Studie zu kulinarischen Todsünden Das sind die „schlimmsten Verbrechen gegen die italienische Küche“

Rom · Den Italienern ist ihre Küche heilig. Pizza Hawaii und Spaghetti mit Ketchup gelten ihnen als Sakrileg. Die Deutschen allerdings sehen da manches etwas anders, wie nun eine Studie unter 20.000 Menschen zeigt.

Ein Verbrechen namens „Pizza Hawaii“: Für 77 Prozent der Italiener geht das gar nicht.

Ein Verbrechen namens „Pizza Hawaii“: Für 77 Prozent der Italiener geht das gar nicht.

Foto: Natalia Lisovskaya - stock.adobe/Lisovskaya Natalia

Italienisches Essen in Deutschland hat eine lange Tradition. Francesco Antonio Cuneo eröffnete bereits 1905 im Hamburger Stadtviertel St. Pauli das erste italienische Ristorante. 1952 machte Nicolino di Camillo in Würzburg die erste Pizzeria, die „Blaue Grotte“, auf. Es war die Zeit, als viele Deutsche aus dem Wirtschaftswunderland erstmals nach Italien reisten. Die italienische Küche etablierte sich dann immer mehr auch hierzulande. 1970 brachte Dr. Oetker die erste Tiefkühlpizza auf den Markt. Heute sind Spaghetti in nahezu jeder Vorratskammer zwischen Berchtesgaden und Flensburg fest etabliert.

Das bedeutet allerdings nicht, dass der Umgang der Liebhaber der italienischen Küche auch den Gepflogenheiten entspricht, wie sie sich die Hüter der italienischen Küche vorstellen. Dabei dürfte es sich geschätzt um 59 Millionen Italiener handeln, also die Gesamtbevölkerung. Essen ist in Italien eine heilige Angelegenheit. Kein Volk verliert mehr Worte über die Zubereitung von Delikatessen, über wichtige Feinheiten und tauscht sich mehr über kulinarische Erfahrungen aus. In Deutschland und anderswo beneidet man die Italiener darum, hält sie deshalb manchmal auch für ein bisschen exotisch. Während Pizza und Pasta einen Siegeszug um die ganze Welt angetreten haben, ist das allerdings von Labskaus, Spätzle oder Zwiebelrostbraten nur bedingt zu behaupten.

Das britische Marktforschungsinstitut Yougov erklärte die italienische Küche 2018 zur beliebtesten der Welt. Nun wollte das Umfrageinstitut etwas genauer wissen, wie die Welt es mit dem italienischen kulinarischen Erbe hält. In Italien wurde unlängst bereits in einigen spektakulären Fällen die unzureichende Zubereitung von Spaghetti Carbonara bemängelt. Der britische Chefkoch Gordon Ramsey etwa wurde kritisiert, weil er Erbsen in die Carbonara-Sauce gab sowie das Eintauchen von Pizza-Stücken in Ketchup empfahl. In Neapel könnte solches Verhalten fatale Folgen haben. Yougov ließ nun den Umgang mit der italienischen Küche in 17 Ländern überprüfen, darunter auch in Italien. Dabei wurden 19 Arten, sich an der italienischen Küche zu vergehen, zur Debatte gestellt. Knapp 20.000 Menschen wurden befragt. 

Umfrage zur italienischen Küche: Mittags Pizza geht in Ordnung

Gegen einige angebliche Vergehen haben die Italiener selbst der Umfrage zufolge nichts. Sie finden es in Ordnung, mittags Pizza zu essen. Die angebliche Aversion gegen mittägliche Pizza könnte darin begründet liegen, dass die Inbetriebnahme eines Holzofens sehr aufwendig ist und deshalb traditionell erst abends erfolgt. Auch Bolognese-Sauce mit Spaghetti finden Italiener okay, bei ihnen heißt das allerdings „Pasta con ragù“. Ob man die Spaghetti vor dem Kochen brechen oder sie in ungesalzenes Wasser geben darf, sind zu vernachlässigende Fragen. Auch über die Frage, ob nach dem Essen noch ein Cappuccino zu trinken ist, der in Italiens meistens morgens konsumiert wird, herrscht unter Italienern kein eindeutiges Meinungsbild.

Um kulinarische Todsünden oder gar „Verbrechen gegen die italienische Küche“ handelt es sich hingegen in einigen Fällen doch. Eines der schlimmsten Vergehen ist für Italiener, den Nudeln Ketchup statt Tomatensauce beizumischen. 89 Prozent der Befragten bezeichneten dies als „inakzeptabel“. Indonesier (84 Prozent), Chinesen, Schweden und Dänen (71 Prozent) hingegen halten diese Unsitte für praktikabel, auch unter Deutschen ist Ketchup mit Pasta verbreitet (52 Prozent). 77 Prozent der befragten Italiener halten es zudem für unverzeihlich, Ananasstückchen auf der Pizza zu platzieren. Bei diesem Verbrechen mit dem Namen „Pizza Hawaii“ stechen die Deutschen besonders hervor, 59 Prozent der Befragten halten diese Praxis für rechtens. 

Pasta ist nie nur Beilage - und in Carbonara-Sauce gehört keine Sahne

Italiener mögen es außerdem nicht, wenn ihre Pasta als Beilage herabgewürdigt wird (72 Prozent). Dem Autor ist es noch in plastischer Erinnerung, als vor Jahren eine deutsche Bekannte vor italienischem Freundeskreis Spaghetti zum Wiener Schnitzel bestellte.

Auch die Beigabe von Sahne in die nur mit Ei und Parmesankäse herzustellende Carbonara-Sauce ist ein No-Go für 68 Prozent der Befragten in Italien. Die Deutschen haben da andere Vorstellungen, 63 Prozent der Befragten finden das akzeptabel. Letztendlich darf ja auch jeder essen, was er mag. Ist er auf Anerkennung und Originalität aus, sollten er oder sie es in manchen Fällen nur nicht an die große Glocke hängen.

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