BBC-Doku zu Karol Woityla Die Freundin des Papstes

London · Eine BBC-Dokumentation beleuchtet die Beziehung von Karol Woityla mit der Philosophin Anna-Teresa Tymieniecka. Der Vatikan kommentiert das so: Mehr Rauch als Feuer.

 Der Screenshot zeigt die Website der BBC mit einem Foto von Woityla und Tymieniecka beim Camping 1978. SCREENSHOT: GA

Der Screenshot zeigt die Website der BBC mit einem Foto von Woityla und Tymieniecka beim Camping 1978. SCREENSHOT: GA

Foto: BBC

Noch bevor der Film ausgestrahlt wurde, hallte es aus dem Vatikan, der Beitrag enthalte „mehr Rauch als Feuer“. Das will der „Guardian“ zumindest von einer ungenannten Quelle erfahren haben. Doch englische Medien deuten gleichwohl an, dass eben dieser Rauch bereits ausreichen könnte, dass die katholische Kirche erneut mit Negativschlagzeilen für Aufsehen sorgen könnte. „Verliebte sich Papst Johannes Paul II. in eine verheiratete amerikanische Akademikerin?“, fragte die britische Zeitung „Daily Mail“. „Hatte der Papst eine Liebhaberin?“, wunderte sich der „Independent“.

Der 2005 verstorbene Geistliche und die polnisch-amerikanische Philosophin Anna-Teresa Tymieniecka standen sich zumindest nahe, wie nun eine BBC-Dokumentation nachweist. Mit Hilfe hunderter geheimer Briefe und zahlreicher Fotos beschreiben die Autoren des 30-minütigen Beitrags deren tiefe Freundschaft. Sie fuhren gemeinsam in den Skiurlaub, wie ein Foto im Schnee belegt, und unternahmen Campingausflüge. Auf einem Bild etwa unterhält sich Karol Wojtyla in kurzer Hose und T-Shirt mit der blonden Tymieniecka vor einem Zelt.

Woityla schenkte ihr sogar religiösen Schmuck, den er als Junge von seinem Vater erhalten hatte. Auf eines aber bestehen die Filmemacher: Weder behaupten sie, dass das 2005 verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche das Zölibat gebrochen habe, noch treffen sie gesicherte Aussagen über die Beziehung zu Tymieniecka, die im Jahr 2014 verstarb und in Interviews stets romantische Verwicklungen bestritten hatte. Vielmehr kritisierte sie seine Sicht auf die Liebe. Sie sei bestürzt gewesen, als sie „Love and Responsibility“ gelesen habe, eines seiner frühen Werke. „Ich dachte, er weiß offenkundig nicht, worüber er spricht.“

So sensationell wie sie auf den ersten Blick scheinen mögen, sind die Erkenntnisse der BBC-Dokumentation, die am heutigen Dienstag auf Arte gezeigt wird, gleichwohl nicht: Johannes Paul II. bestritt nie, eine enge Beziehung mit der Akademikerin gehabt zu haben. Im Gegenteil: Er bezeichnete die Freundschaft zu der Mutter von drei Kindern in einem der Briefe gar als ein „Geschenk Gottes“.

Kardinal Wojtyla und Tymieniecka lernten sich Anfang der 1970er Jahre kennen. Sie zeigte Interesse an der Übersetzung eines von ihm verfassten Buchs ins Englische und die beiden begannen, sich über philosophische Fragen auszutauschen. Zwischen dem Erzbischof von Krakau und der aus einer polnisch-französischen Adelsfamilie stammenden Frau entwickelte sich eine tiefe, platonische Freundschaft bis zu seinem Tod am 2. April 2005. Wenige Wochen bevor er starb, schrieb er seinen letzten Brief. Tymieniecka besuchte ihn offenbar noch einen Tag vor seinem Tod – auch wenn dem Vatikan die Verbindung ein Dorn im Auge war, wie die Dokumentation nahelegt. Den Autoren zufolge wurde die Vertraute Woitylas, der 1978 zum Kirchenoberhaupt gewählt wurde, nach seinem Ableben systematisch totgeschwiegen. Weil Tymieniecka, die Mitte der 50er Jahre einen Harvard-Professor heiratete, „intensive Gefühle“ für den Geistlichen hegte? Oder passte die offene Freundschaft im Privaten einfach nicht zu dem konservativen Kurs, den der polnische Kirchenmann in der Öffentlichkeit verfolgte und verteidigte?

Die Dokumentation wirft auch einen Blick auf Woitylas Verbindung zu Wanda Poltwaska. Die Holocaust-Überlebende sorgte im Jahr 2009 für Aufregung, nachdem sie 570 Seiten intimer Nachrichten zwischen ihr und dem Papst veröffentlichte. In den Briefen nannte er sie „meine liebe Dusia“ und unterschrieb mit „Br“ oder Bruder. Die beiden trafen sich bereits in den 50er Jahren, als er ihr half, das Trauma des Konzentrationslagers zu verarbeiten. Der Vatikan nannte es damals übertrieben, die Korrespondenz als eng zu bezeichnen. Im „Daily Telegraph“ betont ein Mitarbeiter des Vatikans, es habe nie Hinweise auf ein Fehlverhalten gegeben. Auch die Offenlegung der Korrespondenz zwischen Papst Johannes Paul II. und Tymieniecka in der neuen Dokumentation weisen nicht darauf hin. Und doch: Seine Briefe seien zuweilen „emotional intensiver“, verriet die BBC vorab, „manchmal mit der Bedeutung ihrer Beziehung ringend“.

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