in kochendes Wasser. „Das ist eine sehr einfache Methode, wo man wenig falsch machen kann“, sagt Kreyenschmidt. „Dabei werden nicht nur sicher Coronaviren abgetötet, sondern auch eine Vielzahl anderer Bakterien. Das haben wir breit mikrobiologisch untersucht.“

Maximal drei Mal lässt sich eine Maske so auskochen. Bevor man zur Tat schreitet, sollte man sich die Beschreibung der Forscherinnen und Forscher aber genau durchlesen. Sie ist gratis im Netz verfügbar.

Eine weitere Methode ist das Lufttrocknen: Man hängt die Maske nach der Nutzung an einen Haken und lässt sie eine Woche lang trocknen. Das geht bis zu fünf Mal, ehe man die Maske entsorgen sollte.

Der Arbeitsschutzexperte Peter Paszkiewicz sieht die Wiederaufbereitungsmethoden skeptisch und gehört zu den Kritikern der Ofenmethode. Wenn man eine Maske mehrere Mal nutzen will, rät der Fachmann vom Institut für Arbeitsschutz bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) allenfalls zum Lufttrocknen.

In Taschen entwickeln sich Bakterien „vorzüglich“

„Das ist, was wir empfehlen: an den Haken hängen und trocknen lassen“, sagt Paszkiewicz. Auf keinen Fall sollte man FFP2-Masken in seiner Handtasche oder Jackentasche schmoren lassen. „Dann entwickeln sich Bakterienkulturen ganz vorzüglich.“ Die Maske sollte frei hängen, idealerweise einige Tage lang und im Sonnenlicht.

Die Angaben NR oder R auf den Masken haben laut Paszkiewicz keine Relevanz für Alltagsnutzer. Ersteres steht für nicht wiederverwendbar, Letzteres für wiederverwendbar. „Infektiologisch hat das keine Relevanz, es ist eher auf den Arbeitsschutz bezogen“, ordnet der Experte ein. Bei R-Masken gehe es darum, dass sie nach der Benutzung, etwa zum Schutz gegen flüssige Aerosole wie feinste Öltröpfchen und deren Einlagerung im Filtermaterial, auch über eine Arbeitsschicht hinaus ihre volle Filterleistung entfalten können.

Gut zu wissen für Privatnutzer: Die eigenverantwortlichen Wiederaufbereitungsempfehlungen der Münsteraner Forscherinnen und Forscher gelten auch für NR-Masken.

Maskenstoff deaktiviert Viren und Bakterien

Und was ist mit selbstdesinfizierenden Masken? Deren Prinzip klingt so simpel wie einleuchtend: Spezielle Materialien im Maskenstoff deaktivieren Viren und Bakterien innerhalb einer bestimmten Zeit. Mehrfaches Tragen der Maske soll so problemlos möglich sein. Das klingt sicher und nachhaltig, schließlich erspart man der Umwelt eine Menge Maskenmüll.

Eine solche Lösung sind positiv geladene textile Oberflächen, die negativ geladene Viren- oder Bakterienzellen bei Kontakt zerstören. Auf diese Technologie setzt der Schweizer Hersteller Livinguard - solche Masken gibt es unter anderem in Drogerien für teils mehr als 20 Euro zu kaufen. Sie sollen dafür aber mehr als 200 Mal wiederverwendbar sein, wenn man sie einmal pro Woche mit kaltem Wasser abspült, wie der Hersteller auf Anfrage mitteilt. Einschränkungen bei Wirksamkeit und Sicherheit gebe es keine.

Forscher der Freien Universität Berlin haben die Textilien von Livinguard untersucht. Ihr Ergebnis: Anhaftende Viren werden hier kontinuierlich deaktiviert, was den Umgang mit den Masken sicherer mache, wie es in einer Mitteilung der Uni heißt. Allerdings: Das Deaktivieren von SARS-CoV-2-Viruspartikeln geschieht laut FU „innerhalb weniger Stunden“. Es ist also nicht so, dass gefährliches Material sofort bei Kontakt neutralisiert wird, sondern es dauert etwas.

Martin Kreyenschmidt hat jahrelang im Bereich antiviraler und antimikrobieller Materialien geforscht. „Aus meiner Sicht wiegen solche Masken den Verbraucher in einer falschen Sicherheit“, urteilt der Chemiker. Man könne nicht realistisch sagen, wie schnell der Wirkmechanismus an unterschiedlichen Stellen nachlasse oder blockiert werde, sagt er mit Blick auf Technologien, die mit Ladungen arbeiten.

Kreyenschmidt erklärt: „Ist die Faseroberfläche mit Proteinen aus dem Speichel oder Viren und Bakterien belegt, funktioniert der Mechanismus zur Abtötung bei den Mikroorganismen nicht mehr.“

Produkte mit Silber, Kupfer oder Zink

Eine andere Variante sind selbstdesinfizierende Masken, die Silber-, Kupfer- oder Zinkverbindungen verwenden. „Bei diesen Materialien müssen die genannten Elemente in hoher Konzentration an der Faseroberfläche vorliegen, sonst ist die Wirksamkeit sehr gering“, sagt Kreyenschmidt. Außerdem bestehe besonders bei Silber die Gefahr einer schnellen Umwandlung in schwer lösliche Verbindungen wie Silberchlorid und Silbersulfid - mit der Folge, dass die Abtötung der Viren nicht oder nur noch extrem langsam funktioniert.

Außerdem ist es nach Ansicht des Fachmanns fragwürdig, was passiert, wenn die Gesichtshaut ständig Kontakt zu den Metallverbindungen hat oder durch mechanische Belastungen Fasern mit Metallen freigesetzt und eingeatmet werden.

Bei selbstdesinfizierenden Masken auf dem Markt ist generell ein genauer Blick auf die jeweilige Zertifizierung empfehlenswert. Sind es medizinische Masken - und wenn ja, welchem Standard entsprechen sie? So lässt sich vermeiden, dass man viel Geld für eine Maske ausgibt, die am Ende wegen nicht erfüllter Anforderungen zum Beispiel in den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht getragen werden darf.

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