Handykontakt nach vier Tagen Deutscher nach mehr als 100 Stunden aus Felsspalte gerettet
Gosau · Es ist eines dieser Bergdramen, die sich für einen Film eignen würden: Ein Bergsteiger kämpft nach einem Sturz tagelang ums Überleben - dank Handy und mutiger Retter geht es gut aus.
Mehr als 100 Stunden Schmerz, Einsamkeit und Verzweiflung: Ein Bergsteiger aus Duisburg ist erst knapp fünf Tage nach einem Sturz in eine Felsspalte am Dachstein in Österreich verletzt geborgen worden.
Die Bergretter entdeckten den 45-Jährigen nach Polizeiangaben am Donnerstagmorgen in der fast 30 Meter tiefen Kluft.
Zuvor war es dem von seinem Vater als vermisst gemeldeten Mann gelungen, einen Notruf aus seinem kalten Gefängnis in 2050 Metern Höhe abzusetzen. Der 45-Jährige hatte für den 4. November eine Tour angekündigt und sich seitdem nicht mehr zu Hause gemeldet. Er war bei noch schönen Wetter aufgebrochen und dann kurz vor Erreichen der Adamek-Hütte am Samstag durch die Schneedecke in die Spalte gestürzt.
Der Verunglückte habe sich eine Schulter ausgerenkt und einen Fuß gebrochen. "Das Trauma ist ob der großen Höhe überschaubar", sagte Günter Huemer, Chefarzt im Klinikum Wels-Grieskirchen. Der 45-Jährige, der generell in exzellenter körperlicher Verfassung sei, könne die Intensivstation bald wieder verlassen.
Die Umstände der Rettung waren dramatisch. Es ist anzunehmen, dass der 45-Jährige vier Tage lang vergeblich versuchte, einen Kontakt per Notruf herzustellen. Am Mittwochabend war es ihm dann gelungen. "Ein erster Notruf mit nur null Sekunden ging um 21 Uhr ein", schilderte Alpinpolizist Bernhard Magritzer. Um 23 Uhr hätten die Leitstelle weitere Notrufe mit jeweils ein bis zwei Sekunden erreicht. "Der Kollege hat jemanden schwer atmen gehört und richtig reagiert."
Die Behörden wussten auch dank der vorangegangenen Ermittlungsarbeit der deutschen Kollegen, dass der 45-Jährige im Dachsteingebiet unterwegs sein müsse. Sein tief eingeschneites Auto war dort auf einem Parkplatz von österreichischen Beamten entdeckt worden.
Die Behörden bereiteten sofort eine Rettungsaktion vor, konnten jedoch wegen Dunkelheit und immenser Lawinengefahr - in dem Gebiet waren bis zu eineinhalb Meter Neuschnee gefallen - zunächst nicht starten. Dann erreichten plötzlich die Notrufe die Polizei. Der Beamte setzte den Kontakt per SMS fort. Dem Verunglückten gelang es, seine GPS-Daten zu übermitteln. "Wir hätten ihn sonst nicht gefunden", meinte Magritzer.
25 Retter waren unter Lebensgefahr in der Nacht im Einsatz. Als die Helfer nach stundenlangem Aufstieg in der Nähe des Unglücksorts angekommen waren, riefen sie nach dem Vermissten. Der antwortete erst nach einiger Zeit. Einsatzleiter Christian Egger leuchtete mit einer Lampe in die Tiefe und entdeckte den dort kauernden Verunglückten. Einer der Helfer seilte sich zu dem Mann ab.
"Es war für ihn und auch für uns eine sehr emotionale Situation. Denn allen war klar, dass die Chancen, aus dieser Lage lebend herauszukommen, sehr gering sind", sagte Egger der österreichischen Nachrichtenagentur APA. "Er hat schon nicht mehr an seine Rettung geglaubt."
Offensichtlich führten glückliche Umstände dazu, dass am Mittwochabend plötzlich ein Handyempfang möglich war, so der Beamte weiter. Da der 45-Jährige auch Fotograf sei, habe er möglicherweise dank Ersatzakkus sein Mobiltelefon noch betreiben können.