Umweltschützer schlagen Alarm Delfine sterben vor der französischen Atlantikküste

Paris · Jedes Jahr werden hunderte tote Tiere an den Stränden der Biskaya angeschwemmt. Tierschützer machen die Hochseefischer dafür verantwortlich.

 Tote Delfine werden auf einen Transporter geladen. Hunderte tote Delfine sind seit Jahresbeginn an Frankreichs Atlantikküste angespült worden.

Tote Delfine werden auf einen Transporter geladen. Hunderte tote Delfine sind seit Jahresbeginn an Frankreichs Atlantikküste angespült worden.

Foto: dpa/Olivier Van Canneyt

Die Umweltschützer an der französischen Atlantikküste schlagen Alarm. „Dieses Wochenende war ein Blutbad“, sagt die Hélène Peltier, Biologin bei der Meeresbeobachtungsstelle Pelagis in La Rochelle. Wieder wurden viele tote Delfine und kleine Wale am Strand gefunden, fast 700 sind seit Jahresbeginn angeschwemmt worden. Die meisten der Tiere sind schwer verstümmelt und haben tiefe Fleischwunden. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres sind 470 Kadaver gezählt worden.

Es ist für die Helfer inzwischen zu einem alljährlichen traurigen Ritual geworden, auf das Sterben der großen Meeressäuger in der Biskaya aufmerksam zu machen. Der Grund dafür ist bekannt. Von Januar bis Ende März laufen die Flotten der Fischkutter aus, um weit draußen auf dem Atlantik Seehechte und Seeteufel zu fangen. In den riesigen Schleppnetzen verfangen sich allerdings auch größere Meeressäuger und verenden darin oder sie werden von den Schiffschrauben so schwer verletzt, dass sie sterben. Tierschützer gehen davon aus, dass von den rund 200.000 Delfinen in der Biskaya jedes Jahr weit über 11.000 auf diese Weise getötet werden. Nur ein geringer Teil wird etwa an den Stränden der Gascogne angeschwemmt, die meisten Kadaver werden auf hoher See von anderen Tieren gefressen.

Seit Jahren wird versucht, das Sterben der Delfine zu verhindern. Die meisten Fischkutter, die vor der französischen Küste kreuzen, sind inzwischen mit sogenannten Pingern ausgerüstet, einer Akustikvorrichtung, die die Meeressäuger vertreibt. Nach Angaben von Pelagis haben Untersuchungen ergeben, dass die Zahl der toten Tiere mit dem Einsatz dieser Geräte um bis zu 65 Prozent verringert werden kann. Ein Erfolg der Tierschützer ist, dass die Pinger seit 2020 während der Hauptsaison im Winter für bestimmte Fangschiffe Pflicht sind.

Den Vertretern der Tierschutzorganisation Sea Shepherd ist das allerdings zu wenig. Über die Pinger sei schon in den 90er Jahren sehr viel geredet worden, dabei sei es am Ende auch geblieben, sagt Lamya Essemlali, Präsidentin von Sea Shepherd Frankreich. Die Organisation kreuzt unter dem Motto „Bay Watch“ in diesen Wochen mit zwei Schiffen in der Biskaya, um nach eigenen Aussagen „die Öffentlichkeit zu alarmieren“. Eigentliches Ziel sei es aber, die „nicht selektiven Fangmethoden“ mit riesigen Schleppnetzen zu verbieten.

Die Berufsfischer selbst fühlen sich von den Tierschützern mit ihren Aktionen inzwischen regelrecht schikaniert und zu Unrecht an den Pranger gestellt. Die Aktivisten würden die Mannschaften nachts über viele Stunden bei der Arbeit filmen, beklagte sich Olivier le Nezet, Präsident des Fischereiausschusses der Bretagne, jüngst dem Sender France Bleu. Auch Hubert Carré, Vertreter der Vereinigung französischer Hochseefischer, kennt die Problematik und spricht sich für den Einsatz von Pingern auf allen Fischtrawlern aus. Carré ist sich bewusst, dass diese Lösung nicht optimal ist, verwehrt sich aber gegen eine „Stigmatisierung“ seiner Zunft. Die Mannschaften der Fischkutter täten in ihrem Rahmen alles, um die Natur vor Schaden zu schützen.

Auch in Brüssel ist das Problem bekannt und die EU-Kommission hat Stellung bezogen. „Die Höhe der Beifänge ist nicht akzeptabel und kann zum Aussterben lokaler Populationen geschützter Arten führen“, erklärte EU-Fischereikommissar Virginijus Sinkevicius. Er habe sich an die Fischereiminister der Mitgliedstaaten gewandt, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen, so der Litauer. Doch der Weg zu einer EU-Regelung ist weit. Frankreich verhandelt im Moment mit Brüssel, um wenigstens sicherzustellen, dass nicht nur französische Fischkutter in der Biskaya mit Pingern ausstattet werden, sondern auch ausländische.

Die Tierschützer von Sea Shepherd setzen derweil auf eigene Aktionen, Aufklärung und Schockvideos. Ende Januar kursierte in den sozialen Netzwerken ein kurzer Film, auf dem zu sehen ist, wie Fischer an Deck eines Fischkutters einen toten Delfin filetieren, um sein Fleisch zu essen. Der kurze Kommentar der Vereinigung französischer Hochseefischer: das seien einige schwarze Schafe, man dürfe aufgrund solcher Aufnahmen nicht auf alle Fischer schließen.

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