Wegen des Coronavirus Bauarbeiten an der Kathedrale Notre-Dame liegen still

Paris · Die Bauarbeiten an der im April 2019 ausgebrannten Kathedrale müssen wegen des Coronavirus gestoppt werden – angelockt werden dadurch Plünderer.

 Die Bauarbeiten an der Pariser Kathedrale Notre-Dame müssen wegen des Coronavirus gestoppt werden.

Die Bauarbeiten an der Pariser Kathedrale Notre-Dame müssen wegen des Coronavirus gestoppt werden.

Foto: dpa/Thibault Camus

Die ausgebrannte Kathedrale Notre-Dame liegt noch immer wie ein waidwundes Tier auf der Île-de-la-Cité im Zentrum von Paris. Mit kühnen Holzkonstruktionen werden die Steinbögen an der Außenmauer notdürftig abgestützt und sollen so vor dem Einsturz bewahrt werden. Doch fast ein Jahr nach der Brandkatastrophe sind in diesen Tagen die Arbeiten zum Erliegen gekommen.

Der Grund ist der Coronavirus. „Die Schutzmaßnahmen, die die Arbeiter wegen der herrschenden Bleibelastung einhalten müssen sind schon sehr hoch“, erklärt Ariel Weil, Bürgermeister des 4. Arrondissement, und es könne nicht noch eine zusätzliche Sicherheitsstufe wegen der Pandemie draufgesattelt werden. Also habe man sich schweren Herzens entschlossen, die Arbeiten ganz ruhen zu lassen.

Ungünstiger Zeitpunkt

Diese Entscheidung kommt in einem ungünstigen Moment. Denn die Arbeiter wollte gerade damit beginnen, das Metallgerüst zu demontieren, das noch immer auf dem Dach der Kathedrale liegt. In der Brandnacht war die rund 300 Tonnen wiegende Konstruktion geschmolzen und lastet nun auf dem Gewölbe, das deswegen droht zusammenzubrechen.

Zudem sollte das Dach abgedichtet und mit der Reinigung des Innenraumes begonnen werden. Geplant war auch, die Orgel zu demontieren und zu restaurieren. Das alles muss nun warten, bis die für ganz Frankreich geltende Ausgangssperre aufgehoben wird.

Ruhe um die Kathedrale lockt Plünderer an

Die Ruhe um die Kathedrale hat allerdings ihre Tücken, denn sie lockt finstere Gesellen an. In diesen Tagen wurden vom Sicherheitsdienst zwei Männer ertappt, die sich im Inneren zu schaffen machten. Beim Anrücken der Polizei versteckten sie sich unter einer großen Bauplane. In einer großen Tasche hatten die Diebe Steine dabei, die sie offensichtlich verkaufen wollten. Für die Verantwortlichen ist das keine Überraschung, wiederholt sind Plünderer über den drei Meter hohen Sicherheitszaun gestiegen, der die Kirche umgibt. Aus diesem Grund wird das Bauwerk auch rund um die Uhr bewacht wird.

„Notre-Dame war schon immer ein Mythos“, erklärt André Finot, Sprecher von Notre-Dame. „Es gibt einen riesigen Schwarzmarkt für diese Dinge, man findet sogar Steine von der Kathedrale, die auf Ebay zum Kauf angeboten werden.“ Vor zwei Jahren sei ein Mann aufgeflogen, der einen gestohlenen Wasserspeier veräußern wollte. Von der Polizei befragt, erklärte er, die Figur sei ihm bei einem Spaziergang rund um Notre-Dame vom Dach vor die Füße gefallen und er habe sie nur aufgehoben.

Doch nicht nur Ganoven machen sich an Notre-Dame zu schaffen. „Im Dezember hatten wir einen großen Weihnachtsbaum auf dem Vorplatz aufgestellt“, erinnert sich André Finot. Doch die Touristen hätten die Christbaumkugeln und die Girlanden gestohlen, um sie als Souvenir mit nach Hause zu nehmen. Finot zählt inzwischen auch nicht mehr die Briefe von Bittstellern aus der ganzen Welt, die ein Stück Kohle von den verbrannten Dachbalken aus der Kathedrale haben möchten.

2020 sollte endlich die Restaurierung beginnen

Für die Verantwortlichen ist der Baustopp sehr bitter, denn 2020 sollte zu einer Art Schicksalsjahr für die Kathedrale werden. Bisher jetzt war man noch immer vor allem mit Sicherungsarbeiten und der Aufnahme der Schäden beschäftigt. Das sollte sich in diesem Sommer ändern und die Restaurierung in Angriff genommen werden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte noch in der Brandnacht am 15. April 2019 verkündet, dass Notre-Dame innerhalb von fünf Jahren aufgebaut werde. Das hielte Fachleute allerdings schon damals für nicht zu schaffen.

Bei dem verheerenden Brand, der mutmaßlich während der Renovierungsarbeiten am Dach ausgelöst wurde, verbrannte der komplette Dachstuhl, eine originale Eichenkonstruktion aus dem 13. Jahrhundert. Teile der Gewölbekuppeln stürzten ein. Der 96 Meter hohe hölzerne Vierungsturm aus dem 19. Jahrhundert brach in sich zusammen und versank in einem unglaublichen Flammenmeer.

Temperaturen bis zu 1000 Grad, Rauch, aber auch Löschwasser fügten dem Mauerwerk schwerste Schäden zu. Dazu kommt eine immense Bleikonzentration in und um die Kirche, Hinterlassenschaft der geschmolzenen Dächer - ein großes Gesundheitsrisiko für Anwohner und Arbeiter am Bau.

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