Neue Ergebnisse von Bonner Forschern Coronavirus konnte häufig im Abwasser nachgewiesen werden

Bonn · Die neuen Ergebnisse der Untersuchungen unter Leitung von Dr. Ricarda Schmithausen vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit sind jetzt als Preprint veröffentlicht worden – mit einigen überraschenden Ergebnissen.

 Professor Hendrik Streeck im Labor.

Professor Hendrik Streeck im Labor.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die Aufforderung, zu anderen Menschen einen Sicherheitsabstand von 1,5 bis zwei Metern zu halten, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und die Empfehlung, sich die Hände möglichst gründlich zu waschen, sind inzwischen Teil des täglichen Lebens geworden. Doch seit sich das Coronavirus Sars-CoV-2 global verbreitet und seit die Weltgesundheitsorganisation WHO die von diesem Erreger verursachte Erkrankung Covid-19 am 11. März zur Pandemie erklärt hat, bleibt doch eine Frage unbeantwortet, die viele nach wie vor verunsichert: Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko durch das Berühren kontaminierter Oberflächen?

Um dies besser einschätzen zu können, hat das Team um Professor Hendrik Streeck (Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn), bei der „Covid-19 Case-Cluster-Study“ im April gezielt Proben aus 21 unter Quarantäne stehenden Haushalten der Gemeinde Gangelt im Kreis Heinsberg genommen: eben dort, wo mindestens ein Bewohner infiziert war.

Abwasser und Möbel im Visier

Bei den möglichen Übertragungswegen von Sars-CoV-2  richtet sich der Blick bislang vor allem auf die Tröpfcheninfektion und die Aerosole (Kleinstpartikel, an denen das Virus haften kann). Doch wie sieht es bei einer potenziellen Schmierinfektion aus? „Bislang konnte noch keine Sars-CoV-2-Übertragung über Lebensmittel, Trinkwasser oder Oberflächen nachgewiesen werden“, steht in der wissenschaftlichen Vor-Publikation, die zusätzlich zu Schmithausen und Streeck elf weitere Autoren aufführt.

Die Bonner Forscher haben außer der Raumluft auch Abwasser aus Waschbecken- und Duschabflüssen sowie Toiletten und unterschiedliche Oberflächen wie zum Beispiel Türklinken, Fernbedienungen und Möbel untersucht. Alle Proben wurden einem PCR-Test unterzogen. Dabei wird das genetische Material in mehreren Zyklen vervielfältigt. Fluoreszierende Stoffe zeigen, ob die gesuchten Gensequenzen des Virus vorliegen oder nicht.

Am häufigsten war dies im Abwasser von Waschbecken, Duschen und Toiletten der Fall: 15,15 Prozent dieser Proben fielen positiv aus. Auf Oberflächen allerdings war dies deutlich seltener der Fall. Dies traf auf 3,36 Prozent der Objekte zu, darunter eine Fernbedienung, zwei Türknöpfe aus Metall und eine Holzofenauflage. Hingegen waren sämtliche Raumluft-Proben negativ.

Zucht von Viren missglückt

Die Forscher versuchten zudem, aus den Proben Coronaviren heranzuzüchten. Dies ist in keinem Fall gelungen. Was, so schränkt das Team ein, aber „leider keine vollständige Entwarnung“ sei. Es wäre möglich, dass es zwar infektiöse Viren gegeben hat, aber die Nachzucht im Labor aus anderen Gründen missglückte. Doch auch das ändert letzlich nichts an der Schlussfolgerung, dass „indirekte Umgebungsübertragungen“ bei der  Verbreitung der Coronaviren nur eine geringe Rolle“ spielen.

Aus der Tatsache, dass sich Viruserbgut in Stuhl und Urin und somit  auch im Abwasser der Toiletten fand, schließen die Autoren, dass eine Ansteckung über Abwasser „theoretisch möglich“ sei. Dies heißt, sich nach jedem Kontakt mit Abwasser umgehend die Hände zu waschen und vor jeder Toilettenspülung den Deckel zu schließen. Eine Kontamination des Abwassers mit Coronaviren wird sich in Ländern mit schlechter sanitärer Infrastruktur wahrscheinlich in ungleich größerem Maße auswirken. Auch dies lässt sich aus dem Preprint lesen.

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