Gewalt in Partnerschaft und Familie Hilfehotline richtet sich an Männer, die Gewalt erfahren

Düsseldorf · Die Dunkelziffer ist wohl hoch, doch neun Anrufe täglich zeigen: Die Hilfehotline für Männer, die Opfer von häuslicher Gewalt werden, wird in Nordrhein-Westfalen genutzt und gebraucht. Deshalb soll bald noch mehr geschehen.

 Wenn Männer Opfer von Gewalt werden, ist das immer noch ein Tabuthema.

Wenn Männer Opfer von Gewalt werden, ist das immer noch ein Tabuthema.

Foto: dpa-tmn/Bodo Marks

Seit Corona sind die Fälle von häuslicher Gewalt angestiegen – betroffen sind vor allem Frauen und Kinder. Doch auch Männer können Opfer sein. Das zeigt die Bilanz des Hilfetelefons „Gewalt an Männern“, das vom Land NRW im April eingerichtet wurde. Damals hatten die Landesregierungen in NRW und Bayern das Projekt an den Start gebracht. „Auch Männer sind von solchen Problemen betroffen. Hilfe- und Schutzstrukturen gibt es bisher kaum“, hatte Ina Scharrenbach, NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung, erklärt.

Tatsächlich geht aus der kriminalstatistischen Auswertung des Bundeskriminalamtes 2018 hervor, dass bei der Partnerschaftsgewalt der Anteil der männlichen Opfer bei knapp 20 Prozent liegt. Experten gehen von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus. Die erste Bilanz des Männertelefons: Acht bis neun Anrufe kommen nach Angaben des NRW-Ministeriums pro Werktag rein. Männer können sich anonym melden und berichten von Mobbing, Stalking, Gewalt in der Partnerschaft oder am Arbeitsplatz und von sexuellem Missbrauch.

Psychische Gewalt ist am häufigsten

Am häufigsten wenden sich Männer an die Hotline, die von psychischer Gewalt betroffen sind. 78 Prozent der Anrufer berichten von solch einem Problem. Außerdem war bei mehr als der Hälfte der Männer (54 Prozent) körperliche Gewalt der Auslöser für den Anruf. Mit 18 Prozent berichtet immerhin noch fast jeder fünfte betroffene Mann von sich als Opfer sexualisierter Gewalt. Die Mehrheit der Männer ist zwischen 31 und 50 Jahre alt.

Bei den Tätern handelt es sich in den meisten Fällen um den Partner oder die Partnerin (36 Prozent). Die männlichen Opfer gaben aber auch andere Familienangehörige (27 Prozent) und Ex-Partner oder Ex-Partnerinnen (elf Prozent) als Täter an.

„Die Erkenntnisse belegen: Es war richtig und auch höchste Zeit, das Angebot zu schaffen und schnelle Hilfen für gewaltbetroffene Männer zur Verfügung zu stellen“, sagt ein Ministeriumssprecher. In NRW wird die Telefonhotline von der „man-o-mann Männerberatung“ aus Bielefeld betrieben. Die Hilfseinrichtung besetzt die Hotline mit erfahrenen Therapeuten und Psychologen, die direkte und weiterführende Hilfe anbieten. Über das Männertelefon gehen 70 Prozent der Hilferufe ein, immerhin 30 Prozent kontaktieren das Angebot per Mail.

Weitere Angebote folgen

Um das Thema häusliche Gewalt zu enttabuisieren und weitere Hilfsstrukturen zu schaffen, sollen weitere Angebote folgen. 2021 soll dem Landtag ein Landesaktionsplan vorgelegt werden. Zusätzlich zur Telefonhotline wurden die ersten Schutzwohnungen für gewaltbetroffene Männer eingerichtet. Angeboten werden sie vom Sozialdienst Katholischer Männer. Das Land fördert die Wohnungen, die Platz für acht Männer bieten sollen: vier in Düsseldorf, vier in Köln.

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